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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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noch immer da.
    Er wandte sich wieder Farel zu.
    »Nein.«
    »Hier hat Ihr Bruder gewohnt.«

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    Dannys Apartment im Erdgeschoß war klein und äußerst spartanisch eingerichtet. Das quadratische Wohnzimmer führte auf einen winzigen Innenhof hinaus und war mit einem Lesesessel, einem Schreibtisch, einer Stehlampe und einem Bücherregal möbliert, die alle aus-sahen, als stammten sie vom Flohmarkt. Selbst die Bücher waren gebraucht, hauptsächlich alte Werke über historische Aspekte des Katholizismus mit Titeln wie Die letzten Tage des päpstlichen Roms, 1850-1870, Plenarii Concilii Baltimorensis Tertii und Die Kirche im Heiligen Römischen Reich.
    Das Schlafzimmer war noch spartanischer eingerichtet. Es enthielt lediglich ein schmales Bett, eine kleine Kommode, die mit Lampe und Telefon zugleich als Nachttisch diente, und einen alten Kleiderschrank. Dannys Garderobe war mager: eine Soutane, ein schwarzer Anzug und ein schwarzes Hemd mit Priesterkragen auf einem einzigen Bügel, Jeans, ein kariertes Hemd, ein abgetragener grauer Jogginganzug, schwarze Halbschuhe und ausgelatschte Laufschuhe. In der Kommode lagen mehrere Priesterkragen, Unterwäsche, drei Paar Socken, ein zusammengelegter Pullover und zwei T-Shirts, eines davon mit dem Wappen des Providence Colleges.
    »Alles ist genau so, wie er es bei der Abreise nach Assisi zurückgelassen hat«, sagte Farel ruhig.
    »Wo hat die Munition gelegen?«
    Farel führte Harry ins Bad und öffnete einen Wandschrank. Er enthielt mehrere abschließbare Schubfächer, die alle aufgebrochen waren, vermutlich von der Polizei.
    »In der untersten Schublade. Ganz hinten hinter einigen Klopapier-rollen.«
    Harry starrte den Schrank einen Augenblick an, dann wandte er sich ab und ging durch das Schlafzimmer ins Wohnzimmer zurück.
    Im obersten Fach des Bücherregals stand eine Kochplatte, die er bisher übersehen hatte. Daneben standen eine einzelne Tasse mit einem Löffel und ein Glas Pulverkaffee. Das war es schon. Keine Küche, kein Herd, kein Kühlschrank. So hätte er als Erstsemester in 50
    Harvard leben können, als er fast kein Geld gehabt hatte und dort nur eingeschrieben gewesen war, weil er ein Stipendium erhalten hatte.
    »Seine Stimme…«
    Harry drehte sich um. Farel stand in der Schlafzimmertür und beobachtete ihn. Im Vergleich zu seinem Körper wirkte sein massiger, kahlrasierter Schädel plötzlich unverhältnismäßig groß.
    »Die Stimme Ihres Bruders auf Ihrem Anrufbeantworter. Sie haben gesagt, sie habe ängstlich geklungen.«
    »Ja.«
    »Als ob er Angst um sein Leben habe?«
    »Ja.«
    »Hat er Namen erwähnt? Leute, die Sie gekannt hätten? Angehöri-ge? Freunde?«
    »Nein, keine Namen.«
    »Denken Sie genau nach, Mr. Addison. Sie hatten jahrelang nichts mehr von Ihrem Bruder gehört. Er ist verzweifelt gewesen.« Farel trat näher an ihn heran und sprach eindringlich weiter. »Man neigt dazu, Dinge zu vergessen, wenn man an etwas anderes denkt.«
    »Hätte er Namen genannt, hätte ich sie der italienischen Polizei gesagt.«
    »Hat er erzählt, weshalb er nach Assisi wollte?«
    »Er hat Assisi mit keinem Wort erwähnt.«
    »Vielleicht eine andere Stadt?« Farel ließ nicht locker. »Einen Ort, an dem er gewesen war? In den er möglicherweise fahren würde?«
    »Nein.«
    »Ein bestimmtes Datum? Einen Tag, einen Zeitpunkt, der wichtig sein könnte?«
    »Nein«, antwortete Harry. »Kein Datum, keine Zeit. Nichts dergleichen.«
    Farel starrte ihn durchdringend an. »Wissen Sie das ganz bestimmt, Mr. Addison?«
    »Ja, das weiß ich ganz bestimmt.«
    Im nächsten Augenblick wurde energisch an die Wohnungstür geklopft. Dann kam der junge Fahrer – »Pilger« nannte Farel ihn – des grauen Fiats herein. Er war noch jünger, als Harry vermutet hatte: ein Junge mit Babygesicht, der sich wahrscheinlich noch nicht einmal 51
    rasieren mußte. Begleitet wurde er von einem Priester. Der hochgewachsene Geistliche war Ende Zwanzig und hatte schwarzes, gelocktes Haar. Hinter seiner schwarzen Hornbrille blitzten kluge dunkle Augen.
    Farel sprach ihn auf italienisch an. Nach wenigen Sätzen wandte er sich an Harry.
    »Das hier ist Pater Bardoni, Mr. Addison, ein Mitarbeiter Kardinal Marscianos. Er hat Ihren Bruder gekannt.«
    »Ich spreche Englisch, wenigstens ein bißchen«, sagte Pater Bardoni mit sanfter Stimme und schwachem Lächeln. »Ich möchte Ihnen mein tiefempfundenes Beileid ausdrücken.«
    »Vielen Dank.« Harry nickte dankbar. Dies war das erste Mal, daß

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