Des Teufels Alternative
nach Plan lief, konnte die gesamte Flottille am späten Vormittag in Lowestoft das Ölbindemittel an Bord nehmen.
»Falls die See ruhig bleibt«, sagt Dr. Henderson, »treibt der Ölteppich von der ›Freya‹ aus mit etwa zwei Knoten Geschwindigkeit auf Nordholland zu. Dadurch haben wir genügend Zeit. Beim Gezeitenwechsel müßte er wieder zurücktreiben. Sollte jedoch Wind aufkommen, würde der Teppich mit erhöhter Geschwindigkeit in Windrichtung getrieben, weil der Wind stärker als der Gezeitenstrom ist. Mit einem Teppich von zwanzigtausend Tonnen Öl müßten wir aber in jedem Fall fertigwerden.«
»Aber unsere Schiffe dürfen nicht näher als auf fünf Seemeilen an die ›Freya‹ heran«, warf der stellvertretende Chef des Generalstabs ein. »Und das Seegebiet zwischen dem Tanker und der niederländischen Küste ist für uns ganz gesperrt.«
»Die Besatzung der Nimrod kann den Ölteppich beobachten«, schlug der Luftwaffenmajor vor. »Sobald er weiter als fünf Seemeilen von der ›Freya‹ entfernt ist, können Ihre Leute zu sprühen anfangen.«
»Die angedrohten zwanzigtausend Tonnen Rohöl können wir also bewältigen«, stellte der Mann vom Außenministerium fest. »Was passiert danach?«
»Nichts«, antwortete Dr. Henderson. »Danach stehen wir im Hemd da!«
»Gut, das wär’s also«, sagte Sir Julian. »Wir haben heute nacht noch viel Arbeit vor uns, meine Herren.«
»Es gibt eine weitere Möglichkeit«, meldete sich Colonel Holmes von den Royal Marines zu Wort.
»Die harte Option.« Unbehagliches Schweigen breitete sich aus. Nur der Vizeadmiral und der RAF-Offizier waren sichtlich interessiert. Die Wissenschaftler und Verwaltungsleute der Runde waren an technische und administrative Probleme und dementsprechend an gewaltlose Lösungsmöglichkeiten gewöhnt. Und sie hatten den Verdacht, der grobknochige Colonel in Zivil habe keinen sehnlicheren Wunsch, als Menschen zu durchlöchern.
»Diese Option gefällt Ihnen wahrscheinlich nicht«, fuhr Holmes nüchtern fort, »aber die Terroristen haben bereits einen Seemann kaltblütig erschossen. Vermutlich schrecken sie auch nicht davor zurück, die restlichen neunundzwanzig zu ermorden. Das Schiff kostet hundertsiebzig Millionen Dollar, die Ladung ist dasselbe wert, und für die Schadenbeseitigung müßten wir mindestens das Dreifache ansetzen. Falls der deutsche Bundeskanzler die beiden Häftlinge in Berlin aus irgendwelchen Gründen nicht freilassen kann oder will, bleibt uns unter Umständen nichts anderes übrig, als zu versuchen, das Schiff zu entern und den Mann mit dem Zünder handlungsunfähig zu machen, bevor er auf den Knopf drücken kann.«
»Was schlagen Sie also vor, Colonel?« fragte Sir Julian.
»Ich schlage vor, daß Major Fallon aus Dorset herkommen soll und wir uns anhören, was er zu sagen hat«, antwortete Holmes.
Der Krisenstab beschloß, die Sitzung bis 3 Uhr zu unterbrechen. Inzwischen war es 0 Uhr 50.
Während der Krisenstab tagte, hatte die Premierministerin Sir Nigel Irvine in ihrem Arbeitszimmer empfangen.
»So stehen die Dinge also, Sir Nigel«, schloß sie. »Wenn wir keine dritte Möglichkeit finden, werden die beiden Männer freigelassen, und Maxim Rudin zerreißt den Dubliner Vertrag – oder sie bleiben im Gefängnis, und ihre Komplizen jagen die ›Freya‹ in die Luft. Im zweiten Fall besteht theoretisch die Chance, daß sie es vielleicht doch nicht zum äußersten kommen lassen, aber damit dürfen wir nicht rechnen. Und selbst wenn wir erwägen sollten, die ›Freya‹ zu stürmen, so wären die Erfolgsaussichten doch sehr gering. Um einen dritten Weg zu finden, müssen wir wissen, warum Maxim Rudin dieses Ultimatum gestellt hat und was er will. Warum spielt er mit einem so hohen Einsatz? Versucht er, den Westen in eine gigantische Katastrophe zu treiben, nur um von dem sowjetischen Ernährungsproblem abzulenken? Und hat er wirklich die Absicht, seine Drohung zu verwirklichen? Das alles müssen wir wissen.«
»Wieviel Zeit können Sie uns geben, Ma’am?« fragte der SIS-Generaldirektor. »Wieviel Zeit hat Präsident Matthews noch?«
»Leider ist zu befürchten, daß die Terroristen handeln, falls die Flugzeugentführer nicht bei Tagesanbruch freigelassen werden. Und das heißt, daß sie das Schiff sprengen. Ich hatte gehofft, Präsident Matthews bis morgen nachmittag eine erste Mitteilung machen zu können.«
»Nach allen Erfahrungen muß ich das als schlichtweg unmöglich bezeichnen,
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