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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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konnte er verschwinden, bevor sie kamen. Aber er würde nicht wieder gehen, das hatte er gewußt, als er angerufen hatte. Um zehn Uhr fünfundvierzig wollte er sich auf dem Bahnhof mit Roscani treffen.

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    Vatikan, St. Johannes-Turm.
    Zur selben Zeit
    »Sie wollten mich sprechen, Eminenz.« Palestrina, dessen hünenhafte Gestalt die Tür beinahe ausfüllte, stand auf der Schwelle von Marscianos Turmapartment.
    »Ja.«
    Marsciano trat beiseite, um Palestrina einzulassen. Hinter ihm tauchte einer der Männer in Schwarz auf, der die Tür von innen schloß und sich als Wachposten daneben aufbaute. Es war Anton Pilger, der ständig grinsende junge Mann mit dem servilen Gesichtsausdruck, der bis vor wenigen Tagen Marscianos Chauffeur gewesen war.
    »Ich möchte Sie privat sprechen«, sagte Marsciano.
    »Ganz wie Sie wollen.« Als Palestrina seine riesige Pranke hob, nahm Pilger soldatisch Haltung an, machte ruckartig kehrt und verließ den Raum.
    Marsciano blickte Palestrina lange an, als versuche er zu erraten, was hinter dessen Augen vorging. Dann streckte er langsam eine Hand aus und deutete auf den ohne Ton laufenden Fernseher. Auf dem Bildschirm war eine grausige Wiederholung der Ereignisse in Hefei zu sehen: Lastwagenkolonnen mit Soldaten der Volksbefreiungsarmee, die in panischer Angst aus der Stadt flüchtende Zivilbe-völkerung. Dann ein Reporter in der an das Militär ausgegebenen Schutzkleidung, dessen Stimme nicht zu hören war, der aber offenbar versuchte, das Grauen in Worte zu fassen.
    »Wuxi liegt am zweiten See.« Marscianos Gesicht war aschfahl.
    »Ich will, daß sich das nicht wiederholt. Ich verlange, daß Sie die dritte Vergiftungsaktion absagen.«
    Palestrina lächelte ungezwungen. »Der Heilige Vater hat nach Ihnen gefragt, Eminenz. Er wollte Sie besuchen. Ich habe ihm gesagt, daß Sie sehr schwach sind und vorläufig viel Ruhe brauchen.«
    »Keine weiteren Toten mehr, Umberto«, flüsterte Marsciano.
    »Mich haben Sie bereits. Sorgen Sie dafür, daß dieser Schrecken in 423
    China aufhört. Dann bekommen Sie von mir, was Sie von Anfang an wollten.«
    »Pater Daniel?« Palestrina lächelte erneut. »Sie haben mir erklärt, er sei tot, Nicola.«
    »Nein, er lebt. Wenn ich ihn darum bitte, kommt er her. Sagen Sie die letzte Vergiftungsaktion ab, dann können Sie mit uns machen, was Sie wollen. Dann nehmen wir das Geheimnis Ihres
    ›chinesischen Protokolls‹ mit ins Grab.«
    »Sehr nobel gedacht, Eminenz. Aber Ihre Einsicht kommt leider zu spät.« Palestrina sah kurz auf den Fernsehschirm, bevor er sich wieder an Marsciano wandte.
    »Die Chinesen haben bereits kapituliert und wollen die Verträge unterschreiben. Aber trotzdem«, fügte Palestrina distanziert lächelnd hinzu, »kann es im Krieg keinen vorzeitigen Rückzug geben; der Feldzug muß plangemäß zu Ende geführt werden.« Er machte eine kurze Pause, um Marsciano spüren zu lassen, daß weitere Bitten zwecklos waren, bevor er fortfuhr: »Was Pater Daniel betrifft, brauchen Sie ihn nicht erst herzubitten. Er ist bereits unterwegs, um Sie aufzusuchen. Vielleicht ist er sogar schon in Rom.«
    »Unmöglich!« rief Marsciano aus. »Wie kann er überhaupt gewußt haben, daß ich hier bin?«
    Palestrina lächelte nochmals. »Pater Bardoni hat es ihm erzählt.«
    »Nein! Niemals!« Marsciano lief vor Wut und Empörung rot an.
    »Er hätte Pater Daniel nie aufgegeben.«
    »Er hat es trotzdem getan, Eminenz. Er hat sich davon überzeugen lassen, daß ich recht habe und daß der Kardinalvikar und Sie unrecht gehabt haben. Daß die Zukunft der Kirche wichtiger als das Leben irgendeines Menschen ist.« Palestrinas Lächeln verschwand. »Pater Daniel kommt, darauf können Sie sich verlassen.«
    Marsciano hatte noch nie im Leben gehaßt, aber jetzt haßte er mit mehr Inbrunst, als er jemals für möglich gehalten hätte.
    »Das glaube ich Ihnen nicht!«
    »Glauben Sie meinetwegen, was Sie wollen.«
    Palestrina griff langsam in die Innentasche des weiten Umhangs, den er über seiner Soutane trug, und zog einen mit einer Kordel zu-424
    sammengezogenen schwarzen Samtbeutel heraus. »Als Beweis schickt Pater Bardoni Ihnen seinen Ring…«
    Ohne Marsciano aus den Augen zu lassen, legte Palestrina den Beutel auf den Schreibtisch neben Marsciano, wandte sich ab und verließ den Raum.
    Marsciano sah nicht, wie Palestrina ging, hörte nicht einmal, wie die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde. Er hatte nur Augen für den schwarzen Samtbeutel. Seine

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