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Des Teufels Alternative

Des Teufels Alternative

Titel: Des Teufels Alternative Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Gesellschaftsordnung geglaubt, die wir Russen eines Tages der ganzen Welt bringen würden. Es war ein Ideal, das uns allen eine Welt ohne Faschismus, ohne Geldgier, ohne Ausbeutung und ohne Krieg schenken würde.
    So ist es mir beigebracht worden, und daran habe ich wirklich geglaubt. Es ist mir wichtiger gewesen als alles andere: als du, als unsere Liebe, als mein Mann und mein Sohn. Es hat mir mindestens ebensoviel bedeutet wie dieses Land, wie Rußland, das ein Teil meiner Seele ist.«
    Munro kannte den glühenden Patriotismus der Russen, der sie dazu brachte, alles Leid und alle Entbehrungen zu ertragen, der sie alle Opfer auf sich nehmen ließ und der so gelenkt werden konnte, daß sie den Kremlherren bedingungslos gehorchten.
    »Was ist passiert?« fragte er ruhig.
    »Sie haben alles verraten. Sie verraten andauernd alles. Mein Ideal, mein Volk und mein Vaterland.«
    »Sie?« wiederholte Munro. Walentina zog und zerrte an ihren Fingern, als wolle sie sie abreißen.
    »Die Parteibonzen«, antwortete sie erbittert. »Die Natschalstwo. «
    Munro hatte schon zweimal eine radikale Abkehr von früheren Überzeugungen miterlebt. Der Fanatismus eines enttäuschten Gläubigen kann zu seltsamen Extremen führen.
    »Ich habe sie verehrt, Adam. Ich respektierte sie. Ich achtete sie. Jetzt lebe ich schon seit Jahren in ihrer Nähe. Ich lebe in ihrem Schatten, bekomme Geschenke von ihnen und werde mit Privilegien überhäuft. Ich kenne sie aus nächster Nähe, im Privatleben; ich weiß, wie sie über das Volk reden, das sie verachten. Sie sind verderbt, korrupt und grausam. Was sie berühren, verwandelt sich in Asche.«
    Munro setzte sich rittlings auf den Grabstein, um Walentina in die Arme nehmen zu können. Sie schluchzte leise. »Ich kann nicht mehr, Adam, ich kann einfach nicht mehr«, murmelte sie an seiner Schulter.
    »Soll ich versuchen, dich in den Westen zu bringen?«
    Er wußte, daß ihn das seine Karriere kosten würde, aber diesmal war er entschlossen, Walentina nicht wieder fortzulassen. Sie war dieses Opfer wert, sie war jedes Opfer wert. Sie machte sich von ihm frei, das Gesicht tränenüberströmt.
    »Ich kann nicht, Adam. Ich kann nicht fort. Ich muß an Sascha denken.«
    Schweigend nahm er sie wieder in seine Arme. In seinem Kopf tobte es.
    »Woher hast du gewußt, daß ich in Moskau bin?« fragte er vorsichtig.
    Diese Frage schien sie nicht zu überraschen. Aber es war in jedem Fall naheliegend, daß Munro sich dafür interessierte.
    »Vor einem Monat hat mich ein Kollege aus dem Büro ins Ballett eingeladen«, antwortete sie schluchzend. »Wir hatten eine Loge. Als die Lampen erloschen, glaubte ich, mich geirrt zu haben. Aber als sie zur Pause wieder angingen, wußte ich, du warst es wirklich. Daraufhin hielt ich es keine Minute länger dort aus. Ich habe Kopfschmerzen vorgetäuscht und bin nach Hause gefahren.«
    Sie trocknete ihre Augen, der Tränenausbruch schien vorüber zu sein.
    »Adam«, wollte sie schließlich wissen, »hast du geheiratet?«
    »Ja«, sagte er. »Lange nach Berlin. Aber die Ehe hat nicht gehalten. Ich bin schon seit Jahren geschieden.«
    Sie rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Ich bin froh«, sagte sie. »Ich bin froh, daß es keine andere Frau gibt. Das ist nicht sehr logisch, oder?«
    Munro lächelte ihr zu.
    »Nein«, bestätigte er. »Wirklich nicht. Aber ich höre es gern. Können wir uns in Zukunft öfters sehen?«
    Ihr Lächeln verflog; statt dessen trat ein gehetzter Ausdruck in ihre Augen. Sie schüttelte ihre schwarzen Locken.
    »Nein, Adam, nicht sehr oft«, wehrte sie ab. »Man vertraut mir, und ich genieße Privilegien, aber wenn ich einen Ausländer in meiner Wohnung empfange, würde das sehr bald bemerkt und gemeldet werden.
    Auch in deiner Wohnung ist es nicht möglich. Diplomaten werden beschattet – aber das weißt du ja. Auch die Hotels werden beobachtet, und man kann hier nicht einfach eine Wohnung mieten. Wir können uns nicht treffen, Adam, das ist einfach ausgeschlossen!«
    »Walentina, du hast mich wiedersehen wollen. Du hast die Initiative ergriffen. Nur um mit mir über alte Zeiten zu plaudern? Wenn dir dein Leben hier nicht gefällt, wenn du die Männer, für die du arbeitest, verabscheust … Wenn du wegen Sascha nicht fortkannst – was willst du dann tun?«
    Sie war sichtlich um Fassung bemüht und dachte eine Zeitlang nach. Als sie sprach, klang ihre Stimme ganz ruhig.
    »Adam, ich will versuchen, sie an etwas zu hindern. Ich will versuchen, sie

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