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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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sie in Asservatenbeutel. Auch die beiden Polizeifotografen waren noch beschäftigt. Einer machte Fotos mit einer Leica, der andere Videoaufnahmen mit einer modifizierten Sony Hi-8.
    Untersucht wurde auch der an dem Unfall beteiligte Lastwagen. Es war ein großer Mercedes-Kastenwagen, der erst nachmittags als ge-stohlen gemeldet worden war. Sein Fahrer war natürlich längst verschwunden.
    Otello Roscani setzte sich ans Steuer seines blauen Fiat und fuhr langsam um die Absperrung herum und an den Gaffern vorbei. Von der Polizei aufgestellte Halogenscheinwerfer erhellten die Szene wie einen Drehort und lieferten zusätzliches Licht für die Medienkame-ras, die wie besessen fotografierten und filmten.
    »Ispettore capo!«
    »Ispettore capo!«
    Stimmen schrien durcheinander. Wer ist der Täter gewesen? Hängt dieser Fall mit der Ermordung Kardinal Parmas zusammen? Wer ist ermordet worden? Wer wird verdächtigt? Und weshalb?
    Roscani sah alles, hörte alles. Aber er achtete nicht darauf. In Gedanken war er bei Pio und den Ereignissen unmittelbar vor dessen Tod. Gianni Pio war kein leichtsinniger Mann, sondern im Gegenteil stets umsichtig gewesen. An diesem Spätnachmittag hatte er irgendeinen Fehler gemacht.
    Vorerst, ohne Autopsie, ohne Laborberichte, hatte Roscani nur Fragen. Und er empfand tiefe Trauer. Gianni Pio war der Taufpate seiner Kinder und seit über zwanzig Jahren sein Freund und Partner gewesen. Und während er jetzt durch Rom nach Garbatella fuhr, wo Pio gewohnt hatte, um Giannis Frau und die Kinder zu besuchen, bei denen seine Frau längst sein würde, um sie zu trösten, bemühte Otello Roscani sich darum, seine persönlichen Gefühle zu unterdrücken.
    Das mußte er als Polizeibeamter und aus Respekt für seinen toten Freund. Denn sie hätten ihn nur bei dem behindert, was er jetzt für seine wichtigste Aufgabe hielt.
    Er mußte Harry Addison aufspüren.

    95
    21
    Mittwoch, 8. Juli, zur selben Zeit
    Thomas Kind stand in der Dunkelheit und beobachtete den Mann auf dem Stuhl. In dem Raum waren außer ihm noch zwei weitere Männer, die Overalls trugen und irgendwo hinter ihm standen. Sie waren da, um ihm zu helfen, falls er Hilfe benötigte. Die würde er jedoch nicht brauchen. Die Männer sollten dann später den Rest erledigen, was einfach genug sein würde.
    Thomas Kind war neununddreißig, einen Meter achtundsiebzig groß, sehr schlank, keine fünfundsechzig Kilo schwer und sportlich durchtrainiert. Sein kurzgeschnittenes Haar war rabenschwarz, und da auch Schuhe, Leinenhose und Pullover schwarz waren, war er im Dunkeln nur schwer zu erkennen. Die einzige Farbe in seinem blassen Gesicht war das dunkle Blau seiner Augen.
    Der Mann auf dem Stuhl bewegte sich leicht, aber das war alles. Er war an Händen und Füßen gefesselt, und sein Mund war mit mehreren Streifen Heftpflaster zugeklebt.
    Thomas Kind kam näher heran und beobachtete ihn einige Sekunden lang, bevor er hinter den Stuhl trat.
    »Nur ruhig, Genosse«, sagte er halblaut. Geduld und Ruhe waren alles. So lebte er jeden Tag. Ausgeglichen, auf den befriedigenden Augenblick wartend. Das hätte Thomas José Alvarez-Rios Kind, ein geborener Ecuadorianer mit englischer Mutter, in seinem Lebenslauf schreiben können. Geduldig. Pedantisch. Gebildet. Mehrsprachig.
    Außerdem ein ehemaliger Schauspieler. Und einer der meistgesuchten Terroristen der Welt.
    »Nur ruhig, Genosse.« Harry hörte diese Aufforderung zum zweiten Mal. Dieselbe Männerstimme wie zuvor. Gelassen, gleichmütig.
    Sie sprach englisch mit leichtem Akzent. Und Harry glaubte zu spü-
    ren, daß jemand an ihm vorbeiging, aber er war sich nicht sicher.
    Seine tobenden Kopfschmerzen verhinderten genauere Wahrnehmungen. Er wußte nur, daß er auf einem Stuhl saß, an Händen und Füßen gefesselt war und den Mund zugeklebt hatte. Und daß er nichts sah, obwohl er keine Augenbinde oder Kopfhaube trug. Um 96
    ihn herum herrschte völlige Dunkelheit. Nirgends der geringste Lichtschein, nirgends ein heller Streifen unter einer Tür. Nur nachtschwarzes Dunkel.
    Er blinzelte. Dann blinzelte er nochmals, während er den Kopf von einer Seite zur anderen drehte. Und plötzlich traf die Wahrheit ihn wie ein Keulenschlag: Was immer passiert war, wo er sich befinden mochte, welcher Tag dies auch war… er war blind!
    »Nein! Nein! Nein!« brachte er mit Mühe unter dem Heftpflaster hervor, das seinen Mund bedeckte.
    Thomas Kind trat näher an ihn heran.
    »Genosse«, fragte er ruhig und gelassen wie

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