Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
dergleichen unnöhtige und unzimliche Höfligkeiten beyseit setzen; dann ihr seyd nicht bey fremden / sondern bey nähesten Blutverwanten; sehet / dieses mein Kind ist eures Herr Vaters Schwester Tochter / darumb sollet ihr sie als eine Schwester lieben / und ihr nach diesem nimmermehr höhere Ehre leisten / als welche unter Brüder und Schwestern stat finden kan; wegert ihr euch aber dessen / so handelt ihr meinem mütterlichen Geboht und Willen schnurgleich zuwider. Was meine gnädigste Fr. Mutter mir befihlet / antwortete er / dem muß ich aus Pflicht gehorsamst nach setzen / nur habe bey meiner Durchl. Frl. Wasenich demühtig anzuhalten /ihre Liebe werde mir nicht zur Unhöfligkeit ausdeuten / was aus Kindlichem Gehorsam zuleisten ich gezwungen werde. Hier kam mein Herr Vater wieder zu uns / und redete mit Herkules von allerley neues / was in Schweden sich zugetragen / biß die Mahlzeit angerichtet ward / da ich gleich gegen meinen Herkules überzusitzen kam / auff welchen ich etlicher massen einen Unwillen / wege mir angelegter Beschämung /geworffen hatte / der sich aber von ihm selber verlohr / uñ hatte nach dem ich niemahls das Herz / ihm solches verweißlich vorzuhalten. Bey der Mahlzeit redeten wir beyderseits gar wenig / sondern weideten die Augen fast immerzu einer an dem andern / daß ich als blind mich nicht begreiffen kunte / was mir wol oder übel anstünde. Wie aber mein Herkules sich seiner Vernunfft allemahl so bescheidentlich zugebrauche weiß / also besan er sich auch bald / nam eine andere Art und seine gewöhnliche Freidigkeit an / und ergetzete mit seinem holdseligen Gespräch meine Eltern /daß ich mir einbildete / er achtete meiner wenig / oder wol gar nicht; dann so offt sichs begab / daß er mit mir in Gegenwart anderer redete / machte er wenig Worte / und sahe mich fast nicht an / daß ich drüber in die Gedanken geriet / ob ich ihn etwa unwissend beleidiget hätte / oder er vielleicht etwas an mir sähe /welches sein Gemüht von mir abwendete; aber wañ er allein mit mir zureden kam / ward ich der furcht bald entladen, dann nachdem (allen unvermerkt / das wahr seine Gewohnheit) er mir die Hand geküsset hatte /baht er bald darauff umb Verzeihung / massen seine Mässigkeit und Zucht / deren er sich noch diese Stunde gebrauchet / ich über alle seine andere Tugenden erhebe; wiewol er nicht unterließ mir täglich zubeteuren / daß seine Seele mir allein verbunden währe /wann sie nur dessen könte gewirdiget seyn. O wie offt nam ich mir vor / ihm solches mit behäglicher Antwort zuersetzen; dann (warumb solte ichs meiner Fr. Schwester verschweigen?) mein Herz wahr ihm so gar ergeben / daß ich Tag und Nacht an nichts / als nur an seine Holdseligkeit gedenken kunte; und gleichwol verzohe sichs etliche Tage / ehe ich die Kühnheit ergreiffen kunte / ihm meine ehrenliebende Gutwilligkeit zubekennen biß ich endlich mich selbst überwand / und da er sehr inständig umb Gewogenheit bey mir anhielt / ihm dieses zur Antwort gab: Durchl. Fürst; warumb wolte Eure Liebe an meinem guten Willen zweifeln / da sie / meines wissens dessen ja die allergeringste Ursach nicht haben? dann in Betrachtung unsers herkommens und Standes / sind wir allerdinge einander gleich und zwinget uns ja die nahe Verwandschafft zur vertraulichen guten Gewogenheit; bitte demnach / mich hinfüro des Verdachts freundlich zuentheben / als ob zu Euer Liebe ich ein anders / als in Ehren hochgewogenes Herztragen solte / nachdemmahl ich dieselbe wol versichern kan / daß sie an mir keine andere Freundin / als an meinem Herr Bruder einen ergebenen Freund haben sol; welches so kühn auszureden ich mich nicht scheuhe weil seine Tugend mich / seine nahe Blutfreundin / ihm umb so viel mehr verbindlich gemacht hat. Dieser Erklärung erfreuete sich Herkules / wie ich eigentlich sahe / von Herzen mit vorgeben / sein Gemüht währe nicht verständig gnug / eine Antwort abzufassen / durch welche er seine Vergnügung an den Tag legen könte /und als er sahe / daß meine Fr. Mutter sich zu uns nahete / sagte er zum Beschluß; Sein Herz solte nun und nimmermehr einer andern Fräulein / als mir zur Liebe und Bewohnung offen stehen / dasern es nur wirdig währe / einen so treflichen Schaz in sich zufassen /wolte auch meinem hochgünstigen Erbieten gerne Glauben zumässen / wann ich nur sein geschehenes ansuchen noch zur zeit vor jedermänniglich möchte verborgen halten; welche Erinnerung aber gar unnötig wahr; dann hätte einiger Mensch
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