Des Abends eisige Stille
verlagerte ihr Gewicht vom einen Bein auf das andere, aber der messerscharfe Schmerz in ihrer Leistengegend ließ nicht nach. »Das Baby liegt auf einem Nerv und rührt sich nicht. Entschuldige, ich wollte dich nicht anfauchen.«
»Liebling, ich nehme nicht an, dass du dich in der Lage fühlst, mir am Samstagmorgen zu helfen, oder? Audrey Murdo hat mich nämlich im Stich gelassen, und ich glaube, wir haben wirklich nicht genug Leute …«
»Sag mir noch mal, was am Samstagmorgen los ist.«
»Die Hospizausstellung in der Blackfriar’s Hall … von zehn bis vier, und ich würde dich natürlich nicht fragen und brauch dir ja auch nicht zu sagen, dass du nur auf einem Stuhl sitzen und mit Leuten reden und Handzettel verteilen müsstest und so, ich würde nicht von dir verlangen, dass du Kaffee und Tee und sonstige Getränke ausschenkst.«
»Wie nett von dir. Das Problem ist nur, dass das Baby am Sonntag kommen soll, und der Gedanke, mehr als fünf Minuten auf einem Stuhl zu sitzen oder zu stehen, ist ziemlich unerträglich, um ehrlich zu sein.«
»Aber was würdest du sonst tun? Das würde dich vielleicht ablenken.«
»Mutter, nichts wird mich davon ablenken, schwanger zu sein, außer der Geburt selbst.«
»Tust du denn sonst etwas?«
Cat schloss die Augen. Seit Meriel Serrailler von ihrem Posten als Beraterin des National Health Service zurückgetreten war, füllte sie ihr Leben mit ehrenamtlichen Tätigkeiten aus, gehörte verschiedenen Komitees an, verwaltete die Mitgliederliste und war Ansprechpartnerin der St.-Michael-Sänger der Kathedrale von Lafferton und Vorstandsvorsitzende des örtlichen Hospizes. Cat erinnerte sich, dass sie ihr von der Ausstellung am Samstag erzählt hatte. Das Hospiz brauchte einen Erweiterungsbau für die Tagesbetreuung; Pläne waren entworfen und ein Modell war angefertigt worden, aber bisher waren so wenig Spenden eingegangen, dass die Blackfriar’s Hall im Zentrum der Stadt sich für eine Ausstellung der Pläne zur Verfügung gestellt hatte. Die »Freunde des Hospizes« würden Erfrischungen reichen, die übliche Tombola organisieren und hofften, am Ende des Tages potenzielle Spender gefunden zu haben.
»Früher oder später wirst du als Bienenkönigin abdanken müssen«, sagte Cat müde.
»Warum? Ich kann das gut, ich bin fit und habe genug freie Zeit.«
»Aber du bist auch einundsiebzig.«
»Pah. Also, Liebling, könntest du dir trotzdem vorstellen …«
»Nein«, erwiderte Cat fest, »doch ich hätte jemanden, der es vielleicht tun würde. Karin McCaffertys Mann hat sie gerade verlassen.«
»Dann braucht sie sicherlich etwas, das sie ablenkt. Ich habe Mike eigentlich nie gemocht.«
»Leider sieht Karin das anders.«
»Ich frag mich, warum mir nicht aufgefallen ist, dass sie unglücklich sind.«
Karin hatte als Gartenbauarchitektin im vergangenen Jahr Meriels Garten neu gestaltet. Cat lachte leise.
»Du kriegst nicht mehr alles mit, Ma.«
»Sie haben immer noch keine Spur von dem kleinen David Angus gefunden, ich habe gerade Simon angerufen. Keine Spur. Was, glaubst du, ist mit ihm passiert?«
»Ich habe versucht, nicht darüber nachzudenken.«
»Heute Morgen haben sie seine Eltern gefilmt, mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit. Kommt in den Sechs-Uhr-Nachrichten. Pass auf dich auf, Liebling. Ich rufe Karin an.«
»Kannst du nicht Dad für Samstag einspannen? Wird Zeit, dass er seinen Beitrag leistet.«
»Ich würde nicht im Traum daran denken.« Meriel legte auf.
Cat zog einen Korb mit Spargel und Möhren zu sich heran und begann sie zu schälen. Sie würde sich die Sechs-Uhr-Nachrichten nicht ansehen. Sam und Hannah waren mit Chris zur Geburtstagsfeier ihres Cousins Max gefahren und würden erst später zurückkommen. Sie würden klebrig und müde in ihre Betten fallen, und dann würden Chris und sie ein spätes Abendessen einnehmen.
Sie würde sich die Sechs-Uhr-Nachrichten nicht ansehen.
Würde es Karin etwas ausmachen, um Hilfe für den Samstag gebeten zu werden? Vermutlich nicht. Karin konnte ihre Fassade wahren, war außerdem charmant und schön und konnte wahrscheinlich Eis an Eskimos verkaufen. Sie war genau die Richtige, um einen vermögenden Spender heranzuziehen. Die beiden Tage und Nächte im Bauernhaus, in denen sie Cat ihr Herz ausgeschüttet hatte, schienen sie von dem gesamten Schock, der Wut und dem Groll darüber, von Mike verlassen worden zu sein, befreit zu haben. Sie war nach wie vor verletzt und traurig, und sie würde ihn
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