Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
von so angenehmer Hand in schwesterlichem Vertrauen geschrieben sind? Jedoch bin ich schuldig einen bereitwilligsten Gehorsam zuerzeigen /und wil über mein Vermögen essen und trinken / auff daß in dessen Wegerung Eure Liebe hernähst nicht gelegenheit uñ ursach suche / des lieben Briefes Lesungs weiter aufzuschieben. Mein Freund antwortete sie / hat sehr grosse Hoffnung auff diesen Brief gesetzet / und möchte vielleicht wol ein solches darinnen enthalten seyn / welches zuleisten / uns / wegen abwesenheit von den unsern beiderseits unmöglich währe. Solches kan nicht seyn / antwortete er / in Betrachtung / daß unsere Fr. Schwester bey Auffsetzung solches Briefes der gewissen Hoffnung gelebete wir würden diesen Abend bey ihr und der ganzen Fürstlichen Geselschafft anlangen. Zum wenigsten hat sie nicht muhtmassen können / daß wir beyde uns allein in solcher Einsamkeit beyeinander finden würden. Ein solches gestehe ich / sagte sie / werde auch desto williger seyn / des Briefes Inhalt mir wolgefallen zulassen. Fingen hierauff beyderseits an mit gutem Lust der Speisen zugeniessen / und rühmete Frl. Klara daß die ganze Zeit ihrer Gefängniß uber / ihr die Speisen nicht den tausendsten teil so wol geschmäcket hätten. Bald ergriff sie auch das Trinkgeschir / und brachte ihm eins auff Großfürstin Valisken Gesundheit und Wolergehen / wiewol ich nicht zweifele / sagte sie /alle die meinen neben ihr / werden unsers aussebleibens herzlich bekümmert seyn / wo sie uns nicht wol gar als erschlagene oder doch als gefangene beweinen. Sie hielten eine frische Mahlzeit mit einander / bey welcher Arbianes sich immerzu an ihren liebreichen Augelein speisete / so viel er dieselben bey der tunkelen Leuchte beschauen kunte. So bald das Fräulein rühmete / daß sie sich allerdinge gesättiget hätte /hielt er auff ein neues an / das Brieflein zuverlesen /dessen sie nur zum Scherze / umb sein Vornehmen zuerforschen / sich wegerte / vorgebend / sie hätte bey dem tunkeln Wasser- oder Knatterlichte kaum die Speisen erkennen können / wie sie dann so klein geschriebene Buchstaben dabey lesen solte? Aber weil sie sahe / daß nach kurzgebehtener Verzeihung er sich erkühnen wolte / den Brief aus ihrem Busem hervor zulangen / kam sie diesem mit einem freundlichen lachen (welches die ganze Zeit ihrer Entführung das erste wahr) selber zuvor / nam das Schreiben in die Hand / und entschuldigte sich / daß sie so viel Herzens nicht hätte / es zuerbrechen. Ließ auch gerne geschehen / daß er solches verrichtete; da er nach Eröffnung denselben Brief kussete / und ihn solcher gestalt anredete: O du allerliebstes Briefelein / hastu einige Glukseligkeit in dir / so teile doch dem bißher allerunglükseligsten Arbianes etwas mit / auff daß er in seinem Leiden nicht gar untergehe / noch dieses Häu sein Todten Bette seyn möge. Reichete ihn hiemit dem Fräulein ganz ehrerbietig über / und baht mit freundlicher Umfahung / diesem Schreiben die Lesens-wirdigung anzutuhn / in betrachtung der Herz Schwesterlichen Liebe / damit die GroßFürstin ihr zugetahn währe. Dieses ist eine hohe und kräfftige Ermahnung / sagte sie / dere ich mich nicht zuwider setzen weiß; legete den Brief von einander und lase / da Arbianes ihr leuchtete / folgenden Inhalt / ohn einiges Wortsprechen.
Herzallerliebste Fräulein Schwester; nach dem der gütige Gott uns ingesamt wieder nach Hause geleitet / auch unsern Lieben Eltern und Euer Liebe Rettung zutuhn /Gelegenheit bescheret hat / haben Euer Liebe Herren Brüder und ich / den Durchleuchtigsten GroßFürstlichen Herren auß Meden / Fürst Arbianes / dessen hefftiger Verliebung gegen eure Vortreffligkeit / keine andere gleichen mag / mit über bringen / und ihr denselben als ihren versprochenen Bräutigam und Gemahl zuführen wollen /nicht zweiffelnd / dieselbe werde unserm festgemachten Schlusse keines weges wiedersprechen / sondern / wann dem lieben Fürsten seine vorgenommene Bemühung /Eure Liebe aus Räuber Händen zureissen / glücken solte /ihn dessen nach seinem ehrliebenden Begehren geniessen zulassen / uñ nicht anders gedencken / als daß sie in Begleitung ihres versprochenen Bräutigams sich befinde /massen wir unsers Orts gar nicht zweiffeln / es werden eure liebe Eltern in diese Heyraht einwilligen / und ihrer Herren Söhne / wie auch meinen wolgemeineten Vortrag gelten lassen; daher wir der gänzlichen Zuversicht zugleich leben / Eure Liebe werde / ehe sie bey uns anlanget / also bald nach
Weitere Kostenlose Bücher