Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
Eigenkapital hinterlegt werde. Außerdem
versuchen sie, die vorgeschriebenen Rücklagen möglichst niedrig zu halten. Würden sich diese Wünsche erfüllen, dann wäre allen
alles weiter erlaubt; nur müsste man in Zukunft etwas erhöhte Eigenkapitalrücklagen bilden. Für manche Banken, die schon früher
über solche Rücklagen verfügten, würde sich gar nichts ändern. Vor allem aber blieben dann gefährliche Praktiken wie das unbegrenzte
Hebeln (Leveraging) von Transaktionen durch die Aufnahme von Fremdkapital bestehen. Diese Praktiken müssen, unabhängig von
den Beschlüssen zur Eigenkapitalrücklage, verboten beziehungsweise begrenzt werden. Es wäre gefährlich, das eine gegen das
andere auszuspielen.
Ich will das an dieser Stelle einmal zu Ende denken. Käme es so, und die ersten Übereinkünfte zwischen Notenbanken und Regulierungsbehörden
im Rahmen des Basel-III-Abkommens sowie die Absichten des EU-Ministerrats räumten diesen Verdacht nicht völlig aus |199| der Welt, bliebe im Wesentlichen alles so, wie es ist – und die Welt stolperte der nächsten Krise entgegen. Es muss also anders
gehen: Notwendig ist eine deutlich höhere Rücklage, etwa eine Erhöhung von derzeit 4 Prozent auf 8 Prozent, in Kombination
mit weiteren Maßnahmen wie dem Verbot von sehr riskanten Transaktionen und der insgesamt strengeren Regulierung. Beide Maßnahmen
ergänzen sich.
Ein weiterer Streitpunkt, der von der Bankenlobby gerne genutzt wird, um die Sicherheitsvorschriften aufzuweichen, ist die
Frage, wie Eigenkapital genau definiert ist. Sie strebt eine möglichst breite Definition an, die selbst langfristig geliehenes
Geld als Eigenkapital zählt. Dann wären die vorgeschriebenen Quoten leichter zu erfüllen. Und das entspräche einer klaren
Aufweichung der Vorschriften. Nicht umsonst kennen die Regulierungsvorschriften aber verschiedene Stufen von Eigenkapital.
Die wirklich harten Verhandlungen betreffen das Kernkapital. Dabei handelt es sich um das Kapital, das die Eigentümer, zumeist
also die Aktionäre, der Bank zur Verfügung gestellt haben. Hinzu kommen noch die Rücklagen, die durch die Gewinne der Bank
entstehen. Das ist alles, und jeder Versuch, diese harte Definition aufzuweichen, sollte unterbunden werden.
Die Banker werden nicht müde, zu betonen, dass die strikteren Anforderungen sofort einen ungeheuren Kapitalbedarf des Bankensystems
zur Folge hätten, der sich auf den Kapitalmärkten kaum oder nur mit großen Verwerfungen erfüllen ließe. Diese Verwerfungen
bestünden vor allem in einem deutlichen Kursverfall der existierenden Aktien, da die Ausgabe neuer Aktien, durch die sich
der Wert des Unternehmens auf mehr Aktionäre verteilt, den Kurs der umlaufenden Wertpapiere drückt. Der Bundesverband Deutscher
Banken bezifferte Anfang September 2010 den Kapitalbedarf allein der deutschen Großbanken auf 105 Milliarden Euro bei unverändertem
Geschäftsvolumen. Das wären beeindruckende 4 Prozent vom deutschen BIP.
Aber diese Rechnung zeigt mir, dass im Bankensektor offenbar immer noch nicht verstanden wurde, worum es eigentlich geht.
Verräterisch |200| ist der Zusatz »bei unverändertem Geschäftsvolumen«. Es geht gerade ja darum, dass die riskanten Geschäfte eben nicht mehr
getätigt werden. Das hat zur Folge, dass das Geschäftvolumen unter sonst gleichen Umständen sinkt. Entsprechend geringer wäre
also auch der Kapitalbedarf. Der ließe sich sogar noch weiter verringern, wenn man beschließen würde, dass weniger riskante
Geschäfte geringere Rücklagen erforderten. Konzentriert sich eine Bank darauf, sinkt der Kapitalbedarf entsprechend. Das Thema
des Kapitalbedarfs ist sowieso nicht so dramatisch, wie es die Banker gerne darstellen. Es gibt relativ lange Übergangsfristen,
in denen die Banken genügend Zeit haben, das notwendige Kapital aufzutreiben. In dieser Zeit, und das dürfte ihre wahre Befürchtung
sein, werden sich allerdings Bonuszahlungen und Dividendenausschüttungen in spürbar engeren Grenzen bewegen als früher. Wer
auf dem Finanzmarkt reich werden will, muss sich dann wohl etwas mehr anstrengen.
Eine höhere Stabilität
In den vergangenen Jahren waren die Regulierungsvorschriften eher destabilisierend angelegt. Das heißt, sie verstärkten Euphoriewellen
nach oben genauso, wie sie Panikwellen nach unten beschleunigten. Das ist das Ergebnis jener Logik, die allein auf vermeintliche
Transparenz in den Augen von
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