Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
sehr gemein / daß nichts wolfeilers mag gefunden werden / und hat die leichtfertige Jugend den bekanten schnöden Brauch / daß wann sie zusammen kommen / und einer von dem andern weder gutes noch böses nie gesehen / oder gehöret hat / sie als bald brüderliche Freundschafft unter sich auffrichten / so bald der Wein ihre Herzen mit einem Tropffen über Durst anfeuchtet; und meynen /es fliesse aus dem Glase alles her / was den Nahmen wahrer Freundschafft gebieret. Mein Sinn ist dieser Leichtfertigkeit nie hold / viel weniger zugethan und ergeben gewesen / sondern so selzam und wenig ich die Tugend bey meines gleichen jungen leuten antreffe / so geringe ist auch die Anzahl meiner erkieseten freunde; aber daß kan ich sonder sparung der Warheit wol beteuren / daß nie kein Fremder / als mein Herr /mich zu seiner Hulde so sehr gezogen hat. Zwar es möchte mañicher mich vor unbesoñen schelten / daß ich so leichtbewägig bin / einem zu wahrer Freundschafft mich zu verbinden / dessen Nahmen ich kaum zweymahl nennen hören / und gar nicht weiß / wer oder weß standes er sey. Ich aber halte vielmehr / daß mir solches zum besten Außgedeutet werden müsse /inbetrachtung / ich kein äusserliches an ihm / und was daß unbeständige Glük verleyhet / sondern seine hochbegabte Art und Tugend liebe und ehre / die er heut auff einmahl durch Barmherzigkeit und mitleiden gegen daß gefangene Frauenzimmer / durch Herzhafftigkeit und stärke gegen die Räuber / und durch gütige Höffligkeit und vergebung gegen mich / mit vollem Strohme außgeschüttet und zuerkennen gegeben hat. Nun kan wol seyn / daß mein Herr von geblüte höher ist als ich und die meinen; aber solte er gleich eines Hirten Sohn seyn / würde doch seine Tugend bey mir nicht umb ein Haar weniger gelten / als wann er der mächtigste König der unüberwindlichen Teutschen währe. Diesem nach Bitte ich dienstlich / weil mein begangener Fehler mir schon gänzlich nachgelassen ist / es wolle mein Herr mich unter die Zahl seiner geträuen Freunde auffnehmen / und zwar unter diese /welche sich durchaus nicht wegern / Leib und Blut vor ihn in die Schanze zu schlagen / und vor seine Wolfahrt gutwillig auffzuopffern. Herkules gab eben acht auff seine reden / spürete auch aus allen seinen geberden / daß seine Zunge nicht vermochte so viel außzusprechen / als die Seele ihr vorzubringen befahl / weil unter den reden er seine Gestalt offt verenderte /und nach Eigenschafft der worte bald erröhtete / bald anbleichete / auch bißweilen im außsprechen etwas ansties und halten blieb. Antwortete ihm deßwegen ganz freundlich und sagete: Mein Herr / es ist freylich ein närrisches Getichte / daß man den himlischen Lichtern eine solche Wirkung in unsere Seele aufflegen wil / und damit zugleich unsern Mutwillen schmücken und entschuldigen / wann er in der Büberey sich vertieffet; gestaltsam auff diese Weise mein Geselle und ich / den boßhafften Räubern die unverantwortlichste Gewalt müsten angethan haben / als die nit aus getrieb ihrer eigenen wilkühr / sondern durch unvermeidliche Wirkung des Himmels diese züchtige Fräulein geraubet zu haben sich entschuldigen könten. Und wer siehet nicht / daß durch diesen Unweg nicht allein den Lastern Tühr und Tohr geöffnet / sondern auch die Straffe gehemmet / ja der Tugend ihr gebührliches Lob entzogen würde? Freylich mein Herr / stecket es in unser Seele / so wol was lob-als was scheltwürdig ist / nicht weniger / als eben derselben Kräffte die Gemühter verbinden / und gemeiniglich gleich zu gleichen gesellen. Wer nun ausser dieser Meynung der Freundschafft Band und Gültigkeit suchet / gibt scheinbahr an den Tag / wie wenig er derselben Art und Eigenschafft verstehe. Die vollen Becher / wie leicht sie zur Kundschafft anlocken / so leicht brechen sie auch dieselbe wiederumb /und ist nichts gemeiners / als daß solche WeinBrüder sich in einer Stunde dutzen uñ mutzen / schmatzen und kratzen / da dann die Wirkung auff beyden Blättern uns lesen lässet / was von dieser art Freundschafft zu halten sey. Daß ich nun aber etwas näher trete / so kan mit meinen Gedanken ich nicht absehen / was mein Herr an meiner Geringfügigkeit mag gespüret haben / welches eine so hohe Neigung gegen mich einen schlechten außländischen umschweiffenden Ritter und unbekanten Menschen erwecken könte. Zwar einen Liebhaber und Anbehter aller auffrichtigen Tugend gebe ich mich an; wiewol auch dieses mir zur Ruhmretigkeit möchte gedeyen /
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