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Des Drachens grauer Atem

Des Drachens grauer Atem

Titel: Des Drachens grauer Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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der letzten Parkreihe, zwei junge Männer an einem Motorroller zu schaffen machten. Er hatte die beiden ebenfalls nie gesehen. So ahnte er nicht, dass der eine von ihnen das Hotel betrat, kurz nachdem er selbst die Halle verlassen hatte.
    Der junge Mann war außerordentlich sauber gekleidet. Sein Hemd war blütenweiß, man konnte glauben, er habe es eben erst angezogen. Im Gegensatz zu der hierzulande modern gewordenen Haartracht trug er sein dunkles, glänzendes Haar kurz geschnitten. Es war an den Schläfen leicht gewellt. Der Bursche sah gut aus, und er hatte vollendete Umgangsformen. Am Hoteleingang begegnete er einer älteren Amerikanerin, die soeben ausgehen wollte. Der junge Mann hielt ihr galant die Tür auf und lächelte sie an. Die Dame lächelte geschmeichelt zurück und sagte beeindruckt: „Herzlichen Dank, mein Freund!", worauf der junge Thai sich leicht verbeugte und in perfektem Englisch erwiderte, dass es ihm eine Ehre gewesen sei.
    Vom Fahrstuhl winkte ihm ein gleichaltriger Bursche. Auch der Angestellte am Empfang nickte ihm zu. Es war derselbe, der Blake davon verständigt hatte, dass Wilkers um dessen Adresse gebeten hatte.
    „Hallo, Charuk", sagte der Fahrstuhlboy, „du siehst aus, als hättest du gar nichts zu tun."
    Charuk hielt ihm eine Packung Zigaretten hin, der Boy bediente sich. Aber er rauchte die Zigarette nicht an, sondern steckte sie in die Tasche. Der Angestellte am Empfang registrierte es zufrieden. Abgesehen davon, dass Charuk eine Vertrauensstellung bei Mister Blake hatte, gab es mit ihm niemals Ärger. Im Gegensatz zu manchen anderen jungen Leuten, die dem Beispiel amerikanischer Filmhelden nachzueifern versuchten und denen heute ein beträchtlicher Anteil an den sich häufenden kriminellen Handlungen zuzuschreiben war.
    „Wie lange hast du Dienst?" erkundigte sich Charuk bei dem Liftboy.
    Der Bursche sah zu der großen Uhr über dem Empfang. „Bis zehn. Warum fragst du?"
    „Kennst du den Professor?"
    Der Liftboy wusste nicht gleich, wer gemeint war. Er runzelte die Stirn. Charuk half ihm: „Den aus der Schweiz. Älterer Herr, klein, heller Anzug. Ganz friedlich."
    „Ach, Mister Wilkers - natürlich! Was ist mit ihm?"
    „Ist er auf seinem Zimmer?"
    „Eben habe ich ihn hochgefahren", gab der Liftboy zurück.
    Charuk überlegte. „Hat er gesagt, ob er noch fortfahren will?"
    „Ich habe gehört, wie er am Empfang für achtzehn Uhr dreißig ein Taxi bestellt hat."
    „Das ist gut", sagte Charuk in Gedanken. Achtzehn Uhr dreißig. Bis dahin war noch ausreichend Zeit. Sloane wartete in seinem Wagen. Er dürfte kaum wissen, wann Wilkers aufbrechen wollte. Aber er würde ihm folgen, sobald er das Hotel verließ.
    „Hör zu", schärfte Charuk dem Liftboy ein, „ich bin mit Somchai draußen auf dem Parkplatz, ganz hinten. Nur für den Fall, dass dieser Professor auf die Idee kommt, den Hinterausgang zu benutzen... gibst du uns Bescheid?"
    „Klar", antwortete der Liftboy prompt. „Aber warum? Was habt ihr gegen ihn?"
    Charuk lächelte. „Nichts, wenn es dich beruhigt. Im Gegenteil, wir sind ein wenig um ihn besorgt. Deshalb möchten wir ihn nicht aus den Augen verlieren."
    Der Liftboy zog die Brauen hoch. „Klingt ziemlich geheimnisvoll." „Mag sein, aber du kannst es glauben. Wir verlassen uns auf dich, klar?"
    „Absolut. Sobald er herunterkommt, werde ich vor die Tür gehen und nach dem Taxi sehen. Achtet auf den Eingang. Wenn er hinten durchgehen will, sage ich Bescheid!"
    Charuk hielt ihm die Hand hin. Sie waren alte Freunde. Gelegentlich verbrachten sie einen Abend gemeinsam beim Boxen, es kam vor, dass sie sich danach mit einigen anderen Freunden zu einer Versammlung trafen, die dann meist bis in die frühen Morgenstunden dauerte. Nicht nur unter den Studenten gab es politische Gruppierungen. Heute wusste Charuk ebenso wie der Fahrstuhlboy, dass für die nächste Zeit Demonstrationen zu erwarten waren. Man würde von der Regierung verlangen, dass sie demokratische Zustände im Lande herstellte. Sie musste das Recht der Arbeiter auf Streik legalisieren, und ihre Repräsentanten mussten endlich die Gesetze respektieren, die für das ganze Volk galten. Man würde die Ausarbeitung einer Verfassung fordern und die Absetzung der hohen Generäle von den. Regierungsämtern. Einige von ihnen hatten mehrere Ministerposten zugleich inne. Außerdem waren da die Amerikaner.
    Manchmal schien es, als regierten nicht Thailänder, sondern amerikanische Generäle. Viel

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