Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
Lesung dieses Brieffleins / ihr Herz und Willen dem unsern gleich stimmend machen / und diesen Lieben ihr gantz und gar zu eigen ergebenen Fürsten ihr Herz zur steten Wohnung einräumen / dafern sonsten noch ein einziges Blutäderchen an ihrem Leibe übrig ist /welches ihren Herren Brüdern und mir mit Schwesterlichem Willen zugetahn verbleibet. Inzwischen bewahre der Allmächtige Gott eure Ehre / Leben und Gesundheit vor den boßhafftigen Räubern / und bringe uns in wenig Stunden wieder zusammen / wie solches wünschet und hoffet / Euer Liebe inbrünstig-ergebene Schwester und geträue Freundin
Valiska.
Der Fürst gab fleissige Achtung auff ihr Gesichte /weil sie den Brieff lase / und auß ihren unterschiedlichen Verenderungen merkete er / daß seiner Sache bester massen darinnen würde gedacht seyn / baht daher inständig / dafern möglich / ihm des Brieffes Inhalt wissen zulassen. Ja warumb nicht Durchl. Furst? sagte sie / legte inzwischen das Schreiben wieder zusammen / steckete es an den vorigen Ort / und fuhr in ihrer Rede fort / sie würde / von ihrer Fr. Schwester wegen glüklicher Wiederkunfft ihrer Herrn Brüder berichtet und daß ihre Liebe auß guter Gewogenheit gegen ihre Wenigkeit mit uberkommen währe / umb bey ihren lieben Eltern zuvernehmen / ob einige Heyraht zwischen ihnen könte gestifftet und verabredet /auch über etliche Zeit / wann sie zu den verständigen Jahren würde kommen seyn / volzogen werden; da dann ihre Fr. Schwester bey ihr ansuchete / sich hierin gegen ihrer lieben Eltern und Brüder Willen nicht zu wiederspenstigen. Dieses ist der ganze Inhalt / Hochwerter Fürst / sagete sie / welchem nachzukommen /ich mich schon im Anfange von mir selbst erkläret habe. Sie brachte dieses mit einer angenommenen Ernsthafftigkeit vor / und gedachte nochmals / ihn damit hinzuhalten / würde auch in ihren Gedanken nicht betrogen seyn / wann sie nur der weiten Außstellung des Beylagers nicht gedacht hätte; welches dem verliebeten Fürsten allen Glauben benam / sintemahl die Großfürstin ihm viel andere Verheissungen getahn hatte / und er daher / nach freundlicher Umfahung / die ihm züchtig gegönnet ward / diese Antwort gab: Mein Fräulein / ich bedanke mich sehr der beschehenen Erzählung deß schrifftlichen Inhalts; habe aber durch Einlieferung des Briefes meiner Fr. Schwester Befehl und Willen nur zur helffte erfüllet / nachdem sie mir ernstlich aufferleget / ich ihr auch mit einem Handschlage mich verbindlich machen müssen / alle Mittel zugebrauchen / daß / nachdem ihre Vortreffligkeit das Schreiben würde gelesen haben / ich solches auch zu lesen bekommen möchte; zweiffele nicht / es werde Eure Liebe ihr solches gefallen lassen / und mir dasselbe zuzeigen unbeschweret seyn. Ich weiß nicht / Durchl. Fürst / antwortete sie / ob meine Fr. Schwester diesen Befehl erteilet habe / wiewol Euer Liebe vorbringen der Unwarheit zubeschüldigen / mir nicht gebühren wil; nur dieses weiß ich wol /daß die Auffschrifft nicht zugleich an Eure Liebe mit /sondern nur allein an mich gerichtet ist / es währe dann / daß mein werter Fürst an meiner auffrichtigen Erzählung zweiffel tragen / und der Ursach wegen das Schreiben selbst lesen wolte / welches ich doch nicht eins fürchten noch gedenken wil. Dieses sey ferne von mir antwortete er; nur muß ich dem Befehl meiner Fr. Schwester geträulich nachkommen / dafern ich sonst nicht in ihre schwere Ungnade / die mir gar zu unerträglich seyn würde / fallen wolte. Bitte demnach von Herzen / mein Fräulein wolle umb eine frevelhaffte Bemühung zu hinterhalten / mir das Briefflein unbeschweret zeigen / nachdem ich so auffrichtig gespielet / daß / ob ichs gleich brechen müssen / mich dannoch der ersten Lesung gebührlich enthalten habe. Ach nein mein Fürst / gab sie zur Antwort / dann ob er dieses gleich noch so ernsthafftig vortragen würde /versichere ich ihn doch / daß ohn außdrüklichen schrifftlichen Beweißtuhm ich solches ihrer Liebe gar nicht trauen werde. Diesem nach stehe er nicht so hart auff des Briefes Besichtigung / sondern glaube meinen Worten / weil ich ja nicht hoffen wil / daß er mich von Anfang her dieser unser gemachten guten Kundschafft falsch gespüret haben solte. Nicht rede oder begehre ich solches / meiner Fr. Schwester / oder deren Willen mich zu widersetzen / wann es ja von ihr also solte geordnet seyn / sonden weil nur etliche wenig Worte darinnen enthalten sind / die mir eine Röhte abjagen könten / bitte ich
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