Des Teufels Kardinal
Bewegung auf der Straße vor ihnen aufgefallen.
Roscani stieg mit seinem Mobiltelefon am Ohr aus dem Alfa und sah sich auf der Straße um. Auch Castelletti stieg aus, ließ die rechte 470
Hand auf der Pistole in seinem Schulterhalfter ruhen und ging langsam den Gehsteig entlang. Er suchte die Häuserfronten auf beiden Straßenseiten ab, als sei er beim Secret Service.
Roscani nickte, während er telefonierte, sah dann auf und machte Castelletti ein Zeichen. Die beiden Männer stiegen sofort wieder in den Alfa.
Sekunden später öffnete sich die Tür unter der Hausnummer zweiundzwanzig, und ein bärtiger Mann, der ein Hawaiihemd trug und in einem Rollstuhl saß, wurde von einer jungen Frau mit Jeans und Sonnenbrille in die Morgensonne hinausgeschoben. Der Mann hielt eine Fototasche auf dem Schoß; die Frau trug eine ähnliche Tasche über der Schulter.
»Das ist er!« flüsterte Adrianna. »Und die Frau muß Elena Voso sein.«
Reifen quietschten, als Roscani mit dem Alfa anfuhr und auf der Straße wendete. Dann kam er in Gegenrichtung zurück, verringerte sein Tempo und blieb etwas hinter dem Paar mit dem Rollstuhl, das sich in Richtung Vatikan bewegte.
»Er will sie anscheinend händchenhaltend bis in den Vatikan begleiten.«
Eaton drehte den Zündschlüssel nach rechts, um den Motor anzulassen, und fuhr sofort an. Dann rollte der dunkelgrüne Ford im Schrittempo die Via Nicolò V. entlang. Eaton war wütend, frustriert und machtlos. Er wollte keinen internationalen Zwischenfall provo-zieren und durfte nicht mehr tun, als den Alfa in Sicht zu behalten.
Die beiden bogen jetzt vom Largo di Porta Cavalleggeri auf die Piazza del Sant’ Uffizio ab, nur einen Steinwurf von der südlichen Kolonnade und dem Zugang zum Petersplatz entfernt. Roscani sah instinktiv in seinen Rückspiegel. Ein dunkelgrüner Ford war zwanzig bis dreißig Meter hinter ihnen. Er war mit einem Mann und einer Frau besetzt und fuhr so langsam wie der Alfa. Die Frau auf dem Beifahrersitz senkte plötzlich den Kopf, als fühle sie sich beobachtet.
Dann sah er, wie Elena den Rollstuhl auf die Kolonnade zuschob.
Als Roscani wieder in den Rückspiegel sah, bog der Ford rechts ab, beschleunigte und kam rasch außer Sicht.
471
141
Eaton raste zur übernächsten Straße weiter, bog dann zweimal links ab und war nun auf der Via della Conciliazione. Dort überholte er einen Touristenbus, wechselte abrupt auf die rechte Fahrbahn und brachte den Ford auf einem für Taxis reservierten Standstreifen zum Stehen.
Im nächsten Augenblick sprangen Adrianna und er aus dem Wagen, ignorierten das Geschrei eines Taxifahrers, der sich darüber ärgerte, daß sie den Ford auf einem Taxistandplatz parkten, und rannten durch den Verkehr auf den belebten Platz hinüber. Dort drängten sie sich durch die Touristenmassen und hielten verzweifelt Ausschau nach einer Frau, die einen Rollstuhl schob. Als hinter ihnen plötzlich ein warnendes Hupen ertönte, drehten sie sich um und sahen einen kleinen Pendelbus, der gerade den Petersplatz verließ.
Auf seiner Vorderfront war das Fahrtziel angegeben: Musei Vaticani
– Vatikanische Museen. Darunter war das vertraute blaue Zeichen mit dem weißen Rollstuhl angebracht, das den Bus als behinderten-gerechtes Fahrzeug auswies.
Sie traten rasch beiseite, um den Pendelbus vorbeifahren zu lassen.
Dabei sah Adrianna flüchtig Pater Daniel an einem der vorderen Busfenster sitzen. Dann rollte der Bus auf die Straße hinaus und überquerte die Piazza, an deren Rand sie ihren Wagen zurückgelassen hatten.
Fünfzig Meter weiter überquerte Harry den Petersplatz in einer Menschenmenge, die zur Peterskirche unterwegs war. Er hatte noch immer Scalas Pistole im Hosenbund, trug seine schwarze Baskenmütze fast verwegen in die Stirn gezogen und hatte für alle Fälle den von Eaton erhaltenen Reisepaß eingesteckt, der ihn als Pater Jonathan Roe von der Georgetown University auswies. Unter seiner Priesterkleidung trug er eine Leinenhose und ein Arbeitshemd – Dannys Sachen aus dem Apartment in der Via Nicolò V.
Jetzt erreichte er eine breite Steintreppe, stieg sie inmitten der Menge hinauf und blieb stehen. Vor ihm warteten bereits mehrere hundert Menschen darauf, daß die Portale der Peterskirche geöffnet 472
wurden. Es war acht Uhr fünfundfünfzig, die Portale sollten um neun Uhr geöffnet werden. Genau zwei Stunden vor dem Eintreffen der Rangierlok. Harry, der den Kopf gesenkt hielt und nur hoffen konnte, daß niemand ihn
Weitere Kostenlose Bücher