Des Teufels Alternative
Kapitän aber den Mann in Ruhe ließ und dieser sich zu schläfrig fühlte, konnte er sich von einem seiner Leute ablösen lassen – und das hätte erst recht alle Bemühungen Larsens zunichte gemacht.
Der Kapitän hatte noch immer Grund zu der Annahme, daß Mischkin und Lasareff bei Tagesanbruch freigelassen werden würden. Sobald die beiden wohlbehalten in Tel Aviv eingetroffen waren, würden die Terroristen die Freya verlassen. Oder etwa nicht? Konnten sie das überhaupt? Würden die in der Nähe liegenden Kriegsschiffe die Männer ungehindert entkommen lassen? Und selbst wenn sie Jagd auf die Terroristen machten, konnte nicht Swoboda noch die Freya selbst aus größerer Entfernung sprengen?
Das aber war noch nicht alles. Dieser Mann hatte einen Mann der Besatzung ermordet. Dafür wollte Thor Larsen sich rächen und wollte ihn umbringen. Deshalb sprach er die ganze Nachtlang mit seinem Gegenüber und brachte sie beide um ihren Schlaf.
Auch Whitehall schlief nicht. Der Krisenstab war um 3 Uhr erneut zusammengetreten und hörte eine Stunde lang Berichte über den gegenwärtigen Stand der Vorbereitungen an.
In Südengland waren die von Shell, British Petroleum und anderen Ölkonzernen zur Verfügung gestellten Tankzüge unterwegs, um das in Hampshire lagernde Ölbindemittel an die Küste zu transportieren. Übermüdete Fahrer rumpelten mit ihren Lastern durch die Nacht – leer nach Hampshire, voll nach Lowestoft – und beförderten Hunderte von Tonnen des Konzentrats zum Hafen in Suffolk. Um 4 Uhr waren die Lager geräumt. Die 1000Tonnen der nationalen Reserve waren in Richtung Ostküste unterwegs.
Ebenfalls unterwegs waren aufblasbare Schlauchsperren, die das ins Meer gepumpte Öl von der Küste fernhalten sollten, bis das chemische Mittel wirkte. Das Herstellerwerk des Emulsionsmittels arbeitete bis auf weiteres mit höchster Kapazität.
Um 3 Uhr 30 war aus Washington gemeldet worden, die Bonner Regierung habe zugestimmt, Mischkin und Lasareff vorerst weiter in Haft zu behalten.
»Weiß Matthews überhaupt, was er tut?« fragte jemand.
Sir Julian verzog keine Miene.
»Davon müssen wir ausgehen«, sagte er beschwichtigend. »Weiterhin müssen wir damit rechnen, daß die ›Freya‹ jetzt wahrscheinlich Öl ins Meer pumpt. Aber unsere nächtlichen Bemühungen sind nicht vergebens gewesen. Immerhin sind wir jetzt vorbereitet.«
»Wir müssen damit rechnen«, betonte noch einmal der Beamte aus dem Außenministerium, »daß Frankreich, Belgien und die Niederlande uns um Unterstützung im Kampf gegen eine drohende Ölpest bitten werden, sobald die deutsche Entscheidung bekannt wird.«
»Wir werden helfen, wo wir können«, versicherte Sir Julian. »Wie sieht es mit den Sprühflugzeugen und den Feuerlöschbooten aus?«
Von der Humbermündung liefen zu diesem Zeitpunkt mehrere Boote mit Südkurs nach Lowestoft, während von der Themse und dem Marinestützpunkt Lee aus weitere Feuerlöschboote zu dem Hafen an der Küste von Suffolk unterwegs waren. Aber sie waren nicht die einzigen Boote, die in dieser Nacht die englische Südküste entlangliefen.
Unter den gewaltigen Klippen von Beachy Head steuerten Cutlass , Scimitar und Sabre , die mit der Ausrüstung einer der besten Kampfschwimmereinheiten der Welt beladen waren, nach Nordosten, um an Sussex und Kent vorbei zum Liegeplatz des Kreuzers Argyll in der Nordsee zu laufen.
Das Hämmern ihrer Diesel brach sich an den Kreidefelsen der Südküste, und wer in Eastbourne in dieser Nacht einen leichten Schlaf hatte, hörte draußen auf See ein dumpfes Dröhnen.
Zwölf Marines vom Special Boat Service klammerten sich an die Relings der stampfenden Schnellboote und bewachten ihr Handwerkszeug – die kostbaren Kajaks und die wasserfesten Behälter mit Tauchgerät, Waffen und Sprengstoff. Die gesamte Ausrüstung wurde als Deckslast transportiert.
»Ich kann nur hoffen«, rief der Skipper der Cutlass , ein junger Korvettenkapitän, dem neben ihm stehenden stellvertretenden Kommandeur der Einheit zu, »daß Ihr Zeug dort hinten nicht unterwegs hochgeht!«
»Bestimmt nicht«, versicherte der Captain der Marines gelassen. »Das geht erst hoch, wenn wir’s wollen.«
Major Simon Fallon studierte zur gleichen Zeit in einem Nebenraum des Konferenzsaals unter dem Cabinet Office Tag- und Nachtaufnahmen der Freya. Er verglich die von der Nimrod übermittelten Fotos mit dem von Lloyds zur Verfügung gestellten Decksplan und dem Modell des BP-Supertankers
Weitere Kostenlose Bücher