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Des Teufels Alternative

Des Teufels Alternative

Titel: Des Teufels Alternative Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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mischte Rudin sich ein.
    »O ja, er ist realistisch!« bestätigte er gelassen. Wischnajew warf ihm einen mißtrauischen Blick zu.
    »Ich habe noch immer keine Antwort auf meine Frage bekommen«, stellte Petrow fest. »Was ist mit den Vereinigten Staaten? Was ist mit ihrer Atomstreitmacht? Nicht mit den taktischen, sondern mit den strategischen Nuklearwaffenträgern: Interkontinentalraketen, Fernbomber und Raketen-U-Boote.«
    Alle wandten sich Wischnajew zu. Er erhob sich wieder. »Dem amerikanischen Präsidenten gegenüber müssen gleich zu Anfang drei feierliche Versicherungen in absolut glaubhafter Form gegeben werden«, sagte er. »Erstens: Die Sowjetunion wird niemals als erste thermonukleare Waffen einsetzen. Zweitens: Falls die dreihunderttausend in Westeuropa stationierten Amerikaner in die Kämpfe eingreifen, sind schwere Verluste durch konventionelle oder taktische nukleare Waffen unvermeidbar. Drittens: Sollten die Vereinigten Staaten die Sowjetunion mit Interkontinentalraketen angreifen, werden die hundert größten amerikanischen Städte ausgelöscht.
    Genossen, Präsident Matthews wird sich hüten, New York für das dekadente Paris oder Los Angeles für Frankfurt am Main aufs Spiel zu setzen! Aus diesem Grund werden die Amerikaner nicht mit Atomwaffen zurückschlagen.«
    Es herrschte nachdenkliches Schweigen, während die Perspektiven überdacht wurden. Die reichen Vorräte an Lebensmitteln einschließlich Getreide, die Verbrauchs- und Investitionsgüter, die Technologien in Westeuropa. Der Fall Italiens, Spaniens, Portugals, Österreichs, Griechenlands und Jugoslawiens innerhalb weniger Jahre. Der Goldschatz in den Schweizer Banktresoren. Die völlige Isolierung Großbritanniens und Irlands vor der neuen sowjetischen Küste. Die Beherrschung aller Länder der arabischen und dritten Welt, ohne daß ein weiterer Schuß abgegeben werden mußte. Es war eine berauschende Vorstellung!
    »Ein schöner Plan«, meinte Rudin schließlich. »Aber er steht und fällt mit einer Voraussetzung: daß die Vereinigten Staaten uns nicht mit Atombomben belegen, wenn wir versprechen, unsererseits nicht mit Kernwaffen anzugreifen. Mich würde interessieren, ob Genosse Wischnajew das garantieren kann. Kurz gesagt: Ist das eine feststehende Tatsache oder eine blinde Hoffnung?«
    »Mehr als eine Hoffnung!« knurrte Wischnajew. »Eine realistische Berechnung. Als Kapitalisten und bourgeoise Nationalisten denken die Amerikaner immer an sich selbst zuerst. Sie sind Papiertiger – schwach und unentschlossen. Vor allem sind sie Feiglinge, wenn sie mit einer Situation konfrontiert werden, die sie das eigene Leben kosten kann.«
    »Sind sie das wirklich?« fragte Rudin nachdenklich. »Gut, Genossen, lassen Sie mich versuchen, das bisher Gesagte zusammenzufassen. Genosse Wischnajews Plan ist durch und durch realistisch; aber er basiert auf seiner Hoffnung – entschuldigen Sie, Genosse –, auf seiner Berechnung, daß die Amerikaner ihre strategischen Kernwaffen nicht einsetzen werden. Wären wir jemals zuvor dieser Auffassung gewesen, hätten wir bestimmt die unterdrückten Massen Westeuropas längst vom Faschismus-Kapitalismus befreit und zum Marxismus-Leninismus hingeführt. Ich persönlich habe keine neuen Entwicklungen bemerkt, die die Einschätzung des Genossen Wischnajew rechtfertigen würden.
    Zudem haben weder er noch der Genosse Kerenski jemals mit Amerikanern zu tun gehabt, noch sind sie je im Westen gewesen. Ich kenne den Westen aus eigener Anschauung und bin anderer Meinung. Vielleicht kann Genosse Rykow uns etwas dazu sagen?«
    Der Außenminister war kreidebleich.
    »Das alles erinnert an Chruschtschow – an die Zeit der Kubakrise! Ich beschäftige mich seit dreißig Jahren mit Außenpolitik. Unsere Botschafter in aller Welt berichten mir, nicht dem Genossen Wischnajew. Keiner von ihnen – nicht ein einziger! –, keiner meiner Amerikaexperten, und ich selbst auch nicht, zweifelt im geringsten daran, daß der amerikanische Präsident unter diesen Umständen Kernwaffen gegen die Sowjetunion einsetzen würde. Dabei geht es nicht darum, Städte gegeneinander aufzurechnen. Auch er wäre sich darüber im klaren, daß das Ergebnis eines solchen Krieges die nahezu unbeschränkte Weltherrschaft durch die Sowjetunion sein könnte. Das wäre das Ende Amerikas als Supermacht, als Großmacht … als ernstzunehmender Machtfaktor überhaupt. Nein, die Amerikaner verwüsten die Sowjetunion, bevor sie uns Westeuropa – und damit

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