Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
während des Aufschwungs, als konjunkturelle
Stimulanz gerade nicht erforderlich war, als Akt der Gerechtigkeit gegenüber hoch belasteten Bürgern vertreten wurde –, in
der Krise plötzlich zum anscheinend wirksamsten Instrument der Konjunkturförderung. Eine interessante Uminterpretierung!
Was aber hilft wirklich schnell und effizient? Die Antwort hängt nicht zuletzt von den institutionellen Gegebenheiten einer
Volkswirtschaft ab. Es geht dabei um die Frage, welche staatliche Instanz finanziell und institutionell in der Lage ist, rasch
und effizient zu reagieren. In einem zentralistisch organisierten Staat wie Frankreich, wo die Zentralregierung so handeln
kann, fällt die Antwort wesentlich leichter als in einem föderalen Staat wie der Bundesrepublik Deutschland. Hier sind neben
der Bundesregierung die Landesregierungen und vor allem die Kommunen wichtig. Alle diese Instanzen müssen sich abstimmen.
Das ist schon schwierig genug. Hinzu kommt, dass die finanziellen Möglichkeiten häufig nicht den wirtschaftpolitischen Kompetenzen
entsprechen. So leisten die Kommunen zwar den größten Teil der öffentlichen Investitionen. Sie sind aber meist finanziell
so schlecht ausgestattet und durch das grundsätzliche Verbot, sich |143| zu verschulden, in ihrer Handlungsfähigkeit so eingeschränkt, dass sie aus eigener Kraft keine Konjunkturprogramme auflegen
können.
All das spielt eine Rolle, wenn über Konjunkturprogramme entschieden wird. Ideal wäre es nun, man könnte im Bedarfsfall auf
wissenschaftliche Studien zurückgreifen, in denen unter den konkreten institutionellen Bedingungen einer Volkswirtschaft eine
Rangfolge sinnvoller, die Konjunktur stimulierender Maßnahmen ermittelt wird. Solche aktuellen Studien gab es für Deutschland
zu Beginn der Krise nicht. Das ist wirklich ein schwerwiegendes Versagen der wissenschaftlichen Politikberatung in Deutschland
– ich denke da insbesondere an die wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute, deren Präsidenten sich ansonsten gerne
mit der Aura des Allwissenden umgeben. Teilweise ist dieses Versagen erklärlich. Die meisten glaubten nicht an die Wirksamkeit
von Konjunkturprogrammen. Warum also sollten sie Studien zu deren Wirksamkeit verfassen? Die Andersdenkenden wiederum, die
an die Wirksamkeit glaubten, waren so in die Grundsatzdebatte um deren prinzipielle Wirksamkeit verstrickt, dass sie die konkrete
Ausgestaltung vernachlässigten. Man kann also zu Recht von einer mangelhaften intellektuellen Krisenvorsorge seitens der Wissenschaft
sprechen – und so von einer mangelhaften Vorbereitung der Politik.
Konjunkturpolitische Maßnahmen
Diese Kritik bezieht sich vor allem auf Deutschland. In den USA und von internationalen Organisationen gab es sehr wohl Untersuchungen
zu diesem Thema. Douglas Elmendorf und Jason Furman hatten bereits im Vorfeld der Krise für die USA untersucht, welche fiskalpolitischen
Maßnahmen besonders gut wirken und wie ein gutes Konjunkturprogramm gestaltet sein sollte. 45 Weltweit spielten ihre Schlussfolgerungen für viele Konjunkturprogramme während der Krisenzeit eine große Rolle. Ihre Erkenntnisse
lassen sich als die drei großen T zusammenfassen. Ein Konjunkturprogramm sollte |144| demnach
t imely
,
t argeted
und
t emporary
sein. Auf Deutsch: Es sollte rechtzeitig, zielgerichtet und von begrenzter Dauer sein. Schauen wir uns diese drei Aspekte
etwas näher an.
Ein rechtzeitig
( timely
) zu Beginn einer Rezession aufgelegtes Programm verhindert, dass die Produktion und vor allem die Erwartungen zu stark abstürzen,
und mildert dadurch den Einbruch ab. Wird länger gewartet, bis eine Rezession sich voll entfaltet hat, benötigt man mehr Mittel,
um den gleichen Effekt zu erzielen, da die Erwartungen mittlerweile schon zu pessimistisch sind. Es bedarf dann stärkerer
Impulse, um Unternehmen Anreize für mehr Investitionen zu geben.
Ein Konjunkturprogramm sollte zielgerichtet
( targeted
) sein, damit die verwendeten finanziellen Mittel möglichst schnell zu Ausgaben werden. Nur diese spülen Erlöse in die Kassen
der Unternehmen, die wiederum Produktion und Beschäftigung nach sich ziehen. Die Fiskalpolitik sollte daher alles dafür tun,
dass Mittel aus den Konjunkturprogrammen nicht letztendlich doch auf den Sparkonten von privaten Haushalten oder Unternehmen
landen. Das wäre reine Vergeudung.
Schließlich sollten Konjunkturprogramme nur temporär
( tem
porary
)
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