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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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hätte er das nie getan.
    »Ich wünsch dir einen schönen Tag. Mach’s gut.«
    »Du auch.«
    Er wartete, bis sie aus der Einfahrt auf die Straße gebogen und weggefahren war, dann ging er zum Tor. Sein Vater war schon vor einer Stunde aufgebrochen. Er war immer um halb acht im Krankenhaus. David stellte seine Tasche ab und wartete, hielt nach dem Auto Ausschau. Diese Woche waren die Forbes’ dran. Die Forbes’ hatten einen dunkelblauen Citroën Xsara. Keine so tolle Mitfahrgelegenheit wie bei den di Roncos in deren Minivan mit den getönten Scheiben. Di Roncos Vater hatte in den Achtzigern in einer berühmten Band gespielt, trug dicke Ringe an jedem Finger und hatte tätowierte Koteletten. Di Roncos Vater brachte sie auf dem Weg zur Schule dauernd zum Lachen und fluchte unanständig.
    Autos brausten an ihm vorbei. Arbeit. Schule. Arbeit. Schule. Arbeit. Schule. Silberner Mondeo. Weißer Audi. Schwarzer Ford. Silberner Ford. Silberner Rover 75. Roter Polo. Kotzgrüner Hyundai. Blauer Espace. Kastanienbrauner Ford Ka.
    Es gab mehr silberfarbene Autos als jede andere Farbe, das hatte er nachgewiesen.
    Schwarzer Toyota Celica. Silberner BMW .
    Die Forbes’ kamen für gewöhnlich nicht zu spät, wie die di Roncos. Die verspäteten sich ständig, einmal sogar eine halbe Stunde, und di Roncos Vater war einfach pfeifend in die Schule gesaust und hatte gebrüllt: »Fangt ja nicht ohne uns an!«
    Er versuchte sich Mr. Forbes dabei vorzustellen und fiel fast um vor Lachen.
    Er lachte immer noch, als ein Auto neben ihm hielt, lachte zu sehr, um zu merken, dass die Farbe nicht stimmte und jemand die Tür geöffnet hatte und ihn grob hineinzerrte, während das Auto mit quietschenden Reifen vom Randstein wegschoss.

[home]
    11
    I n letzter Minute steuerte Simon Serrailler das Auto von Lafferton weg und bog für eine Meile auf die Umgehungsstraße und dann ins offene Land ab.
    Bevor er seinen Dienst antrat, wollte er noch Martha besuchen, die ins Pflegeheim zurückgekehrt war. Sobald er wieder voll in der ganzen Betriebsamkeit steckte, konnte es Tage dauern, bis er eine weitere Möglichkeit bekam, und wenn Martha seine Anwesenheit auch nicht wahrnahm, so fiel es dem Pflegepersonal doch positiv auf. Zu viele der anderen Patienten waren von ihren Familien praktisch vergessen worden, wurden nie besucht, bekamen nicht einmal Postkarten an Weihnachten und zum Geburtstag. Oft genug hatte er das Personal darüber reden hören. Er wusste, welche Patienten alleingelassen worden waren. Der alte Dennis Troughton, dessen Leben mit Kinderlähmung begonnen hatte und mit Parkinson endete. Miss Falconer, dick und unbeweglich und leeräugig, mit dem Gehirn eines Babys und dem Körper einer unförmigen Frau mittleren Alters. Stephen, der die ganze Zeit ruckartige Bewegungen machte und zuckte und zwei bis drei lebensbedrohliche Anfälle pro Woche hatte, siebzehn Jahre alt war und dessen Eltern ihn nicht mehr besucht hatten, seit er ein Baby war. Simon hatte seine Wut darüber gelegentlich bei Cat rausgelassen, die ihm mit ihrer ärztlichen Distanz zwar stets zugestimmt, ihm aber auch die andere Sichtweise vor Augen geführt hatte.
    Der morgendliche Verkehr hatte nachgelassen, als Simon die Umgehungsstraße erreichte, und nachdem er sie verlassen hatte und auf Harnfield zufuhr, sah er kaum noch andere Autos. Die Felder waren leer, die Bäume nach wie vor kahl. Er kam durch zwei Dörfer, die verlassen dalagen, inzwischen reine Schlafstätten für Lafferton und Bevham. Beide hatten weder einen Laden noch eine Schule, nur in einem gab es ein Pub. Wenige Menschen arbeiteten tatsächlich noch auf dem Land oder in den Dörfern selbst. Harnfield war viel größer, und es gab sowohl eine Grundschule als auch eine weiterführende und einige Neubaugebiete. Dazu noch ein Gewerbegebiet. Menschen waren unterwegs. Harnfield war nicht besonders anziehend, aber es besaß ein Gemeinwesen und wirkte lebendig.
    Simon bog in die schmale Straße, die zur Ivy Lodge führte.
     
    »Ich wusste nicht, ob wir sie wiederbekommen.« Shirley, Marthas Tagespflegerin, ging vor ihm den hell gestrichenen Flur entlang. »Es ging ihr so schlecht.«
    »Ja, ich weiß. Ich wurde aus Italien zurückgerufen.«
    »Aber sie rappelt sich immer wieder auf, eigentlich sollten wir daran gewöhnt sein. Sie ist so stark.« Shirley blieb an der offenen Tür zu Marthas Zimmer stehen. »Was die anderen auch sagen, das Leben muss ihr wohl genug geben, um weitermachen zu wollen, wissen

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