Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
angesehen der grossen Gebrechligkeit / die ich täglich bey mir verspüre / daß also mich ein jeder billich / wo nicht auß anderm Grunde / zum wenigsten meiner Jugend halben vor frevelmühtig schelten müste / dafern ich mich grosser Geschikligkeit und Tugend rühmen wolte; weil zu Erweisung eines so volkommenen gutes /lange Zeit erfodert wird; jedoch wie dem allen / Bitte ich freundlich / mein Herr wolle / als lange er einige Liebe und begierde gutes zu thun / an mir spüret /mich in dem Gedächtnis-Buche seiner Diener und Freunde angezeichnet stehen lassen; ist dann gleich mein vermögen zu schwach / grosse bedienungen zuleisten / sol doch mein ergebener Wille keine Gelegenheit durch Vorsaz verseumen / sich meinem Herrn als Freunde zu aller mögligkeit darzulegen. Weil Herkules dieses vorbrachte / sahe ihn Fabius mit starrem Gesichte an / und nach seiner Rede endigung sagete er: Mein Herr / mir genüget an seinem Erbieten /wegen angenommener Freundschafft daß übrige sey zu seinem Wolgefallen gesprochen; ohn daß ich unberühret nicht lassen kan / daß ein Verständiger die Tugend nicht aus dem Alter / sondern bloß aus der gültigen Volkommenheit urteilet; wie dann mannicher junger Baum viel gesundere und schönere Frucht bringet / als der mit mossigten ästen sich zwanzig Ellen außbreitet; und wil nicht sagen daß die Tugend sich allemahl scheinbahrer in jungen / als in alten erzeiget /weil in diesen daß löbliche aus Mangel und Abgang der Bewägungen viel leichter / als in der hitzigen Jugend / stat findet / und daher / was so gemein nicht ist / uns viel ädler als das tägliche seyn dünket; Alte Rosen sind auch roht / aber die sich erst von einander tuhn / ungleich lieblicher / auch besseren Geruchs und Krafft / welches niemand / als vielleicht zum scherze leugnen wird. Also führeten diese neuen Freunde ihr sinnreiches Gespräch / biß sie vor Padua anlangeten /und verbunden sich ihre Herzen auff so kurzem Wege in wenig Stunden dermassen fest zusammen / daß solches Band nimermehr kunte auffgelöset noch zurissen werden. Ladisla übersahe unterdessen seine Schanze auch nicht; dann weil er sein liebstes Fräulein vor sich führete / und ihr in geheim alles reden kunte / suchete er alle Gelegenheit / eine genehme Erklärung von ihr zu erlangen; da sie dann allemahl sich gar höfflich und gewogen / doch nicht nach seinem Willen vernehmen lies / deßwegen er ihr solches unter verblümten reden abzugehen / zu ihr sagete: Mein Fräulein / es fället mir eine Geschichte ein / die sich in meinem Vaterlande zugetragen / und wann es ihr nicht zu wieder währe / ich selbige / die Zeit zu vertreiben / und des unsanfften sitzens sie vergessen zu machen / gerne erzählen wolte. Mein Herr / antwortete sie / sider dem ich aus Räubers Hände errettet bin /habe ich über lange Zeit nicht zuklagen gehabt / und ist mir leid / daß mein Herr wegen des unsanfften sitzens sich beschweren muß / dessen ich die einzige Ursach bin / und ihm alle diese Ungelegenheit zuzihe. Ich versichere viel mehr mein Fräulein / sagte er / daß Zeit meines lebens ich nie auff keinem Pferde bequemer gesessen; würde mich auch nicht wegern / auff solche Weise die ganze Welt durchzureiten. Das Fräulein sahe ihn an mit lieblichen blicken und sagte; Seine Höffligkeit mein Herr / ist so groß / und die mir erzeigete Woltahten so häuffig / daß ich mich erkenne in alle dem ihm schuldig und verbunden zu seyn / was ihm belieben kan und mag; meine Ehr außzunehmen halte ich unvonnöhten / weil ein so ehrliebender Mensch wider Ehre nichts begehren wird / der mit Darstreckung seines Leib und Lebens mir dieselbe beschützet / und als sie gleich solte geraubet werden /erlöset und frey gemacht hat. Aber ich bitte sehr /mein Herr wolle seinem Erbieten nachkommen / und die erwähnete Geschichte seines Vaterlandes mir zuerzählen unbeschweret seyn / weil von Kindesbeinen auff / ich meine beste Lust in Les- und Anhörung löblicher und denkwirdiger Geschichten suche und empfinde. Ladisla bedankete sich anfangs des hohen Erbietens / welches er zwar nicht verdienet hätte / und doch vor den glükseligsten Ritter sich schätzen würde / dafern sie ihn dessen wirdig hielte. Sagte hernach; die Geschichte währe kurz und vielleicht unlieblich /aber die Ursach seiner Erinnerung unterschiedlich /möchte auch Wünsche / daß über die Menschen /deren er gedenken würde / sie ihre Urtel ohn einige Gunst oder Ungunst zu sprechen / ihr könte gefallen lassen / und zwar
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