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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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…« Ruckartig ließ die Stahlklaue seinen Ärmel los, als hätte sie und nicht ihr Besitzer sich erschreckt.
    »Was hast du da gesehen? Ich würde dich ja nicht damit quälen – aber sie haben auch einen Freund von mir geschnappt, verstehst du?«
    »Gesehen?« Der Blinde tastete im Gras herum. »Sie hatten’s nicht eilig. Haben mich die ganze Zeit verspottet.«
    Verzweifelt schüttelte er den Kopf. »Als das Feuer genug Glut hatte, haben sie mich gebrandmarkt, und dann – dann…«
    Erschüttert wandte Bolitho den Blick ab. Doch um Alldays willen durfte er nicht aufgeben. Diese armselige, verstörte Kreatur war das einzige Bindeglied zu ihm. Aber er kam sich vor wie ein Folterknecht.
    »Ich wußte immer, wann sie kamen. Manchmal mit Packpferden, ein andermal mit Gefangenen – Flüchtlingen. Sie waren frech wie Rotz. Damals in der Nacht…«
    »Er weiß nichts, Sir«, unterbrach Chesshyre. »Man sollte ihn von seinem Elend erlösen.«
    Der Blinde wandte sich dem Segelmeister zu, als wolle er sein Gesicht studieren, dann setzte er trotzig hinzu: »Ich war noch oft dort, wissen Sie das?« Die dürren Arme um die Knie geschlungen, kicherte er: »Auch nachher. So gut kenne ich den Platz.«
    Mühsam zügelte Bolitho seine Ungeduld. »Welchen Platz?
    Hilf mir, bitte. Es soll dein Schaden nicht sein.«
    Mit überraschender Wut fuhr der Mann zu ihm herum.
    »Ihr stinkendes Gold können Sie behalten! Ich will nur Rache, Rache für das, was sie mir angetan haben!«
    Chesshyre beugte sich zu dem Blinden hinunter. »Kapitän Bolitho ist ein Ehrenmann, er hält sein Wort. Sag ihm, was er wissen muß, und ich verspreche dir, daß er sich um dich kümmern wird.«
    Wieder kicherte der Mann gespenstisch. Bolitho hörte die kleine Schar hinter sich enger zusammenrücken.
    »Wie heißt du?« fuhr Chesshyre fort.
    Der Blinde duckte sich wie aus Angst vor Schlägen. »Das sage ich nicht!« Er drehte den Kopf in Bolithos Richtung und tastete wieder nach seinem Arm. »Das muß ich doch nicht sagen, oder?« Es klang gehetzt.
    »Nein.« Bolithos Mut sank; dieses Bindeglied erwies sich nun doch als zu schwach. Wieder eine enttäuschte Hoffnung.
    Mit einer Entschlossenheit, die alle überraschte, erhob sich der Blinde. »Dann bringe ich Sie hin«, sagte er.
    Bolitho konnte ihn nur anstarren. »Wann?«
    »Jetzt natürlich.« Das kam fast ärgerlich heraus. »Oder soll uns ganz Sheppey dabei zusehen?«
    Laut stieß Chesshyre den Atem aus. »Verdammt will ich sein!«
    So hatte auch Herrick geflucht, wenn ihn etwas völlig überraschte. Bolitho griff nach des Blinden Hand. »Danke.
    Ich danke dir.«
    Der verbundene Kopf hob sich. »Aber niemand sonst kommt mit, klar?«
    Bootsmann Christie murmelte: »Mehr will er nicht?
    Kommt gar nicht in Frage!«
    Bolitho blickte Chesshyre an. »Ich tue, was er verlangt. Ich
muß
ihm trauen, er ist alles, was ich habe.«
    Der Segelmeister wandte seinem Trupp den Rücken zu.
    »Aber das hieße, das Unglück direkt herauszufordern, Sir.
    Bestenfalls ist er ein armer Irrer, der nicht weiß, was er sabbert, aber er kann auch ein Lockvogel sein, den uns jemand geschickt hat. Vielleicht der Kerl von vorhin?«
    Bolitho schritt zu dem Boten hinüber, den seine Leute noch immer festhielten. »Hast du irgendwem davon erzählt?
    « Für sich selbst setzte er hinzu: Und was noch wichtiger ist, wirst du hinterher davon erzählen?
    »Ich schwöre Ihnen, Sir, beim Leben meines Sohnes: Ich schwöre, daß ich keinem was gesagt habe!«
    Bolitho wandte sich an Chesshyre. »Trotzdem – nehmen Sie ihn nachher mit an Bord. Im Augenblick hat er vielleicht zuviel Angst, um uns zu verraten, aber wer weiß? Und sollte mir etwas zustoßen, dann überantworten Sie den Mann den Dragonern.« Sein Ton wurde scharf. »Falls das passiert, soll er den Galgenvögeln oben beim Kreuzweg Gesellschaft leisten!«
    Verzweifelt fragte Chesshyre: »Und was soll ich Mr. Paice sagen, Sir?«
    In der Dunkelheit versuchte Bolitho, sein Gesicht zu erkennen. Dann antwortete er laut und mit Betonung: »Sagen Sie ihm, ich sei mit einem Freund gegangen. Und daß wir beide in Gottes Hand sind.«
    Chesshyre wollte sich noch immer nicht damit abfinden.
    »Sir, ich weiß wirklich nicht … In all meinen Dienstjahren …«
    »Bei allem gibt es ein erstes Mal. Und jetzt macht euch davon.«
    Er sah zu, wie ein Mann nach dem anderen in der Dunkelheit verschwand, und merkte, daß sie dabei so dicht wie möglich an ihm vorbeistrichen, als wollten sie von ihm Abschied

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