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Des Kaisers Gespielin

Des Kaisers Gespielin

Titel: Des Kaisers Gespielin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Hofmann
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Henderleys Absichten berichtete, ergriff sie meine Hand und ein leises Lachen entrann ihr. Ich redete unbeirrt weiter, erstattete Bericht über die fremde Sklavin, über mein Gefühl beobachtet zu werden und mein einsames Warten im Hof. Nur ein ganz kleines Stocken in meiner Erzählung ließ auf meine Aufregung schließen, als ich von den Ereignissen mit dem Soldaten berichtete. Seltsamerweise war meine Erinnerung daran merkwürdig verschwommen. Ich konnte mich zwar sehr genau der Geräusche, der Gerüche entsinnen, aber was genau in welcher Reihenfolge geschehen war, verschwamm in meinem Kopf zu einem gestaltlosen Brei. Ravennas stärker werdender Händedruck verriet mir ihre wachsende Frustration an meinem unzureichenden Bericht.
    „Und du kannst dich wirklich an nichts weiter erinnern? Hast du ihn vielleicht bei Tisch auffällig angestarrt, hast du mit ihm geredet? Irgend etwas, das ihn auf die Idee bringen könnte, dir nach draußen zu folgen? Irgend etwas, das auch nur im weitesten Sinne als Einladung verstanden werden könnte?“
    Ärgerlich verneinte ich.
    „Glaubst du wirklich, ich wäre solch ein Dummkopf? Kein Wort habe ich mit ihm geredet. Und ganz sicher habe ich ihn nicht angelächelt. Er... er hat mir Angst gemacht.“
    Ravennas Händedruck verstärkte sich als sie eine zerknirschte Entschuldigung murmelte. Aber ich spürte auch, dass sie noch nicht zufrieden war. Und so hatte ich das unbeirrte Gefühl, mich verteidigen zu müssen.
    Trotzig fuhr ich fort: „Und außerdem halte ich es für unwahrscheinlich, dass er die Sklavin geschickt hat, um mich heraus zu locken. Wie gesagt, er schien ebenso überrascht mich dort vorzufinden, wie ich ihn.“
    „Könnte Hella die Sklavin beauftragt haben? Du sagst, sie saß bei Tische neben ihm?“
    Ich überlegte kurz: „Warum sollte sie das tun? Ich habe nichts mit ihr zu schaffen. Wenn sie jemanden als Konkurrentin sieht, dann doch dich. In dem Falle hätte sie doch dich rufen lassen, nicht mich.“
    Ravenna zuckte mit ihren Schultern: „Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Ich genieße einen gewissen Sonderstatus, vielleicht war es ihr zu gefährlich mich persönlich anzugreifen. Dass du und ich uns nahe stehen, das weiß jeder. Vielleicht wollte sie mich durch dich verletzen.“
    „Das kann ich nicht glauben. Sie ist wahrlich kein freundlicher Mensch, aber dass sie durchweg bösartig sein soll, finde ich zu weit hergeholt.“
    Ich war über mich selbst erstaunt. Ich hatte nicht gedacht, Hella einmal verteidigen zu müssen. Aber ich meinte es ernst. So viel Schlechtigkeit konnte doch einer jungen Frau nicht innewohnen. Oder?
    Ravenna wurde ärgerlich: „Jetzt überlege doch mal. Es macht durchaus Sinn. Irgend jemand muss die Sklavin geschickt haben. Hella hatte ein Motiv, wenn auch zugegeben ein wenig Überzeugendes. Wir wissen, dass sie Gelegenheit hatte mit dem Kerl zu sprechen und dass er frei heraus gegen den Kaiser geredet hat. Mal angenommen sie macht ihm schöne Augen und verabredet sich mit ihm. Und dann schickt sie dich genau dort hin, wo sie weiß, dass ein erregter Mann sein wird, der mit Freuden darauf wartet, irgend etwas besitzen zu können, was Seiner Majestät gehört. Man braucht nicht viel Vorstellungsvermögen um darauf zu setzen, dass dieser Plan funktionieren wird.“
    Lange dachte ich darüber nach. Ich wollte nicht glauben, was mir Ravenna soeben so überzeugend ausgeführt hatte. Und doch klang es beängstigend schlüssig. War es wirklich möglich, dass der Hass so tief in Hella saß? Was hatte sie zu gewinnen, wenn ich nicht mehr war? So sehr ich mich anstrengte, ich fand auf diese eine Frage keine zufriedenstellende Antwort.
    Ravenna hatte sich in dieser Zeit wieder auf die Seite gedreht und beobachtete mein Minenspiel. Siehst du, sagte ihr Gesicht, je länger du darüber nachdenkst, desto klarer wird dir, dass ich recht habe.
    Mich beschäftigte aber noch mehr als nur die Frage, was genau passiert war. Unsicher dachte ich über meinen körperlichen Status nach. Der Soldat hatte gesagt, er würde meine Jungfräulichkeit, meine Eintrittskarte in den kaiserlichen Palast erhalten. Und doch war ich mir fast sicher, er hatte sein Versprechen nicht gehalten. Der Schmerz war so real. Mich überkam plötzlich die Erinnerung an das stechende Brennen zwischen meinen Beinen und ich erschauderte. Was wenn ich nun fortgeschickt werden würde? Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Fehlen meiner Jungfräulichkeit entdeckt werden würde.

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