Des Teufels Alternative
persönlich dafür, daß Ihre gesamte Familie unter Bedingungen in Sibirien schuften muß, die im Vergleich zu den dort üblichen ›verschärften‹ Bedingungen ihnen wie Flitterwochen im Hotel ›Kempinski‹ vorkämen.«
Jahn lief ein kalter Schauer über den Rücken. Keiner der harten Männer in Block zwei konnte mit diesem Mann konkurrieren. Er schluckte.
»Gut, ich geb mir Mühe«, sagte er leise.
»Mein Freund kommt am Sonntag, dem dritten April, um sechs Uhr abends zu Ihnen«, fuhr der Deutsche fort. »Lassen Sie bitte kein Empfangskomitee der Polizei aufmarschieren. Das nützt Ihnen nichts. Wir haben beide einen auf einen falschen Namen ausgestellten Diplomatenpaß in der Tasche. Wir streiten einfach alles ab und werden prompt freigelassen. Beschaffen Sie bis dahin die Uniform und den Dienstausweis.«
Zwei Minuten später waren sie fort. Sie nahmen ihre Fotos mit. Aber das spielte keine Rolle. Jahn sah in seinen Alpträumen alle Einzelheiten.
Am 23. März lagen über 250 Frachter, die erste Welle der bereitgestellten Handelsflotte, an den Kais von dreißig Häfen – vom St.-Lorenz-Strom in Kanada über die nordamerikanischen Küstenstädte bis hinunter nach Carolina. Der St.-Lorenz-Strom war noch zugefroren, aber die Eisdecke wurde von den Eisbrechern in Schollen zertrümmert, so daß die Getreideschiffe zu ihren Liegeplätzen vor den Silos gelangen konnten.
Viele dieser Schiffe gehörten zu der sowjetischen Handelsflotte Sowfracht. Den nächsthöchsten Anteil stellten amerikanische Schiffe – das Getreidegeschäft war nur unter der Bedingung zustande gekommen, daß ein erheblicher Teil der zu liefernden 55 Millionen Tonnen von amerikanischen Reedereien befördert wurde.
Innerhalb von zehn Tagen sollten die Schiffe über den Atlantik nach Osten laufen: nach Murmansk und Archangelsk an der Barents-See und dem Weißen Meer, nach Leningrad am Bottnischen Meerbusen, nach Odessa, Sewastopol und Noworossisk an der Schwarzmeer-Küste. Frachter aus zehn weiteren Staaten beteiligten sich an der Aufgabe, den größten Trockenguttransport seit dem Zweiten Weltkrieg zu bewältigen. Aus 100Silos zwischen Winnipeg und Charleston strömte eine goldene Flut von Weizen, Gerste, Hafer, Roggen und Mais in die Laderäume der Schiffe. Die Gefahr einer Hungersnot schien von der Millionenbevölkerung der Sowjetunion abgewendet.
Am 20. März stand Andrew Drake in einem Vorort von Brüssel von seiner Arbeit am Küchentisch auf und verkündete, er sei fertig.
Der Sprengstoff war in zehn Schalenkoffer verpackt worden, und die in Handtücher gewickelten Maschinenpistolen lagen in Reisetaschen. Asamat Krim bewahrte die Zündkapseln in einer mit Watte ausgelegten Zigarrenschachtel auf, von der er sich keine Sekunde lang trennte. Als es dunkel wurde, schleppten die Männer ihr schweres Gepäck zu dem in Belgien zugelassenen Kleinbus, den sie aus zweiter Hand gekauft hatten, und fuhren nach Blankenberghe ab.
Der Hafen des kleinen Seebades an der Nordsee war menschenleer, als sie ihre Ausrüstung im Schutz der Dunkelheit an Bord schafften und in der Bilge des Kutters versteckten. Es war Samstag, und nur ein Mann, der seinen Hund auf dem Kai spazierenführte, sah sie bei der Arbeit. Aber er ging gleichgültig an dem Kutter vorüber. Hochseeangler, die ihre Boote für einen Angelausflug am Wochenende beluden, waren ein gewohntes Bild – wenn es auch noch verhältnismäßig früh im Jahr und ziemlich kalt war.
Am Sonntag, dem 27. März, verabschiedete Kaminski sich von den anderen und fuhr mit dem Kleinbus nach Brüssel zurück. Er hatte den Auftrag, das Apartment blitzblank und ausgeräumt zu hinterlassen und den Bus zu einem bestimmten Platz an der holländischen Küste zu fahren. Dort sollte er ihn stehenlassen, den Zündschlüssel verstecken und anschließend mit der Fähre von Hoek van Holland über Harwich nach London zurückkehren. Der Ukrainer hatte sich seine Aufgaben gut gemerkt und war davon überzeugt, seinen Teil zum Gelingen des Vorhabens beitragen zu können.
Die übrigen sieben Männer liefen mit ihrem Boot aus dem Hafen aus, folgten der Küste nach Nordosten und drehten zwischen den holländischen Inseln Walcheren und Nord-Beveland bei. Dort blieben sie liegen und sorgten dafür, daß ihr Angelzeug gut sichtbar war. Unten in der Kabine hockte Andrew Drake vor einem starken Funkgerät, mit dem er den Sprechfunkverkehr zwischen der Schiffsleitstelle an der Maasmündung und den zahllosen ein- und
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