Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
von einer gewissen Hysterie zeugt.
Daher sollte man diese Hysteriker – und alle anderen, die auf diesen Zug aufspringen – an etwas Entscheidendes erinnern: Die
Ursache für den gewaltigen Anstieg der Schulden liegt im Fehlverhalten des privaten Finanzsektors begründet und nicht im Fehlverhalten
des Staates, der Arbeitslosen, der Empfänger von Grundsicherung, der Rentner oder des ganz gewöhnlichen Steuerzahlers. Ich
halte es für ein Gebot der Fairness und der Haftung der Verantwortlichen, dass |203| das Gros der finanziellen Schäden auch vom Finanzsektor zu zahlen ist. Es ist ein Skandal, dass man sich weder national noch
international bislang auf diese Grundlage hat einigen können. Warum ist das so? Die Antwort liegt doch auf der Hand: Die heillosen
Tätigkeiten von Banken und Lobbyisten und die noch heillosere Verknüpfung von politischen mit wirtschaftlichen Interessen
des Reichtums sind dafür verantwortlich. Beides gefährdet die Akzeptanz demokratischer Politik in hohem Ausmaß. Und das ist
gefährlich.
Ein fairer Vorschlag: eine Finanztransaktionssteuer
Dabei gäbe es durchaus Mittel, wie man den Finanzsektor für die entstandenen Schäden haftbar machen könnte. Das erste wäre
eine Finanzmarkttransaktionssteuer. Sie bestünde in einem relativ kleinen Steuersatz in Höhe von 0,01 bis 0,1 Prozent auf
jede Finanzmarkttransaktion. Sie würde bei der einzelnen Transaktion kaum bemerkt werden. Da es aber eine Vielzahl an Transaktionen
gibt, würde trotzdem ein sehr hohes Steueraufkommen zustande kommen. Nach Berechnungen des österreichischen Wifo-Instituts
ergäbe sich bei einem Steuersatz von 0,05 Prozent allein für Deutschland ein Aufkommen zwischen 17 und 37 Milliarden Euro
pro Jahr.. 59 Das sind nennenswerte Beträge, mit denen über die Zeit die Schulden des Finanzsektors abgetragen werden könnten. Mehr noch:
Sie würden unabhängig von der Schuldentilgung steuerliche Verzerrungen zugunsten des Finanzsektors mildern und zugleich einen
wichtigen Beitrag zur Stabilität des Finanzsektors leisten.
Die erwähnten Verzerrungen ergeben sich aus der derzeitigen steuerlichen Begünstigung des Finanzsektors. Anders als alle realwirtschaftlichen
Transaktionen unterliegen Finanztransaktionen in Europa nicht der Mehrwertsteuer. Warum eigentlich nicht? Es gibt keinen ökonomischen
Grund, warum realwirtschaftliche Transaktionen aus gesamtwirtschaftlicher Sicht »schädlicher« sind als Finanztransaktionen.
Also gibt es auch keinen Grund, warum |204| die realwirtschaftlichen Vorgänge steuerlich schlechter behandelt werden.
Und das ist wirklich so. In der Regel werden in Deutschland 19 Prozent Mehrwertsteuer auf jeden Kauf und Verkauf erhoben.
Selbst im Fall eines ermäßigten Satzes sind 7 Prozent Steuern fällig. Genau um diese Sätze ist eine gleich große Finanztransaktion
aus rein steuerlichen Gründen billiger als eine realwirtschaftliche. Der Kauf eines Brotes wird also höher besteuert als der
Kauf einer Aktie. Allein diese Tatsache schafft für Vermögende und Unternehmen einen deutlichen Anreiz, ihre Tätigkeit auf
den Finanzmärkten auszudehnen. Eine Finanzmarkttransaktionsteuer, wie ich sie eben beschrieben habe, würde diesen steuerlichen
Vorteil bei Weitem nicht aufheben, ihn aber deutlich mildern. Wenn jede Transaktion besteuert wird, ergibt sich durch die
Vielzahl der finanziellen Transaktionen, die mit einem hohen Anlagebetrag in der Regel durchgeführt werden, ein steuerlicher
Kaskadeneffekt. Da bei jeder Transaktion die Steuer fällig wird, erhöht sich die steuerliche Belastung mit jeder Transaktion
und ist damit in der Regel ein Vielfaches des ursprünglichen Steuersatzes.
Eine Finanzmarkttransaktionssteuer wäre auch ein Beitrag zur Stabilität des Finanzmarktes. Wenn sich die Transaktionen durch
die Steuer verteuern, werden sie weniger rentabel. Das dürfte insbesondere für häufig spekulative Handelsvorgänge, bei denen
wegen geringer Margen erst durch eine große Zahl von Transaktionen nennenswerte finanzielle Vorteile entstehen, das Aus bedeuten.
Auf diese Weise wird sich die Liquidität auf den Finanzmärkten verringern. Und das ist ja beabsichtigt. Wie ich bereits ausgeführt
habe, ist eine vernünftige Preisbildung dadurch nicht gefährdet. Zudem wird der Anreiz für spekulatives Handeln vermindert,
da Käufe und Verkäufe auf dem Finanzmarkt dann unabhängig von einem möglichen Gewinn mit einer Steuer belegt sind.
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