Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
angelegt sein. Es geht bei einem Konjunkturprogramm ja darum, in einer Krisensituation die Volkswirtschaft möglichst rasch
wieder auf ein höheres Produktions- und Beschäftigungsniveau zu bringen. Es ist daher ein probates Mittel, einen gewissen
Zeitdruck für die Inanspruchnahme finanzieller Unterstützung zu erzeugen. Nur so werden Unternehmen und private Haushalte
dazu angeregt, trotz der widrigen Umstände einer Rezession möglichst schnell Geld auszugeben. Gäbe es die Vergünstigungen
auf Dauer, würden sie warten, bis sich die wirtschaftlichen Umstände wieder verbessert haben. Aber damit wäre der Zweck eines
Konjunkturprogramms völlig verfehlt und das Geld vergeudet. Dieses Kriterium schließt permanente Steuersenkungen, die in Deutschland
von CSU und FDP als Instrument der Konjunkturpolitik angepriesen wurden, selbstredend aus.
Zahlreiche Untersuchungen für die USA und Deutschland zeigen |145| außerdem, dass höhere Staatsausgaben und gezielte Investitionsanreize eine wesentlich deutlichere konjunkturelle Wirkung haben
als pauschale Steuersenkungen. 46 Es zeigt sich auch, dass Konjunkturprogramme umso wirksamer sind, je niedriger zu Beginn des konjunkturellen Einbruchs die
Staatsverschuldung ist. Ein hoch verschuldeter Staat würde also doppelte Schwierigkeiten haben, die Konjunktur anzuregen.
Wegen der bereits vorhandenen hohen Schulden bekommt ein solcher Staat auf den Kapitalmärkten finanzielle Mittel zur Finanzierung
des Programms nur zu relativ hohen Zinsen. Das vermindert dann auch noch die Wirkung des Programms, weil die Glaubwürdigkeit
beeinträchtigt ist. Erstens regen sich dann Zweifel an einer termingerechten Bedienung der Schulden. Und zweitens entstehen
Zweifel an der finanziellen Handlungsfähigkeit des Staates. Beides vergrößert die Unsicherheit, und das wiederum erschwert
das Wirken konjunktureller Stimuli. Mein Fazit: Das alles ist ein starkes Argument für eine solide Haushaltpolitik in Zeiten,
in denen keine Konjunkturkrise herrscht.
Gegner der Konjunkturprogramme weisen immer wieder auf eine Studie von Cogan und anderen hin, die eine nur sehr begrenzte
Wirkung von Konjunkturprogrammen entdeckt haben. 47 Diese Studie setzt jedoch die Gültigkeit genau jener ökonomischen Modellklasse voraus, die – entsprechend dem Vorkrisen-Mainstream
– keine fundamentale Unsicherheit kennt. Dass unter solchen Voraussetzungen Konjunkturprogramme nur von begrenztem Nutzen
sind, ist wenig überraschend.
Das erste Konjunkturprogramm
Die empirischen Vorrausetzungen für eine korrekte Einschätzung konjunkturpolitischer Maßnahmen in Deutschland waren also eher
dürftig. Vor diesem nicht allzu ermutigenden Hintergrund rang sich die Bundesregierung Anfang November 2008 doch noch zu einem
Konjunkturprogramm durch. Vom gesamten Volumen her war |146| dieses Programm nur ein Tropfen im Ozean der Krise. Aber es enthielt nach der Kontengarantie den zweiten Geniestreich im Krisenmanagement
der Großen Koalition.
Das Volumen des ersten Konjunkturpakets betrug für 2009 und 2010 knapp 12 Milliarden Euro. 48 Das ist nicht einmal ein halber Prozentpunkt des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Mit einem solch geringfügigen Volumen die tiefste
Krise der Nachkriegszeit bekämpfen zu wollen, das war schon ein verwegener Gedanke. Er ist nur aus den geschilderten Widerständen
und Widrigkeiten heraus zu verstehen. Es konnte sich allenfalls um einen symbolischen Akt handeln. Die Regierung wollte mit
diesem Paket der Bevölkerung und den europäischen Partnern – vor allem Frankreich, das auf koordinierte Maßnahmen drängte
–, zeigen, dass man die Krise ernst nahm. Mehr aber auch nicht. Die »Lahmheit« der Reaktion wird durch den Inhalt des Pakets
zumindest teilweise ausgeglichen. Denn die Maßnahmen, die von ihrem Volumen her völlig unzureichend waren, erwiesen sich als
äußerst effektiv – sieht man einmal von der in diesem Kontext kuriosen Befreiung von der Kfz-Steuer ab. Die verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten,
die höheren Verkehrsinvestitionen und auch die Aufstockung von KfW-Programmen zur Gebäudesanierung zeigten für sich genommen
deutliche Wirkungen.
Das Glanzstück des Programms war jedoch die Verlängerung der Kurzarbeitsregelung in Kombination mit Qualifizierungsmaßnahmen.
Zusammen mit der höheren internen Flexibilisierung der Arbeitszeit in den Unternehmen sorgten diese Maßnahmen dafür, dass
der massive Produktionseinbruch in
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