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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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McClean erzählte haarsträubende Seefahrergeschichten, die keiner glaubte, aber alle taten so, als nehme man sie für bare Münze. Es gehörte zu einer Kapitänstafel, sich in Seemannsgarn einwickeln zu lassen. Die Atmosphäre war gelockert, Eve Walkering flirtete mit dem Kapitän, der es souverän überstand, mit dem Zahlmeister, der Herzschmerzen bekam, dem Ersten Offizier, der am zweiten Abend verdächtig oft an Eves Kabine vorbeistrich, mit Dr. Rölle, der von seiner Tierarztzeit bei Sarasani und dem amerikanischen Zirkus Dudley Brothers erzählte und eine Löwenoperation so plastisch schilderte, daß Miss Walkering nach einem Cocktail verlangte – mit allen Männern, auch den jungen deutschen Reitern, spielte Eve Katz und Maus, aber aus den Augenwinkeln schielte sie immer wieder zu Horst Hartung, dem großen Fang.
    »Sie ist sechsundzwanzig Jahre alt«, sagte Dr. Rölle am zweiten Abend zu Hartung. »Ohne Blinddarm.«
    »Oha! Sie haben die Narbe schon gesehen?«
    »Quatsch. Sie sagte es so im Gespräch. Ich glaube, ich habe reelle Chancen.«
    »Dann verliert die deutsche Equipe einen leidlich guten Arzt. Als Ehemann einer Millionärin haben Sie es nicht mehr nötig, Koliken zu kurieren. Schade. Sie konnten so gute Darmspülungen machen!«
    Und Angela sagte: »Sie wartet! Sie wartet nur auf eine Gelegenheit. Wie ein Raubtier liegt sie im Hinterhalt und duckt sich zum Sprung. Aber das Wild ist noch nicht nah genug.«
    Sie sagte es zu Dr. Rölle, der ihr sofort zustimmte. »Lassen Sie Horst nie aus den Augen. Wir wissen alle, wie er ist. Er trägt ein moralisches Korsett, aber wie Siegfried hat er eine verwundbare Stelle.«
    Die Tage, herrliche Sonnentage unter einem wolkenlosen, blaßblauen Himmel, sanft dahinwiegend auf einem fast spiegelglatten Meer, verträumte man in den Liegestühlen, planschte im Swimming-pool, spielte Karten, las, stand an der Reling und beobachtete Delphine und fliegende Fische, sah auch einmal ein paar Haie, dreieckige Rückenflossen, die auftauchten und durch die Wellen pflügten. Tage voller Träumen und Nichtstun, wenn man davon absieht, daß Eve Walkering den Vorschlag machte, auf dem Ladedeck ein Stück abzustecken und Federball darauf zu spielen.
    Sie verbrauchte in fünf Tagen neun Partner, darunter den Ersten Zahlmeister und Dr. Rölle. »Ich werde das Rauchen aufgeben!« stöhnte Dr. Rölle. Er hockte schwitzend im Schatten eines Entlüftungsrohres auf einem Klappschemel. »Die ganze Luft ist ja voll Dampf!«
    Die deutsche Springreiter-Equipe war tagsüber voll beschäftigt. Die Pferde wurden bewegt, so gut es auf den Deckplanken ging. Hartung machte am zweiten Tag einen Vorschlag: Wenn man die Holzdielen mit großen Segeltüchern bedeckte, könnte man sogar im leichten Trab reiten. Die Rutschgefahr wäre gebannt.
    »Eine gute Idee«, sagte McClean.
    Zwei Stunden später hatten Matrosen einen Teil des Vorderdecks mit Segelleinen belegt. Hartung probierte den ›Abreiteplatz‹ aus, er ließ Laska satteln und stieg auf. Auf dem Oberdeck ihrer Kabinenbauten standen die Passagiere und sahen zu.
    Laska ging brav im Schritt. Aber man sah, wie ihre Hufe den neuen Boden abtasteten. Als sie spürte, daß der Halt besser war, warf sie die Beine wieder so elegant und mit jener unnachahmlichen Grazie, die Hartung schon begeistert hatte, als er Laska zum erstenmal im Rund des Zigeuner-Zirkus sah.
    »Ein herrliches Pferd«, sagte Eve Walkering. Sie trug nur einen Bikini, so eng und knapp, daß Dr. Rölle Hustenreiz bekam. Das war kein Badeanzug mehr, sondern eine Demonstration.
    Hartung fiel in ganz leichten Trab. Laska warf die Beine, der Halsbogen war vollkommen, ihr Gang sah schwerelos aus, wie ein Huschen der Hufe über den Boden. Wer sah bei soviel Eleganz noch die häßlichen Flecken auf ihrem Fell?
    Von diesem Tag an arbeitete die deutsche Equipe jeden Vormittag zwei Stunden und am Nachmittag drei Stunden mit den Pferden. Die ›Seemaid‹ stampfte ruhig übers Meer, an den wiegenden Boden hatten sich die Pferde schnell gewöhnt. Nur Romanowski rang mit der See. Wenn er zur blassen Linie des Horizontes blickte, wo Himmel und Meer zusammenflossen zu einer blauschimmernden Einheit, und wenn dieser Horizont dann zu schwanken begann, verdrehte Romanowski die Augen und klammerte sich an der Reling fest.
    »Und det, wo mein Vater bei de Marine jedient hat«, stammelte er, als Hartung ihm vom Schiffsarzt Tabletten brachte. »Aba bei 'n U-Booten war er, da sieht man det Meer nur von

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