Des Drachens grauer Atem
mit Blake gesprochen hat. Das wird uns Aufschluss darüber geben, was Blake ihm erzählt hat."
„Ich bleibe dran, Sir."
„Sie geben mir laufend Bericht", befahl Warren, dann nahm er seinen weißen Hut und ging von Bord.
Blake drehte das Limonadenglas in seiner Hand. Er begann langsam: „Sehen Sie, Professor, vieles, was Ihnen heute hier begegnet, hat seine Wurzeln weit in der Vergangenheit. Um es zu durchschauen, muss man bis in die Periode vor dem zweiten Weltkrieg zurückblicken. Japan war damals dabei, China zu erobern. Die Mandschurei und erhebliche Gebiete an der Küste des Gelben Meeres hatte es bereits besetzt. Tschiang Kai-shek versuchte, die Japaner aufzuhalten und gleichzeitig die kommunistischen Rebellen im Lande zu dezimieren. England praktizierte Japan gegenüber eine Art Stillhaltepolitik, um seine Besitzungen in Südostasien vor einem eventuellen Zugriff der Japaner zu bewahren. Die Vereinigten Staaten pflegten mit Tschiang Kai-shek enge Beziehungen. Sie bildeten seine Soldaten aus und versorgten sie mit Kriegsmaterial. Da aber die meisten Häfen an der chinesischen Ostküste von den Japanern okkupiert waren, liefen die amerikanischen Materialtransporter notgedrungen über den Hafen Haiphong im französischen Indochina und von dort über eine nicht sehr leistungsfähige Eisenbahnlinie nach Südchina. Außer diesem Nachschubweg gab es nur noch eine einzige Landverbindung, die so genannte Burmastraße."
„Ich erinnere mich", bestätigte Wilkers. „In der Kriegszeit wurde viel darüber geschrieben, aber ich habe keine rechte Vorstellung mehr davon."
„Verständlich", meinte Blake. „Das alles lag weit von Europa entfernt, und dort hatte man andere Sorgen. Die Burmastraße war ein besserer Feldweg, der von Lashio im äußersten Norden Burmas quer durch dichte Dschungel und über hohe Gebirge zur chinesischen Grenze und von da an bis nach Kunming verlief. Theoretisch konnte man also in Rangun Material aus Schiffen auf Lastwagen verladen, die es auf halbwegs guten Straßen bis Lashio brachten und von dort nach Kunming. England hatte allerdings diesen Transportweg auf Betreiben Japans zunächst gesperrt. Als Indochina dann durch die Okkupation Frankreichs unter die Kontrolle der mit den Deutschen kollaborierenden Regierung von Vichy fiel und die Vereinigten Staaten Tschiang Kai-shek nicht mehr über Haiphong versorgen konnten, nötigten sie England, die Burmastraße freizugeben. In Amerika hoffte man damals, dass Japan durch den Kampf gegen eine gut gerüstete chinesische Armee entscheidend geschwächt werden könnte und als ernsthafter Gegner für die USA auf längere Sicht ausfallen würde. Einige Politiker rechneten sich sogar die Chance aus, auf Japan Druck auszuüben, dass es seine Expansion nordwärts richtete, gegen die sibirischen Gebiete der Sowjetunion. Aber Japan entschied sich für den Angriff nach Süden, weil es da unermessliche Rohstoffvorkommen an sich reißen konnte und überdies nicht im entferntesten den Widerstand erwarten musste, auf den es bei einem Einfall in die Sowjetunion gestoßen wäre."
„Wie alt waren Sie damals?" erkundigte sich Wilkers.
„Ich steckte noch im College."
„Aber Sie verfolgten die Ereignisse?"
„Von Pearl Harbor an wurde alles, was sich in Asien abspielte, für uns ungemein wichtig. Wie Sie wissen, marschierten die Japaner ungehindert durch Thailand und fielen neunzehnhundert-zweiundvierzig in Burma ein. Schon im Frühjahr desselben Jahres war die Burmastraße unterbrochen. Um diese Zeit betrachteten es die amerikanischen Strategen als Aufgabe ersten Ranges, Burma zurückzuerobern, um mit Hilfe der Chinesen möglichst viele Kräfte der Japaner zu binden und so die Anstrengungen, zu denen die Vereinigten Staaten in der Kriegführung gegen Japan gezwungen waren, weitgehend zu verringern. Mit einem frontalen Angriff war Burma nicht zurückzuholen. Deshalb entwickelten die amerikanischen Planer ein System von Kommandounternehmungen, das einen verhältnismäßig geringen Kräfteaufwand erforderte, aber erhebliche Störungen des japanischen logistischen Systems in Burma verursachen und so das Konzept der Japaner durcheinander bringen konnte. Hier begann für mich persönlich der Krieg. Ich wurde eingezogen. In Anbetracht meiner Ausbildung und auf meinen eigenen Wunsch steckte man mich in eines dieser Kommandos. So kam ich nach Burma."
Blake öffnete eine auf dem Tisch stehende Zigarrenkiste, in der schwarze Zigarren lagen. Da Wilkers ablehnte,
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