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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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säulenförmig dicke Hals, der massive Brustkasten, der das weiße Hemd zu sprengen drohte. Farels 44
    breite, kräftige Hände sahen aus, als hätten sie den größten Teil seiner gut fünfzig Lebensjahre damit verbracht, den Stiel eines Vor-schlaghammers zu umfassen. Das Eindrucksvollste an ihm waren jedoch seine tief in ihren Höhlen liegenden graugrünen Augen, die jetzt mit abruptem Aufblitzen zu dem Fahrer hinübersahen. Der Mann machte wortlos kehrt, verließ das Lokal und zog die Tür mit einem Klicken hinter sich ins Schloß. Nun wandte Farel sich Harry zu.
    »Mr. Addison, mein Auftrag unterscheidet sich von dem der italienischen Polizei. Sie schützt eine Stadt. Der Vatikan ist ein eigener Staat, ein Land innerhalb Italiens. Deshalb bin ich für die Sicherheit einer Nation verantwortlich.«
    Harry sah sich unwillkürlich um. Sie waren allein. Kein Ober, kein Barkeeper, keine Gäste. Nur Farel und er.
    »Das Blut Kardinal Parmas hat mein Gesicht bespritzt, als er erschossen worden ist. Es hat auch die Gewänder des Papstes be-fleckt.«
    »Ich bin hier, um zu helfen, soweit ich kann.«
    Farel musterte ihn eingehend. »Ich weiß, daß Sie mit der Polizei gesprochen haben. Ich weiß, was Sie ihr erzählt haben. Ich habe das Protokoll gelesen. Ich habe auch den Bericht gelesen, den Ispettore Capo Pio nach dem privaten Gespräch mit Ihnen verfaßt hat. Mich interessiert, was Sie der Polizei nicht erzählt haben.«
    »Was habe ich ihr nicht erzählt?«
    »Oder was die Polizei nicht gefragt hat. Oder was Sie bei Ihrer Befragung ausgelassen haben – absichtlich, oder weil Sie sich nicht mehr daran erinnert haben, oder weil es Ihnen als unwichtig erschienen ist.«
    Farels bedrohliche Präsenz schien den ganzen Raum zu füllen. Harry hatte plötzlich feuchte Hände und spürte, daß ihm Schweißtropfen auf der Stirn standen. Er sah sich erneut um. Noch immer niemand.
    Es war nach acht Uhr. Wann kam das Personal morgens zur Arbeit?
    Wann kamen die ersten Gäste von der Straße herein, um zu frühstük-ken oder einen Kaffee zu trinken? Oder war die Trattoria eigens für Farel geöffnet worden?
    »Ihnen scheint unbehaglich zu sein, Mr. Addison.«

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    »Vielleicht liegt es daran, daß ich es satt habe, von der Polizei verhört zu werden, obwohl ich nichts getan habe, und mich von allen behandeln lassen zu müssen, als hätte ich etwas verbrochen. Trotzdem habe ich mich einverstanden erklärt, mich mit Ihnen zu treffen, weil ich von der Unschuld meines Bruders überzeugt bin. Um Ihnen zu zeigen, daß ich zu jeder nur möglichen Zusammenarbeit bereit bin.«
    »Das ist nicht der einzige Grund, Mr. Addison.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ihre Mandanten. Sie müssen sie schützen. Hätten Sie wie ange-droht die amerikanische Botschaft angerufen oder sich einen italienischen Anwalt als Rechtsbeistand während Ihrer Befragung durch die Polizei genommen, hätten die Medien bestimmt davon erfahren.
    Dann wäre nicht nur publik geworden, welchen Verdacht wir gegen Ihren Bruder hegen, sondern die Medien hätten sich auch mit Ihnen beschäftigt. Wer Sie sind, was Sie beruflich machen und wer Ihre Mandanten sind. Alles Leute, die nicht einmal im entferntesten mit der Ermordung des Kardinalvikars von Rom in Verbindung gebracht werden möchten.«
    »Welche Leute vertrete ich Ihrer Meinung nach, die nicht möchten, daß…«
    Farel unterbrach ihn, indem er ein halbes Dutzend seiner wichtigsten Mandanten aufzählte.
    »Soll ich weitere nennen, Mr. Addison?«
    »Woher haben Sie diese Informationen?« Harry war schockiert und empört. Die Identität der Mandanten seiner Firma wurde streng geheimgehalten. Das bedeutete, daß Farel sich nicht nur für Harrys persönliche Verhältnisse interessierte, sondern auch Leute in Los Angeles hatte, die ihm alles beschaffen konnten, was er wollte. Soviel Reichweite und Macht waren allein schon erschreckend.
    »Abgesehen davon, ob Ihr Bruder schuldig oder unschuldig ist, sind gewisse Dinge einfach zweckmäßig. Deshalb reden Sie jetzt unter vier Augen mit mir, Mr. Addison, und werden es weiterhin tun, bis ich mit Ihnen fertig bin. Das müssen Sie tun, um Ihren eigenen Erfolg nicht zu gefährden.« Farel rieb sich mit zwei Fingern der lin-46
    ken Hand eine Stelle über seinem linken Ohr. »Ein schöner Tag, gerade richtig für einen kleinen Spaziergang…«
    Die Morgensonne beleuchtete die oberen Stockwerke der Häuser, als sie auf die Straße hinaustraten. Farel wandte sich nach links und folgte der

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