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Des Rajahs Diamant

Titel: Des Rajahs Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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falsches Spiel mit mir zu treiben, und nicht einen, ehrlich zu verfahren. Auch ich bin nicht hier, mich über Ausdrücke herumzustreiten. Sie wollen den Diamanten für sich haben, Sie wissen, daß es so ist, Sie wagen es nicht zu leugnen. Haben Sie nicht schon meinen Namen gefälscht und meine Wohnung in meiner Abwesenheit durchstöbert? Ich verstehe die Gründe Ihres Aufschubs; Sie liegen im Hinterhalt, Sie sind in Wahrheit der Diamantenjäger, und früher oder später, auf diese oder jene Weise wollen Sie Ihre Hände darauf legen. Ich sage Ihnen, das muß aufhören; treiben Sie mich nicht weiter, oder Sie sollen sich wundern!«
    »Es steht Ihnen übel an, mir zu drohen,« eiferte Vandeleur dagegen. »Mein Bruder befindet sich in Paris; die Polizei fahndet nach dem Dieb, und wenn Sie nicht aufhören, mich mit Ihrem Gejammer zu plagen, so werde ich Ihnen meinerseits eine kleine Überraschung bereiten, Herr Rolles. Abermeine Überraschung wird ein für allemal mit der Sache aufräumen. Verstehen Sie mich, oder soll ich's Ihnen lieber auf hebräisch sagen? Alles hat seine Grenze, und Sie haben meine Geduld erschöpft. Dienstag beim Abendessen um sieben, nicht einen Tag, nicht eine Stunde, nicht einmal ein Teilchen einer Sekunde früher, und gälte es, Ihr Leben zu retten. Und wollen Sie nicht warten, so fahren Sie meinetwegen in den bodenlosen Abgrund, mir soll's recht sein!«
    Bei diesen Worten erhob sich der Diktator von der Bank und ging, kopfschüttelnd und seinen Stock wütend herumschwingend, in der Richtung auf den Montmartre zu fort, während sein Gefährte mit dem Ausdruck großer Niedergeschlagenheit sitzenblieb.
    Franz war vor Überraschung und Entsetzen außer sich, seine Gefühle hatten den denkbar schmerzlichsten Stoß erlitten; die zärtliche Hoffnung, mit der er hinter die Bank getreten war, hatte sich in Abscheu und Verzweiflung verwandelt. Doch bewahrte er seine Geistesgegenwart und versäumte keinen Augenblick, der Spur des Diktators zu folgen.
    Die zornige Wut ließ diesen mit heftigen Schritten ausgreifen und nahm ihn so in Anspruch, daß er keinen Blick hinter sich warf, bis er vor seiner eigenen Tür ankam.
    Sein Haus stand hoch oben in der Lepicstraße, von wo man ganz Paris übersehen kann. Es war zwei Stock hoch, hatte grüne Jalousien, und alle Fenster nach der Straße zu waren hermetisch geschlossen. Baumspitzen schauten über die hohe Gartenmauer,die mit spanischen Reitern geschützt war. Der Diktator blieb einen Augenblick stehen, um nach dem Schlüssel in der Tasche zu suchen, dann öffnete er ein Tor und verschwand hinter der Mauer.
    Franz sah sich um, die Gegend war sehr einsam, das Haus stand allein in einem großen Garten. Es schien, als böte sich zu weiteren Nachforschungen keine Gelegenheit. Beim zweiten Umblick gewahrte er jedoch ein hohes Haus daneben, dessen Giebelseite nach dem Garten schaute, und in der Giebelwand ein einziges Fenster. Er trat vor dieses Haus und sah einen Zettel angeschlagen, auf dem unmöblierte Zimmer zum Mieten angeboten wurden. Auf seine Anfrage wurde ihm sodann der Bescheid, daß das Giebelzimmer frei sei. Franz zögerte keinen Moment, er nahm das Zimmer, bezahlte die Miete einen Monat voraus und kehrte zu seinem Gasthaus zurück, um sein Gepäck zu holen.
    Mochte der Alte mit der Narbe sein Vater sein oder nicht, und mochte er sich auf richtiger oder falscher Fährte befinden, jedenfalls war er einem großen Geheimnis auf der Spur, und er gab sich selbst das Versprechen, in seinem Forschen nicht eher nachzulassen, bis er diesem Geheimnis auf den Grund gekommen wäre.
    Von dem Fenster seiner neuen Wohnung konnte Scrymgeour den Garten des Hauses mit den grünen Jalousien übersehen. Unmittelbar unter seinem Standpunkt beschattete ein schöner Kastanienbaum mit seinen weiten Ästen ein paar Gartentische. Auf allen Seiten außer einer ließ eine üppige Vegetation den Blick nichtbis auf den Boden dringen; nur zwischen den Tischen und dem Hause sah er einen Kiesweg, der von der Veranda zum Gartentor führte. Indem Franz seine Beobachtungen zwischen den Latten der Fensterläden hindurch anstellte, die er, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, nicht zu öffnen wagte, konnte er nur wenig entdecken, woraus er auf die Lebensweise der Bewohner hätte schließen können, und dieses wenige zeugte nur von strengster Zurückgezogenheit und Liebe zur Einsamkeit. Der Garten sah aus wie der eines Klosters, das Haus wie ein Gefängnis. Die grünen Jalousien waren sämtlich

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