Des Teufels Alternative
selbst vor die Weltöffentlichkeit treten müßt. Nur ihr könnt die Einzelheiten nennen, die der Welt beweisen, daß ihr die Wahrheit sagt. Aber das setzt voraus, daß ihr von hier in den Westen entkommt.«
»Das versteht sich von selbst«, murmelte Lasareff. »Uns hält hier nichts mehr. Wir haben wie unsere Väter versucht, nach Israel auszuwandern, aber unsere Anträge sind abgelehnt worden.
Diesmal gehen wir – mit oder ohne Genehmigung. Sobald diese Sache vorbei ist, werden wir nach Israel fliehen. Nur da können wir uns jemals wieder sicher fühlen. Und dort werden wir bekanntgeben, was wir getan haben, und die Schweinehunde im Kreml und im KGB bei ihrem eigenen Volk in Verruf bringen.«
»Und noch etwas«, fuhr Drake fort. »Wenn es geklappt hat, müßt ihr mich durch einen verschlüsselten Brief oder eine Postkarte informieren. Für den Fall, daß etwas mit eurer Flucht schiefgeht. Dann werde ich versuchen, dafür zu sorgen, daß die Weltöffentlichkeit die Wahrheit erfährt.«
Sie vereinbarten, daß eine harmlos klingende Postkarte an eine postlagernde Adresse in London geschickt werden sollte. Nachdem sie sich die letzten Einzelheiten eingeprägt hatten, verabschiedeten sie sich voneinander, und Drake schloß sich wieder seiner Reisegruppe an.
Zwei Tage später war Drake wieder in London. Als erstes kaufte er sich ein umfassendes Buch über Handfeuerwaffen. Als zweites schickte er ein Telegramm an einen Freund in Kanada einen der besten Männer auf der Liste, die er im Lauf der Jahre zusammengestellt hatte und auf der Emigranten standen, die wie Drake davon träumten, ihren Haß ins Lager des Feindes zu tragen. Und als drittes begann er mit den Vorbereitungen für den nächsten Schritt. Er wollte das notwendige Geld durch einen Bankraub beschaffen.
Biegt man in den südöstlichen Außenbezirken Moskaus am Ende des Kutusow-Prospekts nach rechts auf die Rublewostraße ab, erreicht man nach 20 Kilometern das kleine Dorf Uspenskoje im Herzen der Datschengegend. In den riesigen Kiefern- und Birkenwäldern um Uspenskoje liegen Weiler wie Usowo und Schukowka, wo die Landhäuser der sowjetischen Oberschicht stehen. In unmittelbarer Nähe der Uspenskojer Brücke über die Moskwa befindet sich ein Badestrand, an dem sich im Sommer die weniger privilegierten, aber doch recht wohlhabenden Moskauer aus der Klasse der Autobesitzer tummeln.
Auch die Diplomaten aus dem Westen pflegen dort zu baden, und das Uferstück gehört zu den wenigen Orten, an denen Ausländer wirklich mit Moskauer Familien zusammenkommen. Selbst die Routinebeschattung der Diplomaten durch das KGB scheint an Sonntagnachmittagen im Hochsommer nachzulassen.
Adam Munro kam am Nachmittag des 11. Juli 1982, einem Sonntag, mit einer Gruppe britischer Botschaftsangehöriger dorthin. Einige von ihnen davon waren verheiratet, andere, jüngere als er, alleinstehend. Kurz vor 15 Uhr ließen sie ihre Badetücher und Picknickkörbe unter den Bäumen zurück und liefen die niedrige Uferböschung zum Sandstrand hinunter, um zu schwimmen. Als Munro zurückkam, hob er sein zusammengerolltes Handtuchauf und begann sich abzutrocknen. Dabei flatterte etwas zu Boden.
Er hielt inne und bückte sich danach. Es war eine kleine weiße Karte, etwa halb so groß wie eine Postkarte. Auf einer Seite stand in kyrillischer Schreibmaschinenschrift: »Drei Kilometer nördlich von hier steht eine verlassene Kapelle im Wald. Wir treffen uns dort in einer halben Stunde. Bitte! Es ist sehr dringend.«
Munro zwang sich zu einem Lächeln, als eine Botschaftssekretärin auf ihn zukam und ihn um eine Zigarette bat. Während er ihr Feuer gab, ging er im Geist sämtliche Möglichkeiten durch, die ihm einfielen. Ein Dissident, der ihm Untergrundliteratur übergeben wollte? So was machte eine Menge Ärger. Eine religiöse Gruppe, die um Asyl in der Botschaft bitten wollte? Die Amerikaner hatten das 1978 erlebt und endlose Scherereien gehabt. Eine Falle des KGB, um den SIS-Mann in der Botschaft zu identifizieren? Damit mußte man immer rechnen. Kein Sekretär der Handelsabteilung würde eine Einladung annehmen, die jemand in seinem Handtuch versteckt hatte, nachdem man ihn offenbar beschattet und aus dem umliegenden Wald beobachtet hatte. Andererseits war so etwas für KGB-Maßstäbe zu primitiv. Die Opposition würde eher einen angeblichen Überläufer mit Informationsmaterial zu Munro schicken und die Übergabe heimlich fotografieren. Von wem stammte also diese
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