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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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vollends gleichgültig war. Dann nahm mich das Geschehen gegen meinen Willen wieder gefangen.
    Ich hatte den Eindruck, dass Scharmann, dessen Augen aus ihren Höhlen zu treten schienen und der sich fast verrenkte, um an seinen Schurz zu kommen, kaum bis zum zweiten Teil des tödlichen Spektakels durchhalten würde. Doch nicht ein einziges Mal wurde er bei der Tortur auch nur ohnmächtig noch kam sein Herzschlag zum Stillstand.
    Als Brust, Bauch, Arme und Beine nur noch eine blutigschwarze Unförmigkeit bildeten, gab der Richter das Zeichen, zum letzten Akt überzugehen. Hierzu mussten dem Delinquenten alle Fesseln gelöst werden, da es ansonsten nicht möglich war, ihn auf das Rad zu binden.
    Nachdem Hals- und Leibreif abgenommen worden waren, sackte Scharmann am Fuße des Pfahls zusammen, was dem Priester eine willkommene Gelegenheit bot, sich erneut ins Spiel zu bringen und um das Seelenheil des Todeskandidaten zu lamentieren. Während das Volk sein Augenmerk verstärkt auf die Henker richteten, die zwei mit Leder bezogene Holzkeulen bereitlegten und an verschiedenen Stellen des Rades Stricke befestigten, blieb mein Blick auf Scharmann haften, dem es nun endlich gelang, von allen anderen unbemerkt etwas aus seinem Lendenschurz zu holen und, als er seine gefalteten Hände wie zum Beten in die Höhe hob, in den Mund zu stecken.
    Nachdem sich der Pfaffe glücklich am Ziel wähnte, den Mörder in eine bußfertige Seele verwandelt zu haben, trat er beiseite und ließ der weltlichen Gerichtsbarkeit ihren Lauf. Die Knechte packten Scharmann und schleppten ihn zu dem großen Rad hinüber, auf dem sie ihn in einer Weise festbanden, dass Unterarme und -schenkel über den Rand hinausragten. Ich hatte den Eindruck, dass der Delinquent bei dieser Prozedur mit seinen Augen die Tribüne absuchte, als sich im selben Moment unsere Blicke trafen. Mich solcherart fixierend, versuchte er sich aufzurichten, soweit es seine Fesseln zuließen. Seine Worte drangen so klar herüber, als säße er neben mir.
    »Ich war frisches Blut.«
    Dann ließ er sich zurücksinken und presste seine Kiefer mahlend aufeinander. Als der Henker, von seiner Wichtigkeit überzeugt und sich der ungeteilten Aufmerksamkeit der Menge gewiss, mit gemessenem Schritt neben das Rad trat, waren Scharmanns Augen blicklos zum Himmel gerichtet. Hieran änderte sich nichts, als der erste Hieb mit der schweren Keule das rechte Schienbein zersplitterte.
    Kein Stöhnen, kein Keuchen, kein Wolfsgeheul kam aus Scharmanns Kehle.
    Mit jedem Schrei, der ausblieb, wurde die Menge unruhiger. Es brauchte eine Weile und mehrere Schläge auf die knirschenden Knochen, bis der sich um sein Vergnügen betrogen wähnende Pöbel begriff, dass der arme Sünder längst tot war.
    »Vielleicht ist er nur ohnmächtig geworden.« Gernot war aufgesprungen, seine Miene verriet seine Verblüffung.
    Ich schüttelte den Kopf, weil ich es besser wusste. »Die Sache ist vorbei. Lass uns gehen!« Scharmann hatte mir mit seinen letzten Worten den Dank für das Gift abgestattet, dass ich ihm überlassen hatte. Leider blieb mir ihr Sinn ein komplettes Rätsel.
    Mehr war für uns hier in Dorsten nicht zu erfahren.
    Als wir uns von unseren Plätzen erhoben, versuchte ich, zum Abschied zum Fiskaladvocaten hinüberzuwinken, doch dessen Aufmerksamkeit war gänzlich von den Vorgängen auf dem Schafott gefangen genommen. Also verließen wir grußlos die Tribüne und zwängten uns durch die Köpfe reckende und Hälse verdrehende Meute, die immer noch nicht begreifen wollte, dass es mit ihrem Vergnügen ein Ende hatte.
    Da die Straßen wie leergefegt waren, brachten wir den Weg zur Schenke in kürzester Zeit hinter uns, warfen die Packtaschen auf die Pferde und ritten gen Crange. Nach einem kurzen Galopp, der uns die nötige Distanz zu den Übrigen verschaffen sollte, die nach uns diese Richtung einschlagen würden, ließen wir die Tiere in den Trab fallen und hatten nun Muße, das Gesehene zu verarbeiten.
    »Nun, ist er davongeflogen oder hat er sich unsichtbar gemacht? Oder ist er genau so gestorben wie jeder andere arme Teufel in seiner Lage? – Ich schätze, der Herr von Crange wird sich damit zufrieden geben müssen.«
    Gernot konnte trotz allem seine Zweifel nicht verbergen. »Sicher, er ist gestorben wie ein normaler Mensch. Aber es heißt ja auch nicht, dass Werwölfe unsterblich sind. Vielleicht war er durch die Folter einfach zu geschwächt, um seinen ganzen Zauber wirken lassen zu können. Immerhin sah

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