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Des Drachens grauer Atem

Des Drachens grauer Atem

Titel: Des Drachens grauer Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Schuss war mehr zu hören. Nur die Sirenen der Krankenwagen.
    Ist dies wirklich das Ende? Warren brannte nervös seine Zigarre an und überlegte. Fünfzigtausend amerikanische Soldaten standen in Thailand. Ein halbes Dutzend großer Luftstützpunkte verlieh dem Land den Charakter eines unsinkbaren Flugzeugträgers. Zu Lagerplätzen, an denen die gesamte technische Kampfausrüstung für mehrere Divisionen gestapelt war, samt Fahrzeugen und Munition, konnten binnen weniger Stunden mit Großraumflugzeugen Zehntausende von US-Soldaten eingeflogen werden. Das ganze Territorium, mit Ausnahme der Gebirgsregionen, war von strategischen Straßen durchzogen, die US-Firmen im Laufe von Jahren angelegt hatten. An diesen Straßen befanden sich die riesigen Munitionsdepots, die Ölleitungen und die vielen kleinen militärischen Verbindungsstellen, Radareinrichtungen und Regionalhauptquartiere. Das ganze Land war gleichsam von einem Netz militärischer Anlagen überzogen, das es zum strategischen Ausgangspunkt für Aktionen in jeder beliebigen Richtung machte.
    Doch man hatte nicht allein dieses militärische Netz aufgebaut. Die für solche Fragen vorzüglich ausgerüstete Cornell-Universität hatte auf wissenschaftlicher Basis, unter Hinzuziehung Hunderter Fachleute, das „Großprojekt Thailand" aufgestellt, vor vielen Jahren schon. Das Ziel war die völlige wirtschaftliche Durchdringung dieses militärisch-strategisch von den USA als wichtigste Bastion in Südostasien ausersehenen Landes. So hatten Forschungs- und Planungsteams ein System der Investitionen ausgearbeitet, das sich inzwischen als Instrument der ökonomischen Kontrolle ausgezeichnet bewährt hatte. Gleichzeitig erprobten Dutzende verschiedener Forschungs-Teams Maßnahmen zur Einschränkung der Möglichkeiten demokratischer Organisationen. Man tat das auf eine Weise, die den Anschein erweckte, als ob sich im Lande tatsächlich so etwas wie Demokratie entwickelte. Experten der psychologischen Kriegführung versuchten hier ihre Methoden, ja selbst Anthropologen wurden in den Dienst der Stabilisierung der inneren Verhältnisse in Thailand gestellt. Sie betrieben ausgedehnte Forschungen über Lebensgewohnheiten und Möglichkeiten zur Korruption von Stämmen in den nördlichen Landesteilen.
    Indem sich Warren diese Zusammenhänge vergegenwärtigte, wich seine anfängliche Besorgnis, die Revolte und der Abgang der wichtigsten Generäle könnten ernstliche Folgen für die Position der Vereinigten Staaten in Thailand haben. Natürlich konnte man die Entwicklung nicht haargenau voraussagen. Denn auch mit Hilfe von Computern waren spontane Aktionen der Bevölkerung nicht vorauszuberechnen. Aber es bestand doch wohl kaum die Gefahr, dass alles, was die Vereinigten Staate jahrelanger emsiger Kleinarbeit aufgebaut hatten, durch die jüngsten Veränderungen einfach liquidiert würde. Auch die neuen Politiker würden das Rad der Entwicklung nicht willkürlich in eine Richtung drehen können, dafür war die Verflechtung der Interessen auf den entscheidenden Gebieten der Wirtschaft, Politik und des Militärwesens zu eng.
    Auf den Bildschirmen wurden wieder Menschen mit lachenden Gesichtern gezeigt. Da hatte auch Mister Warren seinen Schock überwunden und schöpfte wieder Vertrauen. Das hier musste durchgestanden werden. Möglicherweise gab es einen beachtlichen Scherbenhaufen, aber Scherbenhaufen erwiesen sich sehr oft als Verstecke für Edelsteine, die man vermittels einer geschickten Politik in der nächsten Entwicklungsphase zu barer Münze machen konnte.
    Warren ging ans Telefon und rief zwei der mehr als hundert amerikanischen Dienststellen an, die in Bangkok stationiert waren, die Zentrale des so genannten Friedenskorps, die in Übereinstimmung mit der Agentur arbeitete, und den Stab der Militärberater in der South Sathorn Road. Der Chef des Friedenskorps teilte ihm mit, dass es in der Nähe dieser Dienststelle keinerlei Anzeichen für antiamerikanische Aktivitäten gäbe. Auch von den im Lande verstreut tätigen Angehörigen dieser Organisation lägen keine derartigen Meldungen vor. Mit dem Chef des Stabes der Militärberater, der ein langjähriger persönlicher Freund Warrens war, hatte dieser ein ausführliches Gespräch. Er wurde in seiner Gewissheit bestärkt, dass sich an der prinzipiellen Politik der USA in Thailand kaum etwas ändern werde. Man würde aber wohl, um die Bevölkerung zu besänftigen und den neuen Politikern einen günstigen Start zu verschaffen, einige

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