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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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treibt, um sie endgültig zu töten. Aber hier, und dann noch bei einem frommen Mönch? Was geht hier vor?« Der Graf war bis in die Grundfesten seiner selbst erschüttert.
    Ich konnte es ihm nachfühlen, helfen konnte ich ihm nicht.
    Auch Ossenstert schüttelte nur den Kopf. »Es wird niemandem damit geholfen sein, bloße Vermutungen anzustellen. Ich brauche einige ruhige Stunden, damit sich die neuen Eindrücke erst einmal setzen können. Deshalb, Herr Graf, wenn Ihr gestattet, werden sich mein Freund, der vermutlich genauso denkt, und ich heute Abend zusammensetzen und uns um eine gewisse Systematik bemühen. Möglich, dass wir dann morgen schon ein wenig mehr wissen.« Dabei kniff er mir verstohlen ein Auge zu, als er gewiss war, dass es keiner bemerkte.
    »Nur noch eins, Herr Graf, wenn Ihr mir die Frage verzeihen wollt. Ist Bertram so bestattet worden, wie er gefunden wurde, ich meine, in seinem Nachthemd?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich habe veranlasst, ihn zu waschen und angemessen herzurichten. Das Totenhemd habe ich aus meiner eigenen Wäschekammer zur Verfügung gestellt. – Schlimm genug, dass ich nicht mehr für ihn tun konnte.«
    »Ich habe es mir schon so gedacht. Entschuldigt, die Frage diente nur meiner Sicherheit. – Macht Euch im Übrigen keine Sorgen und sucht schon gar nicht die Schuld an seinem Tod bei Euch. Es ist nicht erwiesen, dass es kein natürliches Ableben war. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass Bertram zur selben Zeit an jedem anderen Ort der Welt auf dieselbe Weise hätte sterben können.« Dabei kniff er mir heimlich ein zweites Mal ein Auge zu und entfernte sich so schnell, dass ihn keiner mehr mit einer Nachfrage behelligen konnte.

Bertrams Aufzeichnungen
    Kennen gelernt hatte ich Bertram nur als Leiche, der ich es verübelte, meinen Geruchssinn mit ihrem Verwesungsgestank zu behelligen. In euren Augen, meine nobel gesinnten Freunde, zweifelsfrei eine pietätlose und oberflächliche Einstellung, für die ich mich im Nachhinein umso mehr schämte, je mehr ich mich in die Aufzeichnungen des Mönchs vertiefte.
    Der Graf hatte mir bei meinem kurzen Vorbeischauen auf der Burg eine lederne Mappe übergeben, in der sich allerlei Papiere von unterschiedlicher Größe und Beschriftung befanden. Dies erklärte sich so, dass sie teils von Bertram verfasst, teils von ihm gesammelt worden waren. Die folgende Einladung zu einem kleinen Mahl schlug ich aus. Zu deutlich war mir noch der faulige Gestank in der Nase, die bei mir in direkter Verbindung zu meinem Magen zu stehen scheint. Und zu begierig war ich herauszufinden, wie weit mein Vorgänger mit seinen Nachforschungen gekommen war.
    Deshalb war ich ohne Verzug in den Gasthof und dort auf mein Zimmer geeilt, wo ich bereits seit einigen Stunden über den Aufzeichnungen brütete. So lange, dass ich nicht umhin kam, den Leuchter anzuzünden.
    Bei den von Bertram gesammelten Papieren handelte es sich um drei Zettel, die bei oberflächlicher Betrachtung mit dem identisch waren, den Gernot kurz vor dem Erreichen der
Fetten Gans
vom Baum abgerissen hatte. Bei einem genaueren Vergleich fiel allerdings auf, dass manche Linien des kreuzartigen Gebildes im oberen Bereich der Zeichnung unterschiedlich ausgeformt waren, länger oder kürzer, gerade oder gewellt, oder teilweise ganz fehlten. Das mochte einen Sinn haben, den ich ohnehin nicht begriff, aber auch lediglich darauf zurückzuführen sein, dass sowieso nur eine grobe Ähnlichkeit der Skizzen gefordert war, bei der Nuancen keine Rolle spielten.
    Gleichermaßen verhielt es sich mit dem Gekritzel an Rande der Blätter. Doch egal, wo, wie oder was, es brachte mich nicht weiter.
    Informativer waren da schon die von Bertram selbst verfertigten Notizen.
    Berücksichtigte man einerseits die Zeitspanne, derer seine Recherchen bedurften, und andererseits die ihm zu Gebote stehenden bescheidenen Möglichkeiten, hatte er mit seiner systematischen Vorgehensweise Enormes geleistet. Er hatte in manchen Fällen Verwandtschafts- und Freundschaftsverhältnisse der Verschwundenen ermittelt, ihre letzte Reise zu rekonstruieren und ihre letzten bekannten Gesprächspartner aufzutreiben versucht. Er war bemüht gewesen, Gründe ans Licht zu fördern, die dafür sprechen könnten, dass sie aus freien Stücken abgetaucht waren. Er hatte versucht, charakteristischen Gegenständen aus ihrem Besitz nachzuspüren. Und er hatte daran gearbeitet, eine durchgehende Verbindung zwischen den einzelnen Orten ihres

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