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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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gewesen. In Wirklichkeit war ihr etwas anderes aufgefallen: ein Zeitungsständer und die heutige Ausgabe der La Repubblica mit der Schlagzeile »Kardinal Parmas Attentäter weiter auf der Flucht« und darunter in kleinerer Schrift »Polizei überprüft Opfer des Busattentats.«
    Beide Meldungen kannte sie, ohne über nähere Einzelheiten Bescheid zu wissen. Über die Ermordung des Kardinals war natürlich auch im Kloster gesprochen worden, und dann hatte sich der Anschlag auf den Reisebus nach Assisi ereignet. Unmittelbar darauf war sie jedoch nach Pescara geschickt worden und hatte die Berichter-193
    stattung in Presse und Fernsehen nicht weiter verfolgen können.
    Aber beim Anblick der Schlagzeilen hatte sie sofort reagiert und instinktiv eine Verbindung zu Marco und den drei bewaffneten Männern, von denen ihr Patient und sie Tag und Nacht bewacht wurden, hergestellt. Die offenbar sehr viel mehr über die Hintergründe ihres Aufenthalts in der Casa Alberti wußten als sie selbst.
    In dem Laden hatte sie in der Zeitung die Fotos der Männer gesehen, nach denen die Polizei fahndete. Ihr Verstand hatte auf Hochtouren gearbeitet. Der Anschlag auf den Bus hatte sich am Freitag ereignet. Michael Roark war am Montag bei Pescara mit dem Auto verunglückt. Am Dienstag morgen war sie nach Pescara entsandt worden. War es nicht denkbar, daß ein Überlebender des Busattentats mit schweren Brandwunden im Koma lag? Daß er sich auch beide Beine gebrochen hatte? Daß er zunächst unter strikter Geheimhaltung in einer Klinik oder in einem Privathaus gelegen hatte, bis er in Pescara eingeliefert werden konnte?
    Sie hatte rasch die Zeitung gekauft. Und um sie vor Marco zu tarnen und eine unwiderlegbare Ausrede für ihr Verschwinden in dem Laden zu haben, hatte sie auch die Slipeinlagen gekauft und sich dafür eine Plastiktüte geben lassen.
    In der Casa Alberti war sie gleich nach oben gegangen und hatte die Slipeinlagen gut sichtbar auf die Ablage über dem Waschbecken gestellt. Die Zeitung hatte sie sorgfältig zusammengefaltet unter ihre Sachen in ihren bisher nicht ausgepackten Koffer gelegt.
    »Großer Gott«, hatte sie immer wieder gedacht. »Was ist, wenn Michael Roark mit Pater Daniel Addison identisch ist?«
    Sie hatte sich die Hände gewaschen und den Koffer geöffnet, um die Zeitung herauszunehmen und neben das Gesicht ihres Patienten zu halten, um festzustellen, ob das Zeitungsfoto ihm irgendwie ähnlich sah. Aber dann hatte Marco sie von der Treppe aus gerufen. Sie hatte den Kofferdeckel wieder zugeklappt und war hinausgegangen, um zu fragen, was er wollte.
    Jetzt standen Marco und Pietro draußen, und Luca schlief. Jetzt war der richtige Zeitpunkt.
    Michael Roark, der ihr den Rücken zukehrte, starrte weiter aus dem Fenster, als sie ihre Nische verließ. Sie trat etwas näher an ihn heran, 194
    faltete die Zeitung auseinander und hielt sie hoch, damit das Foto von Pater Daniel Addison sich auf gleicher Höhe mit dem Gesicht ihres Patienten befand. Seine Verbände machten den Vergleich schwierig; außerdem war Michael Roark inzwischen ein Bart gewachsen, während das Zeitungsfoto einen bartlosen Mann zeigte, aber… die Stirn, die Backenknochen, die Nase und…
    Plötzlich drehte Michael Roark den Kopf zur Seite und sah sie direkt an. Elena fuhr zusammen, wich einen Schritt zurück und verbarg die Zeitung dabei hinter ihrem Rücken. Er schien sie sekundenlang anzufunkeln, als wisse er genau, was sie getan hatte. Dann öffnete er langsam den Mund.
    »Wa-wa-sss-er!« krächzte er kaum vernehmbar heiser. »Wa-wasss-er.«

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    Rom.
    Zur selben Zeit
    Warum hatte Roscani ausgerechnet jetzt beschlossen, das Rauchen aufzugeben? Aber heute morgen um sieben Uhr hatte er einfach damit aufgehört, eine erst halbgerauchte Zigarette im Aschenbecher ausgedrückt und sich selbst erklärt, er sei ab sofort Nichtraucher. Seit diesem Augenblick hatte ihm alles mögliche als Tabakersatz gedient: Kaffee, Kaugummi, Gebäck. Wieder Kaffee und noch ein Kaugummi. Jetzt aß er ein Schokoladeneis, das in der Julihitze von der Waf-fel auf seine Hand tropfte, während er im Mittagstrubel zu Fuß auf dem Rückweg in die Questura war. Aber weder schmelzendes Spei-seeis noch sein Nikotinhunger konnten ihn von dem Gegenstand ablenken, der ihn beschäftigte: die verschwundene Llamapistole mit aufgesetztem Schalldämpfer.
    Der Gedanke war ihm mitten in der Nacht gekommen und hatte ihn nicht mehr einschlafen lassen. Morgens im Dienst hatte er als

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