Des Teufels Kardinal
erkennen würde, holte tief Luft und wartete.
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Herkules kauerte zwischen den Zinnen der an den St.-Johannes-Turm anstoßenden alten Festungsmauer. Dort befand er sich unmittelbar an der Turmmauer und etwa sechs bis sieben Meter unterhalb des runden Ziegeldachs.
Er hatte fast drei Stunden gebraucht, um eine geeignete Stelle zu finden und sich im tiefen Schatten auf der Innenseite der Mauer hoch zu hangeln. Aber er hatte die Mauerkrone erreicht und sich bis hierher vorgearbeitet: ausgepumpt und durstig, aber zur rechten Zeit am rechten Ort.
Unter sich sah er zwei von Farels Männern in Schwarz in der Nähe des Turmeingangs im Gebüsch versteckt. Zwei weitere Männer standen hinter einer hohen Hecke jenseits der schmalen Zufahrt. Die Eingangstür direkt unter ihm schien unbewacht zu sein. Wie viele weitere Männer in Schwarz sich im Turm aufhielten, konnte er nicht beurteilen. Einer, zwei, zwanzig, keiner? Jedenfalls war eingetreten, was Danny vorausgesagt hatte: Farels Leute blieben außer Sicht und warteten wie Spinnen darauf, daß ihre Beute sich nichtsahnend in ihrem Netz verstrickte.
9.07 Uhr
Am Haupteingang der Vatikanischen Museen rückte Elena den Tragegurt ihrer Fototasche zurecht und betrachtete dabei Dannys Tasche. Diese beiden unauffälligen Nylontaschen, die jeder Tourist hätte tragen können, enthielten keine Kameras und Filme, sondern Zigaretten, Zündholzbriefchen, die Plastikbeutel mit den zusammengerollten Stoffstreifen, die mit der Mischung aus Öl und Rum ge-tränkt waren, und die vier mit Dochten versehenen Bierflaschen, die mit der brennbaren Flüssigkeit gefüllt waren – je zwei Molotowcocktails pro Tasche.
Elena und Danny kamen als letzte zum Aufzug und mußten sich gegen die anderen drängen, während die Tür sich hinter ihnen schloß. Wären sie früher in den Aufzug gekommen und hätten sich darin wie die anderen umdrehen können, hätte Danny vielleicht Ea-474
ton mit Adrianna gesehen. Er hätte vielleicht gesehen, wie Eaton sich vom Kassenschalter abwandte und sie im Aufzug erspähte, kurz bevor die Tür sich schloß.
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9.25 Uhr
Harry ging langsam durch den Petersdom, blieb dicht hinter einer Gruppe kanadischer Touristen und bewunderte wie sie Michelange-los Pietà, die leiderfüllte Statue der Muttergottes mit dem toten Christus. Danach löste er sich von den Kanadiern, schlenderte in die Mitte des Kirchenschiffs, betrachtete interessiert das Innere der gewaltigen Kuppel.
Dann wurde es Zeit, Dannys Anweisungen auszuführen.
Er wandte sich nach rechts, ging an den hölzernen Beichtstühlen vorbei, betrachtete im Vorbeigehen die Statuen der Heiligen Michele Arcangelo und Petronilla und erreichte das Denkmal für Papst Kle-mens XIII. Gleich dahinter befand sich ein Mauervorsprung. Als Harry ihn ohne auffällige Eile umrundet hatte, stand er vor einem dekorativen schweren Vorhang, der nur die nackte Mauer zu bedek-ken schien.
Harry sah sich um, stellte fest, daß ihn niemand beobachtete, trat in den schmalen Korridor hinter dem Vorhang und folgte ihm bis zu der Treppe an seinem Ende. Dahinter lag eine kurze Treppe, die zu einer weiteren Tür hinunterführte. Als Harry sie öffnete, stand er im Freien und blinzelte im hellen Sonnenschein der vatikanischen Gärten.
9.32 Uhr
Elena öffnete den Notausgang und hielt die Tür mit einem Fuß auf, während sie das Schloß mit durchsichtigem Klebeband abklebte, so daß es nicht hinter ihr einschnappen konnte.
Sobald sie mit ihrer Arbeit zufrieden war, trat sie ins Freie und schloß vorsichtig die Tür. Dann ging sie weiter und sah zum ersten Stock des Gebäudes auf, aus dem sie eben gekommen war, nachdem sie Danny auf dem Flur vor der Herrentoilette in der Nähe des Eingangs zur Sixtinischen Kapelle zurückgelassen hatte. Auf dem Flur, in den sie in wenigen Minuten zurückkehren würde.
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Sie rückte den Tragegurt ihrer Fototasche zurecht, überquerte rasch einen kleinen Hof und erreichte ein Ensemble aus gepflegten Wegen, Rasenflächen und kunstvoll geschnittenen Hecken, das einen der vielen Eingänge der vatikanischen Gärten bildete. Rechts vor ihr lag die zum Abendmahlsbrunnen hinaufführende geteilte Treppe.
Elena ging rasch, aber vorsichtig darauf zu, sah sich unterwegs mehrmals um, als habe sie kein bestimmtes Ziel, und war für den Fall, daß sie angehalten wurde, darauf gefaßt, einfach zu behaupten, sie habe die Museen durch den falschen Ausgang verlassen und sich hier verlaufen.
Sie nahm die rechte
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