Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
wird
diesen Akteuren in Notlagen nicht zu Hilfe eilen. Das erhöht das Risiko für Geschäfte dieser Art und verleiht Banken einen
deutlichen Vorteil. Aber genau das ist aus Gründen der systemischen Sicherheit gewollt.
Die zweite Regel – gleiche Geschäfte werden gleich reguliert – dient zwei Zielen. Erstens sollte auch Akteuren außerhalb des
Bankensektors nicht alles erlaubt sein. Gefährliche Produkte oder Verhaltensweisen, die die Stabilität des gesamten Finanzsystems
infrage stellen könnten, müssen beschränkt oder verboten werden. Zweitens sollte es keine Anreize für Banken geben, wegen
vielversprechender Renditeerwartungen indirekt doch riskante Geschäfte zu betreiben. Das könnten die Banken tun, indem sie
diese Geschäfte, auf welchem Weg auch immer, auf ihnen verbundene Nicht-Banken verlagern. Das kann eine Zweckgesellschaft
sein, also eine Tochterfirma, die keine Bank ist. Die Gründung solcher Nicht-Banken ist zwar mittlerweile durch strengere
Regulierungsvorschriften kaum noch möglich. Aber darauf sollte man nicht zu sehr vertrauen, schließlich können mit ausreichend
Fantasie immer wieder neue Wege gefunden werden. Daher ist es sinnvoll, dass die erlaubten Geschäfte generell durch die Regulierungsbehörden
definiert und entsprechend ihrem Risikopotenzial |197| beschränkt oder verboten werden, und zwar unabhängig davon, wer diese Geschäfte durchführt. Damit verschwindet der Anreiz,
riskante Geschäfte auf weniger regulierte Institutionen zu verlagern.
Der Kampf um die Eigenkapitalrücklage
Finanzmarktgeschäfte müssen mit einer deutlich höheren Rücklage an Eigenkapital abgesichert werden als früher. Diese Forderung
wird mittlerweile von allen Seiten unterstützt. Aber was genau ist damit gemeint? Für jeden Euro, der zum Beispiel im Rahmen
eines Kreditgeschäfts ausgeliehen wird, muss ein bestimmter Betrag an Eigenkapital vorhanden sein, der, falls der Kredit notleidend
wird oder gar platzt, als Sicherheit zur Verfügung steht. Die Erhöhung dieses Betrags sollte vor allem für Bankgeschäfte,
aber prinzipiell auch für alle anderen Transaktionsformen im Finanzsektor gelten.
Die Höhe dieser Rücklage bestimmt entscheidend den Aktionsradius eines Akteurs auf dem Finanzmarkt. Je höher sie ist, über
desto mehr Kapital muss er verfügen, um diese Geschäfte überhaupt durchführen zu können. Dieses Kapital muss erst erwirtschaftet
oder vom Kapitalmarkt in Form neuer Aktien oder anderer Eigentumsbeteiligungen zur Verfügung gestellt werden. Durch einen
zwangsweise erhöhten Einsatz von Eigenkapital verringert sich jedoch dessen Rendite. Und das führt zu einem für den gesamten
Finanzsektor schmerzhaften Anpassungsprozess. Die Zeit überhöhter Finanzrenditen wäre dann endgültig vorbei, und damit dürfte
der gesamte Finanzmarkt merklich an Dynamik verlieren. Der Finanzmarkt als Quelle für ungeheuren Reichtum wird dann wohl weniger
sprudeln, in Einzelfällen wird die Quelle sogar versiegen. Das im wahrsten Sinne goldene Zeitalter der Finanzmarktakteure
wäre vorbei. Horrende Bonuszahlungen und rasch erworbener Reichtum durch riskante finanzielle Operationen gehörten dann der
Vergangenheit an. Zudem dürften sich die Ausschüttungen an Aktionäre verringern |198| und der für sie lukrative Rückkauf von Aktien wäre wesentlich seltener. Aber demgegenüber stehen unbestrittene Vorteile: Die
Sicherheit des Finanzsystems wäre erhöht und die Staaten besser geschützt vor den gleichsam erpressten Milliardenzahlungen
zur Rettung eines in Schieflage gebrachten Finanzsystems.
Diese Vorschriften bringen so einiges in Bewegung und würden den Finanzmarkt grundlegend verändern. Daher ist es nicht verwunderlich,
dass die Diskussion darüber einen Großeinsatz der Lobbyisten aus dem Finanzsektor und insbesondere aus dem Bankensektor auslöste.
Es geht eben um sehr viel Geld. Es geht um die Interessen des Reichtums. Die Taktik der Lobbyisten ist äußerst gewieft, aber
auch riskant. Auf der einen Seite beschreiben auch sie eine höhere Eigenkapitalrücklage als
das
Mittel, das den Finanzsektor sicherer macht. Das stimmt schließlich auch, und es eignet sich aus ihrer Sicht gut zur Abwehr
anderer Maßnahmen. Ich denke da an das Verbot bestimmter Produkte, ja überhaupt an eine wesentlich strengere Regulierung und
Überwachung des Finanzsektors.
Die Lobbyisten behaupten nun einfach, ein Verbot sei überflüssig, wenn nur genügend
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