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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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nehmen. Chesshyre reichte ihm die schwielige Hand. »Jawohl, hoffen wir, daß Gott heute nacht am Ruder steht, Sir.« Damit ging auch er.
    Bolitho streckte die Hand aus und half dem Blinden auf den Pfad. »Meinetwegen kann’s losgehen.«
    Sein Kopf fühlte sich seltsam leicht an. Auf der Zunge hatte er einen so bitteren Geschmack, als würde ihm gleich übel. Dieser Unbekannte mochte ja in gutem Glauben handeln, konnte aber trotzdem so verwirrten Geistes sein, daß er Phantasie und Wirklichkeit verwechselte.
    Der Mann hob einen schweren Knüppel auf – eine jämmerliche Waffe, die er auf seinen vom Hunger diktierten Streifzügen irgendwo gefunden hatte – und sagte mit seiner seltsam pfeifenden Falsettstimme: »Hier entlang.« Er zögerte.
    »Passen Sie auf, wohin Sie treten. Da oben ist ein Zaun.«
    Bolitho mußte schlucken. Wer war hier eigentlich blind von ihnen beiden?
    Eine Stunde später waren sie immer noch unterwegs und hielten nur an, wenn der bandagierte Kopf sich suchend von einer Seite zur anderen wandte. Um einen Geruch zu prüfen, ein Geräusch? Bolitho wußte es nicht. Vielleicht hatten sie sich längst verirrt.
    In der Ferne hörte er Hunde bellen, und einmal wäre er fast gestürzt, als eine Schar Rebhühner laut surrend unmittelbar vor seinen Füßen abstrich. Der Blinde wartete, bis er wieder heran war, dann murmelte er: »Da drüben – was sehen Sie da?«
    Bolitho starrte ins Finstere, bis er etwas noch Schwärzeres vor sich aufragen sah. Eine kalte Hand griff nach seinem Herzen. Sie waren aus einer anderen Himmelsrichtung gekommen, aber ohne jeden Zweifel standen sie vor dem unheimlichen Hain mit dem verbrannten Baumstumpf in der Mitte.
    Der Blinde schien seine Reaktion zu studieren; dann brach er wieder in sein leises, gespenstisches Kichern aus.
    »Dachten wohl, ich finde nie hierher, was, Kapitän?«
    Etwa um dieselbe Zeit versuchte Chesshyre dem Kommandanten und seinem Ersten zu erklären, weshalb Bolitho nicht mit ihm zurückgekehrt war. Die Bootscrew lag keuchend an Deck und erholte sich von dem harten Pullen.
    Paice explodierte: »Sie haben ihn zurückgelassen? Allein und ohne Unterstützung? Bei allen Heiligen …«
    Chesshyre protestierte: »Er gab mir den Befehl, Sir. Sie sollten mich doch besser kennen. Ich würde nie …«
    Paice packte ihn so hart an der Schulter, daß der Segelmeister zusammenzuckte. »Natürlich. Entschuldigen Sie, Mr. Chesshyre. Verdammt, er wollte ja auch mich nicht dabeihaben!
    «
    »Und was wird jetzt, Sir?« fragte Triscott.
    »Jetzt?« Paice seufzte aus tiefster Brust. »Er hat mir Anweisungen gegeben für den Fall, daß das Boot ohne ihn zurückkehrt.« Traurig sah er Chesshyre an. »Das war ebenfalls ein Befehl.« Und mit einem Blick zum sternenklaren Himmel: »Wir gehen ankerauf. Wenn wir im ersten Licht hier gesehen werden, kann jeder selbst die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Aber falls dieser Kerl«, wütend starrte er den gefesselten Boten an, »falls der hier ein Verräter ist, dann werde ich, das schwöre ich bei Gott, ihn selbst am Strick zur Rah hinauf ziehen!« Mühsam beherrscht befahl er: »Setzen Sie das Boot wieder ein, Mr. Triscott. Wir machen uns auf den Weg.«
    Im nächsten Augenblick klatschte etwas neben der Bordwand ins Wasser, und eine überraschte Stimme gellte: »Mann über Bord, Sir!«
    Doch Paice schüttelte nur den Kopf. »Belege das. Ich hätte nicht so offen sprechen sollen. Das war sein Junge, Matthew Corker. Er muß meine Worte mitbekommen haben.
    «
    Triscott gab zu bedenken: »Auch wenn wir das Boot wieder aussetzen – einholen würden wir ihn nicht mehr.«
    Paice lauschte den regelmäßigen Kraulstößen. »Er ist ein guter Schwimmer.«
    »Was kann er denn schon ausrichten, Sir?« fragte Chesshyre.
    Entschlossen wandte Paice der See den Rücken und verdrängte den Gedanken an den Jungen, der sein Leben riskierte, um dem verehrten Idol zu Hilfe zu kommen. Er erinnerte ihn zu sehr an den Sohn, den er sich immer gewünscht hatte. Und den sie im Schoß trug, als man sie so brutal niederschoß.
    Heiser befahl er: »Bringen Sie das Schiff in Fahrt! Wenn dem Jungen etwas zustößt, mache ich …« Er konnte nicht weitersprechen.
    Eine halbe Stunde später, als das Stundenglas wieder gedreht wurde, breitete
Telemachus
ihre großen lohfarbenen Flügel aus und glitt hinaus in die Nordsee. Draußen ging sie dann über Stag und hielt westwärts auf Sheerness zu.
    Paice übergab das Deck seinem Stellvertreter und ging nach

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