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Des Drachens grauer Atem

Des Drachens grauer Atem

Titel: Des Drachens grauer Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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bewachsene Fläche. Sie wurde begrenzt von ansteigenden Felsen. Hier verbrachte Wilkers die Nacht im Schutz einiger überhängender Felsbrocken, und er war froh, diesen Platz gewählt zu haben, denn bald nach Einbruch der Dunkelheit fiel Regen.
    Am Morgen lag dichter Dunst über dem Tal. Der Professor war dabei, das Maultier zu beladen, als ihn plötzlich jemand in leidlichem Englisch ansprach: „Hallo, Mister!"
    Wilkers versuchte nicht zu verbergen, dass er erschrak. Er fuhr herum und sagte, noch bevor er den Mann richtig erkannt hatte: ,,Oh, Sie haben mich aber überrascht!"
    Dann sah er die Uniform, aus amerikanischen Beständen, wie er registrierte, eine Phantasieuniform, und eine Mütze mit einem Abzeichen, das ihm bekannt vorkam. Über der Brust des Mannes hing eine klobige amerikanische Maschinenpistole. Der Soldat lächelte. Sein Gesicht war anders geschnitten als das der Einheimischen. Wilkers hielt ihn für einen Chinesen. Bei den nächsten Worten des Mannes merkte er am Akzent, dass er recht hatte.
    „Ganz allein unterwegs? Ist das nicht ein bisschen gefährlich?"
    „Ich heiße Wilkers. Wer sind Sie?"
    Der Soldat lächelte. Er hob die Hand und winkte. Aus dem Dunst tauchten weitere Soldaten auf, sie kamen nur so weit heran, dass Wilkers sie gerade noch erkennen konnte, dann blieben sie abwartend stehen. Sie waren bewaffnet, das war zu sehen.
    „Ich heiße Chao", sagte der Anführer. Er deutete eine leichte Verbeugung an, aber Wilkers hatte den Eindruck, dass der Mann sich über ihn lustig machen wollte. Trotzdem lud er ihn ein: „Kommen Sie, Mister Chao, wenn Sie Lust auf einen Becher kalten Tee haben..."
    Der Soldat lehnte ab. „Danke, Mister. Ich habe gefrühstückt." Er kam näher. Ein kleiner, sportlich wirkender Mann mit einem Vollmondgesicht, in dem zwei außerordentlich wache, misstrauische Augen standen. Wilkers schätzte sein Alter auf etwa dreißig Jahre.
    „Amerikaner?" forschte der Chinese, ging um das Maultier herum und besah sich die Ladung.
    „Schweizer."
    „Haben Sie einen Pass?" Er streckte die Hand aus.
    Wilkers brummte wenig freundlich: „Ich weiß zwar nicht, was Sie das angeht, aber ich habe einen."
    Der Chinese bewegte die ausgestreckte Hand ungeduldig. Wilkers griff in die Jackentasche und gab ihm seinen Pass. Der Soldat blätterte ihn von Anfang bis Ende durch und las jede Eintragung. „Wohin wollen Sie?"
    „Nach Muong Nan", gab Wilkers unwillig zurück.
    Der Mann blickte überrascht auf. „Muong Nan?"
    „Sie haben richtig gehört, ja."
    Der Chinese wiegte den Kopf. Er schlug den Pass zu und gab ihn zurück. „Schwieriger Weg nach Muong Nan." Da Wilkers schwieg, fragte er: „Haben Sie Geschäfte dort?"
    Wilkers steckte den Pass ein. Der Soldat gefiel ihm nicht. Er stellte Fragen und tat so, als habe er das Recht dazu.
    „Hören Sie mal", sagte er deshalb höflich. „Sie wollen eine Menge wissen. Wer sind Sie überhaupt? Sind Sie von der Polizei?"
    Der Chinese lachte. „Polizei gibt es hier nicht."
    Wilkers trat einen Schritt auf ihn zu und schaute sich zum ersten Mal das Mützenschild genauer an. Es war das. Abzeichen der Kuomintang, er kannte es von der Flagge Taiwans.
    „Überrascht?" fragte der Chinese.
    „Wie kommen Sie von Taiwan hierher?"
    Der Chinese lachte wieder. „Taiwan, gut! Man kommt hierher, ja. Wie man eben kommt."
    „Es hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen, Mister Chao." Wilkers wandte sich ab und beschäftigte sich mit den Gurten des Maultieres.
    Aber der Chinese ließ sich so leicht nicht abweisen. Er sagte halblaut, mit einem Unterton, der Wilkers vorsichtig machte: „Mister, ich hatte Ihnen eine Frage gestellt. Ob Sie Geschäfte in Muong Nan haben. Ich bin gewohnt, Antworten auf meine Fragen zu bekommen."
    „Und wenn man Ihnen keine gibt?"
    Der Chinese machte eine bedenkliche Miene. „Bei den Leuten, die mir keine Antworten geben, handelt es sich um Tote, Mister. Sie sind noch nicht tot. Also?"
    Er nahm die Maschinenpistole nicht in die Hand, er griff auch nicht nach dem großen Revolver, der an seinem Koppel hing, er stand nur vor Wilkers und sah ihn an, aber der merkte sehr gut, dass dieser Mann nicht zum Scherzen aufgelegt war. Deshalb sagte er vorsichtig: ja, ich habe Geschäfte in Muong Nan."
    „Welcher Art?"
    „Ich möchte im Auftrag der UNO mit einigen Bürgern dort sprechen", erklärte der Professor nun energisch. „Haben Sie etwas dagegen?"
    Der Chinese erwiderte gelassen: „Ich habe nichts dagegen. Ich möchte es nur

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