Des Teufels Alternative
aber dies war seine erste Begegnung mit dem SBS-Kommandeur, der die zweite, kleinere Spezialtruppe befehligte. Für Flannery stand fest, daß diese Kerle alle aus dem gleichen Holz geschnitzt waren.
Der SBS war ursprünglich als konventionelle Einheit aufgestellt worden, deren Sonderkommandos Angriffe auf Küstenbefestigungen von See aus unterstützen sollten. Deshalb waren die Angehörigen dieser Truppe bei den Marine Commandos rekrutiert worden. Als Grundvoraussetzung brachten diese Männer eine geradezu widerwärtige Kondition mit, außerdem waren sie erstklassige Schwimmer, Kajakfahrer, Taucher, Kletterer, Marschierer und Einzelkämpfer.
Im Laufe ihrer Spezialausbildung lernten sie Fallschirmspringen, Sprengen und einen Gegner mit dem Messer, einer Drahtschlinge oder bloßen Händen zu töten. Das und die Fähigkeit, längere Zeit unbemerkt in freier Natur zu leben, hatten sie mit ihren Kameraden vom SAS gemeinsam.
Die SBS-Männer zeichneten sich vor allem durch ihre Unterwasserleistungen aus. Sie konnten schwimmend erstaunliche Strecken zurücklegen, Sprengladungen anbringen oder ihre Schwimmausrüstung ablegen, während sie wassertraten, ohne die kleinste Welle zu erzeugen, und mit ihrem vollständigen Waffenarsenal, das am Mann getragen wurde, aus dem Meer auftauchen.
Manche ihrer Waffen waren recht primitiv: Messer und Klaviersaitendraht. Aber seit dem Aufflackern des Terrorismus Ende der sechziger Jahre hatten sie neue Spielsachen bekommen, von denen sie noch immer begeistert waren.
Alle waren erstklassige Schützen. Sie waren mit hochwertigen, handgefertigten Finlanda-Gewehren ausgerüstet, einer norwegischen Waffe, die bei vielen Kennern als das beste Gewehr der Welt gilt. Die Waffe ist normalerweise mit einem Bildverstärker, einem armlangen Zielfernrohr und einem hochwirksamen Schall- und Mündungsfeuerdämpfer ausgerüstet.
Um Türen in einer halben Sekunde zu knacken, bevorzugten diese Männer wie ihre Kameraden vom SAS abgesägte Schrotflinten, die massive Bleiladungen verschossen. Dabei zielten sie nie aufs Schloß, weil die Tür durch weitere Riegel gesichert sein konnte, sondern schossen auf beide Angeln gleichzeitig, brachen die Tür auf und eröffneten mit ihren schallgedämpften Ingram-Maschinenpistolen das Feuer auf den Gegner.
Zu ihrem Arsenal gehörte auch eine Weiterentwicklung der früher üblichen »Lähm«-Granaten: die »Blitz-Knall-Krach«-Granaten, mit denen der SAS den Deutschen in Mogadischu ausgeholfen hatte. Diese Granaten führten nicht nur zu einer momentanen Verwirrung des Gegners; sie lähmten ihn buchstäblich. Wurden sie in einen geschlossenen Raum geworfen, in dem sich Menschen aufhielten, traten in Abständen von je einer halben Sekunde folgende Wirkungen ein: Der Lichtblitz blendete die Anwesenden mindestens 30 Sekunden lang, der Knall ließ die Trommelfelle platzen, was sehr schmerzhaft war und die Konzentrationsfähigkeit erheblich minderte, und der Krach wirkte durchs Mittelohr und rief eine etwa zehn Sekunden anhaltende Paralyse sämtlicher Muskeln hervor.
Bei der Erprobung hatte einer der Männer des Marinekommandos versucht, den Abzug einer Pistole zu betätigen, die er einem Kameraden in die Rippen drückte, als die Handgranate detonierte. Er hatte nicht einmal mehr den Zeigefinger krümmen können.
Benutzte man diese Waffe gegen Geiselnehmer, sind Täter und Opfer nach der Anwendung taub, aber Trommelfelle können wieder nachwachsen – während tote Geiseln nicht wieder lebendig werden.
Während die Lähmung anhält, schießen die Retter dicht über die Köpf hinweg, bis ihre Kameraden die Geiseln zu Boden gerissen haben. Dann zielen die Schützen zwei Handbreit tiefer.
Die genaue Verteilung von Geiseln und Terroristen in einem geschlossenen Raum läßt sich mit Hilfe eines an die Tür gedrückten elektronischen Stethoskops von außen feststellen. Dazu braucht in dem Raum hinter der Tür nicht gesprochen zu werden, denn schon Atemzüge lassen sich exakt lokalisieren. Die Retter verständigen sich durch eine genau festgelegte Zeichensprache, die Mißverständnisse ausschließt.
Als Major Fallon das Modell der British Princess auf den Konferenztisch stellte, war er sich bewußt, daß alle gespannt zuhörten.
»Ich werde den Kommandanten des Kreuzers ›Argyll‹ bitten, der ›Freya‹ seine Breitseite zuzukehren«, begann er. »Dann werde ich die drei Schnellboote mit meinen Männern und ihrer Ausrüstung vor Tagesanbruch hier im Lee des Kreuzers
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