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Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Titel: Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav A Horn
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gesichert, dass zusätzliche Investitionen geleistet werden – sie werden ja nur dann gefördert. Der Konjunkturimpuls wird kommen.
     Zugleich erhöht man das langfristige Wachstumspotenzial, indem die ohnehin unvermeidliche – und gewünschte – Energiewende
     beschleunigt wird. Der Erfolg solcher Maßnahmen ist mittlerweile vielfach belegt. Als Musterbeispiele |239| gelten die Zulagen für Wärmedämmung in Privathaushalten oder die Förderung der Solarenergie. Selbstverständlich sollte es
     bei jedem Konjunkturprogramm um ein neues Thema gehen. So lassen sich Abnutzungseffekte und Überinvestitionen vermeiden.
    Ein eher umstrittenes Instrument, um die Konjunktur zu stimulieren, sind Senkungen der Einkommensteuer. Auf der einen Seite
     sind sie relativ rasch umzusetzen und führen damit schnell zu höheren Nettoeinkommen. Die Hoffnung ist, dass diese Maßnahme
     den Konsum anregt. Aber es gibt dabei auch ein Problem. Auf der anderen Seite können von niedrigeren Steuern nur jene profitieren,
     die Steuern zahlen. Die niedrigen Einkommen werden also überhaupt nicht entlastet. Der Effekt setzt erst bei mittleren Einkommen
     ein, ist dort aber noch vergleichsweise gering. Die höchste Entlastung ist bei den hohen Einkommen zu erwarten. Das sind aber
     genau die Einkommen, bei denen am meisten gespart wird. Wenn die Steuersenkungen aber nur zu mehr Ersparnissen führen, sind
     sie folglich konjunkturell nicht wirksam – also nutzlos.
    Das war auch von wissenschaftlichem Interesse. Das Ergebnis ist aussagekräftig. Die meisten empirischen Untersuchungen zeigen
     einen Multiplikatoreffekt von deutlich kleiner als eins an. Das heißt, von jedem Euro, den der Staat durch niedrigere Steuern
     nicht einnimmt, geht deutlich weniger als 1 Euro in den Konsum und damit in die Konjunkturbelebung. Das ist wenig im Vergleich
     zu höheren öffentlichen Investitionen, die zumeist eine Multiplikatorwirkung von mehr als eins haben. 1 Euro, der hierfür
     verwendet wird, löst Ausgaben in mindestens der gleichen Größenordung aus. Die Effektivität von Steuersenkungen ist der von
     öffentlichen Investitionen also deutlich unterlegen.
    Man könnte diesen Nachteil vermindern, indem, wie es im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz angelegt ist, die Steuersenkungen
     zeitlich begrenzt werden. Das erhöht den Druck, in dieser Phase möglichst viel Einkommen zu erzielen, führt also wie erwünscht
     zu vermehrten Anstrengungen in einer schwachen Konjunktur. Außerdem hat eine zeitliche Begrenzung den großen Vorteil, dass
     die Belastung der öffentlichen Haushalte gleichfalls zeitlich begrenzt bleibt.
    |240| Noch zielgerichteter wäre es, überhaupt nicht bei der Einkommensteuer anzusetzen, sondern bei der Abgeltungsteuer auf Kapitaleinkünfte.
     Hier müsste man allerdings gegenläufig vorgehen. Die Abgeltungsteuer sollte also während einer konjunkturellen Schwächephase
     erhöht werden. Das bedeutet: Kapitaleinkünfte lohnen sich in diesem Zeitraum weniger. Es ist also für Anleger in dieser Phase
     relativ lohnender, ihr verfügbares Einkommen auszugeben, anstatt es anzulegen. Damit gelangt es direkt in den Wirtschaftskreislauf.
     Auf diese Weise trägt es mehr dazu bei, die Wirtschaft zu beleben. Zwar würde es dann als Finanzkapital letztlich für Investitionen
     der Unternehmen zur Verfügung stehen. Eine Konjunkturkrise zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass die Unternehmen sich
     aus Unsicherheit scheuen, groß zu investieren. Das gilt zumindest für die Volkswirtschaft, die sich in der Konjunkturkrise
     befindet. Lieber investieren sie dann dort, wo die Konjunktur gut läuft. Das nützt der heimischen Wirtschaft auf kurze Sicht
     rein gar nichts. Daher ist eine zeitweilig erhöhte Abgeltungsteuer ein sinnvoller Weg, um private Mittel zu mobilisieren –
     und so die Konjunktur anzutreiben.
    Alle diese Maßnahmen dienen dazu, das konjunkturpolitische Instrumentarium der Finanzpolitik effektiver zu machen. Dafür müssen
     jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss die Wirtschaftpolitik in Zukunft überhaupt bereit sein, dieses
     optimierte Instrumentarium einzusetzen. Es bringt nichts, wenn sie wie gehabt in schlichter Manier auf die Selbstheilungskräfte
     des Marktes vertraut. Zum Zweiten müssen die institutionellen Voraussetzungen dafür gegeben sein, dass die vorgeschlagene
     Politik funktionieren kann. Und genau das ist in Deutschland leider keine Selbstverständlichkeit.
    Konjunkturelles Sorgenkind

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