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Des Teufels Alternative

Des Teufels Alternative

Titel: Des Teufels Alternative Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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lieber in seinem Zimmer bleiben zu wollen. Als die Reisegruppe mit dem Bus zur Nikolauskirche abgefahren war, zog er sich unauffälliger an und schlüpfte aus dem Hotel.
    Kaminski hatte ihm erklärt, was er anziehen mußte, um nicht aufzufallen: eine leichte, nicht allzu elegante Hose, ein billiges Sporthemd mit offenem Kragen, Socken und Sandalen. Ausgerüstet mit einem Stadtplan, machte sich Drake zu Fuß in die überbevölkerte, ärmliche Arbeitervorstadt Lewandiwka auf. Er zweifelte nicht einen Moment daran, daß die beiden Männer, die er dort suchte, ihn mit allergrößtem Mißtrauen behandeln würden. Und das war kaum überraschend, wenn man ihre Herkunft und die Lebensumstände berücksichtigte, die sie geprägt hatten. Drake rief sich ins Gedächtnis zurück, was Miroslaw Kaminski ihm im Krankenhaus von Trabzon erzählt hatte.
    In der Nähe von Kiew liegt die Schlucht Babi Jar, in der die SS über 50   000Juden ermordet hatte, als 1941/42 die Ukraine von den Deutschen besetzt gewesen war. Dort hielt am 29.   September 1966 der berühmteste ukrainische Dichter der Gegenwart, Iwan Dsjuba, eine Rede, die insofern bemerkenswert war, als sich hier ein ukrainischer Katholik scharf gegen den Antisemitismus wandte.
    In der Ukraine ist der Antisemitismus stets weit verbreitet gewesen, und die jeweiligen Herrscher – Zaren, Stalinisten, Nazis, wieder Stalinisten und ihre Nachfolger – haben ihn kräftig gefördert.
    Dsjuba begann seine lange Ansprache mit der Erinnerung an die dahingeschlachteten Juden von Babi Jar und einer nachdrücklichen Verdammung des Nationalsozialismus und des Faschismus. Aber im Verlauf der Rede zeigte sich, daß er auch gegen alle jene Gewaltregime sprach, die trotz ihrer technischen Errungenschaften den menschlichen Geist vergewaltigen und die darüber hinaus versuchen, ihren Opfern einzureden, dies sei normal.
    »Wir sollten jede Gesellschaft deshalb nicht an ihren äußerlichen technischen Leistungen messen«, sagte er, »sondern sie danach beurteilen, welche Stellung und Bedeutung sie dem Menschen einräumt, welchen Wert sie der Würde des Menschen und der Seele des Menschen beimißt.«
    Inzwischen begriffen auch die Tschekisti, die sich unter die schweigenden Zuhörer gemischt hatten, daß der Dichter keineswegs von Hitlers Deutschland sprach: Er sprach von der Sowjetunion des Politbüros. Kurz nach dieser Rede wurde er verhaftet.
    Der Mann, der in dem Keller des Kiewer KGB-Gebäudes die Verhöre überwachte, der die beiden brutalen Schergen mit den langen schweren Pferdepeitschen kommandierte, war ein auffällig junger Oberst aus der Zweiten Hauptverwaltung in Moskau. Er hieß Juri Iwanenko.
    Während der Ansprache in Babi Jar hatten zwei kleine Jungen, beide ungefähr zehn Jahre alt, in der ersten Reihe neben ihren Vätern gestanden. Sie kannten sich damals noch nicht; sie sollten sich erst sechs Jahre später auf einer Baustelle kennenlernen und Freundschaft schließen. Der eine hieß Lew Mischkin, der andere Dawid Lasareff.
    Auch die Teilnahme der Väter von Lew und Dawid an dieser Versammlung war registriert worden, und als sie Jahre danach eine Ausreisegenehmigung nach Israel beantragten, wurden sie beide wegen antisowjetischer Umtriebe vor Gericht gestellt und zu vielen Jahren Arbeitslager verurteilt.
    Ihre Familien verloren ihre Wohnungen, ihre Söhne hatten keine Aussicht, je studieren zu können. Überdurchschnittlich intelligent, waren sie dazu verdammt, sich ihren Lebensunterhalt als einfache Arbeiter zu verdienen. Beide waren mittlerweile 20   Jahre alt.
    Diese Männer suchte Drake jetzt in den heißen und staubigen Seitenstraßen von Lewandiwka.
    Bei der zweiten Adresse wurde Drake fündig: Er traf Dawid Lasareff an, der ihn, nachdem Drake sich vorgestellt hatte, mit äußerstem Mißtrauen empfing. Aber Lasareff war damit einverstanden, seinen Freund Mischkin zu einem Treffen mitzubringen, da Drake dessen Namen und Adresse ohnehin bereits kannte.
    Abends lernte Drake auch Lew Mischkin kennen. Die beiden Männer behandelten ihn fast feindselig. Er erzählte ihnen die Geschichte von Miroslaw Kaminskis Flucht und Rettung und berichtete dann über sich selbst. Als einzigen Beweis konnte er ein Foto vorlegen, das ihn mit Kaminski zeigte; ein Krankenpfleger hatte es in Trabzon mit Drakes Polaroidkamera aufgenommen. Auf dem Bild hielt Kaminski eine türkische Tageszeitung hoch, auf der das Erscheinungsdatum deutlich zu erkennen war. Drake hatte mit dieser Zeitung seinen

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