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Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Titel: Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav A Horn
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     als 150 Prozent des mittleren Einkommens verdienen. Zugenommen hat aber auch die Gruppe derjenigen, die weniger als 50 Prozent
     des mittleren Einkommens verdienen, das ist die Unterschicht der Einkommensbezieher. Deren Kaufkraft hat in dem untersuchten
     Zeitraum sogar abgenommen.
    Die logische Konsequenz aus beidem: eine schrumpfende Mittelschicht. Ihre Kaufkraft hat dabei mehr oder minder stagniert.
     Man kann also mit Fug und Recht von einem Ausfransen der Gesellschaft sprechen. Es gibt mehr Reichtum, aber es gibt auch mehr
     Armut. Dieser erschreckende Befund deutet auf tief greifende Verwerfungen. Denn hinter dieser Tendenz steht auch, dass sich
     immer mehr Menschen in Deutschland um ihre finanzielle Situation sorgen. Das gilt besonders für die Mittelschicht. 25 Insofern hat der wachsende Verdruss über die Wirtschaftspolitik eine durchaus reale wirtschaftliche Grundlage. Diese Ergebnisse
     wurden in einer Nachfolgestudie 2010 bestätigt. 26 Ein deutliches Warnsignal, wie ich meine.
    Wirtschaftspolitische Denkfehler in Sachen Ungleichheit
    Tatsächlich hat die Wirtschaftpolitik der vergangenen zehn Jahre eine andere Republik geschaffen. Genau das war ja auch beabsichtigt.
     Von »modernen« Wirtschaftspolitikern wurde die deutsche Wirtschaft damals schließlich als »dringend reformbedürftig« eingestuft.
     Diese Einschätzung gilt noch immer, denn die Reformen konnten ihren Verfechtern in Politik und Wissenschaft nie weit genug
     gehen. Jede kleine Krise wird als Beleg für weiteren Reformbedarf in die gleiche Richtung gesehen. Eine bemerkenswerte Radikalisierung
     vor allem des wirtschaftspolitischen Denkens, aber auch des Handelns ist die Folge.
    |64| Die Philosophie all dieser Reformen materialisiert sich in der zunehmenden Ungleichheit. Ich denke, sie ist geradezu ein Markenzeichen
     der Reformbemühungen. In ihr spiegeln sich zwei Kernforderungen des ökonomischen Mainstreams wider: Man möchte erstens die
     sozialen Risiken stärker auf die Individuen verlagern und zweitens die Beschäftigten in größerem Umfang an den unternehmerischen
     Risiken beteiligen. Grundlage dieser Forderungen ist die ökonomische Theorie des rationalen individuellen Handelns, es handelt
     sich also um mikroökonomische Ansätze. Deshalb ist ein erneuter Blick in die Lehrbücher nötig. Die dort vertretenen Theorien
     gehen davon aus, dass Erwerbsarbeit grundsätzlich ein Übel ist, das man nur in Kauf nimmt, wenn man dafür ausreichend gut
     bezahlt wird. Umgekehrt ist Freizeit, definiert als Zeit ohne Erwerbsarbeit, ein Gut, dessen Besitz nur zu einem hinreichend
     hohen Preis zu haben ist. Es ist völlig logisch und entspricht rationalem Verhalten, dass in diesem Modell die Zahlung von
     Arbeitslosengeld wie eine Subventionierung von Freizeit wirkt. Die Menschen wollen in dieser Lesart dann eben weniger arbeiten
     und mehr Freizeit konsumieren. Dieser so gesehen mangelnde Anreiz, eine Arbeit aufzunehmen, ist der Kern der Arbeitsmarktreformen
     – er rechtfertigt viele Maßnahmen.
    Ähnlich gelagert sind die theoretischen Rechtfertigungen, unternehmerische Risiken auf die Arbeitnehmer zu verlagern. Sie
     gründen sich auf die – wiederum einzelwirtschaftliche – Überlegung, dass sich ein Unternehmen, dem es aus welchen Gründen
     auch immer schlecht geht, durch Lohnkürzungen retten kann. Indem es seine Kosten durch geringere Lohnzahlungen senkt, erhöht
     es seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Unternehmen. Es kann niedrigere Preise verlangen, auf diese Weise seinen Absatz
     steigern und sich schließlich retten. Folgt man dieser in sich schlüssigen Logik, dann wäre es möglich, durch geeignete Arbeitsmarktreformen,
     welche die Ansprüche von Arbeitslosen möglichst niedrig halten, und durch Flexibilisierung der Lohnbildung mehr Beschäftigung
     zu schaffen. Klingt doch eigentlich nach einer guten Idee.
    |65| Der Reformprozess ist zwangsläufig – auch in den Augen seiner Befürworter – zunächst mit wachsender Ungleichheit verbunden.
     Sie ist geradezu eine Voraussetzung für den Erfolg der Reformen. Nur wenn Arbeitslose ein deutlich geringeres Einkommen haben
     als jene, die arbeiten, werden sie sich um eine Stelle bemühen und sie auch bekommen. Nur wenn Arbeitnehmer Lohnverzicht leisten
     und die Gewinneinkommen steigen, können sie ihren Arbeitsplatz erfolgreich verteidigen und die Beschäftigung bleibt erhalten.
     Erst dann besteht die Chance, infolge eines erfolgreichen Reformprozesses

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