Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
bin ick wie 'ne Rosine«, sagte er zu Hartung, der nach Laska sehen wollte. »Herrchen, wenn ick kotzen muß, hol ick mir schon die Flüssigkeit aus 'n Zehen.«
    »Und Laska?« fragte Hartung. Er bedauerte Romanowski nicht, er kannte diesen Zustand. Bisher waren sie fünfmal mit dem Schiff gefahren, und Romanowski hatte fünfmal wie ein Sterbender herumgelegen. Sogar bei der kurzen Überfahrt nach Norderney, wo Hartung ein Schauspringen absolviert hatte.
    »Die Olle is munter.« Romanowski würgte und hielt seine Mütze vor den Mund. Aber es kam nur Luft. »Herrchen, ick jehe ein.«
    »Trink drei Kognaks.«
    »Uff'n nüchternen Majen?«
    »Eben. Dann merkst du nicht, daß du seekrank bist. Ans Betrunkensein hast du dich ja gewöhnt.«
    Romanowski seufzte, würgte wieder und rollte die geröteten Augen. Dann sprang er auf und rannte davon.
    Im Speisesaal hatte man eine große hufeisenförmige Tafel aufgebaut, an der alle Passagiere, die Offiziere des Schiffes, die Zahlmeister und der Schiffsarzt Platz hatten. Man umging damit die sogenannte ›Kapitänstafel‹, an der zu sitzen eine besondere Ehre war und um die es sonst jeden Tag eine ausgeklügelte Sitzordnung zu erstellen galt. So saß jetzt alles neben dem Kapitän, der als Mittelpunkt des Hufeisens seine Liebenswürdigkeiten gleichmäßig auf die Passagiere verteilte.
    »Das laß ich mir patentieren«, sagte Kapitän McClean, als er diese Tischordnung bestimmte. »Bis zu fünfzig Passagieren kann man das praktizieren.«
    Eve Walkering hatte die Männer der ›Seemaid‹ schon durcheinandergebracht, ehe das erste Essen stattfand. Der Erste Zahlmeister und der Erste Offizier Phil Donald, ein großer, schlanker Mann mit dem Gesicht eines Hollywoodstars, brillant aussehend in seiner weißen Uniform, wenn die goldenen Ärmelstreifen in der Sonne blitzten, hatten sich schon am Morgen gestritten, neben wem Eve sitzen sollte.
    »Sie werden auf der Brücke sein«, sagte der Zahlmeister und grinste anzüglich. »Einer muß sich um das Schiff kümmern, wenn der Käpt'n ißt.«
    »Und Sie werden mit Ihrem langweiligen Gesicht Miss Walkering den Appetit verderben!« Phil Donald rieb sich die Hände. »Gut, ich überlasse Miss Eve für das Mittagessen Ihrer Obhut, sie wird beim Abendessen garantiert zu mir flüchten, wenn sie Sie sieht.«
    Auch Dr. Rölle schlich herum und suchte den Verantwortlichen für die Sitzordnung. Er erfuhr, daß Kapitän McClean die letzte Instanz war, und erkletterte die Kommandobrücke. McClean, der keinen Laien in seinem Kommandostand duldete, sah Dr. Rölle mit gerunzelten Brauen entgegen.
    »Ich bin nicht krank«, sagte er grob. »Außerdem bin ich kein Pferd, sondern ein Bulle.«
    »Ich behandle auch Rindviecher«, antwortete Dr. Rölle schlagfertig. »Nur eine Frage, Herr Kapitän – ist es möglich, daß Miss Walkering neben mir sitzt?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie neben mir sitzt.«
    »Aha! Immer? Zu jeder Mahlzeit?«
    »Um allen Komplikationen, die ich kommen sehe, aus dem Wege zu gehen, wäre das die beste Lösung.«
    »Und wenn Miss Walkering das nicht will?«
    »Das ist etwas anderes. Der Wunsch einer Dame ist einem Kavalier Befehl.« McClean blickte Dr. Rölle mit Schadenfreude an. »Sie hat übrigens ihren Wunsch schon geäußert. Sie möchte neben Mr. Hartung sitzen.«
    Dr. Rölle schlug die Hände zusammen. »Um Himmels willen!« rief er. »Haben Sie ihr das zugesagt?«
    »Ja. Warum denn nicht?«
    »Und das nennen Sie Komplikationen vermeiden? Wo soll Miss Diepholt sitzen?«
    »Neben dem Zweiten Offizier. Ein angenehmer Mensch.«
    »Damit legen Sie eine Bombe, Kapitän. Werfen Sie mich nicht von der Brücke, wenn ich Ihnen rate – setzen Sie Miss Walkering und Hartung so weit wie möglich auseinander, sonst können Sie Ihr schönes Schiff gleich in die Luft sprengen.«
    McClean sah Dr. Rölle nach. Sein Gesicht war sehr nachdenklich. Er griff zum Telefon und rief die Zahlmeisterei an.
    »Sitzänderung bei Tisch. Miss Walkering kommt zu mir, Mr. Hartung zusammen mit Miss Diepholt am rechten Tischende. Daneben Mr. Donald mit der netten alten Dame – wie heißt sie noch?«
    »Mabel Zukerman.« Der Zahlmeister raufte sich die Haare.
    »Richtig. Sonst bleibt alles solo. Noch Fragen?«
    »Keine Fragen.«
    McClean hängte ein.
    »Diese Weiber«, sagte er brummend. »Ein Schiff mit wilden Affen ist leichter zu übersehen.«
    Er sollte recht behalten.
    Zunächst geschah nichts.
    Die Mittag- und Abendmahlzeiten verliefen ruhig.

Weitere Kostenlose Bücher