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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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erstes die Übergabebescheinigung kontrolliert, die Jakow Farel und Pio auf dem Bauernhof unterschrieben hatten, als Farel die am Tatort des Busattentats gefundene Waffe übergeben hatte. Alles war korrekt und vorschriftsmäßig. Die Bescheinigung bewies, daß Pio die Waffe gehabt hatte, die nach seinem Tod mit Harry Addison verschwunden war. Aber das war nicht die Überlegung, die Roscani den Schlaf geraubt hatte und ihn noch jetzt beschäftigte. Bisher hatte er immer geglaubt, die spanische Llama habe Pater Daniel gehört und sei das Bindeglied zwischen ihm und dem spanischen Kommunisten Miguel Valera, dem er das Attentat auf den Kardinalvikar von Rom hatte anhängen wollen.
    Aber was war, wenn die Waffe gar nicht Pater Daniel, sondern einem anderen Mitreisenden gehört hatte? Einem auf ihn angesetzten Killer? Dann hatten sie es womöglich nicht mit einem, sondern mit zwei Verbrechen zu tun: mit der versuchten Ermordung des Priesters und dem Sprengstoffanschlag auf den Reisebus.

    196
    23.30 Uhr
    Es war schwülheiß. Die Hitzewelle war noch nicht abgeklungen, und selbst kurz vor Mitternacht betrug die Temperatur noch achtund-zwanzig Grad.
    Um sich etwas Erleichterung zu verschaffen, hatte Kardinal Marsciano seine Soutane aus Schurwolle gegen Khakihose und kurzärmeliges Hemd vertauscht und war in den kleinen Innenhof seiner Residenz getreten, wo hoffentlich eine Brise die unerträglich schwüle Hitze lindern würde.
    Diese Hitze!
    Er versuchte, nicht an sie zu denken, aber das gelang ihm nicht, weil er wußte, daß sie Palestrina dazu bewegt hatte, nun sein Vorhaben in China anlaufen zu lassen. Marsciano las täglich Zeitung, verfolgte die Wetterberichte im Fernsehen und suchte im Internet nach Wettermeldungen aus Asien, genau wie Palestrina. Nur verfügte der Sekretär des Auswärtigen über weit bessere Informationsmöglichkeiten als er.
    Jetzt wartete er auf eine längere Periode mit schwülheißem Wetter im Osten Chinas. Dann würden bei Sonnenschein wuchernde Algen und ihre biologischen Giftstoffe rasch alle Seeflächen bedecken und die Wasserversorgung der Städte an ihren Ufern gefährden. Und sobald die Voraussetzungen ideal und die Algenteppiche dicht genug waren, würde Palestrina anordnen, sein »Protokoll« in die Tat umzu-setzen. Die Seen sollten auf nicht feststellbare Weise so vergiftet werden, daß diese Vergiftung auf den Algenbefall und die unzulänglichen Filteranlagen der veralteten städtischen Wasserwerke zurückgeführt werden würde.
    Das vergiftete Wasser würde zahlreiche Todesopfer fordern und die Wogen der Empörung hochgehen lassen. Die chinesische Führung hätte folglich insgeheim zu befürchten, die Provinzen könnten sich in panischer Angst von der Zentralregierung lossagen, weil Peking nicht einmal imstande war, die Wasserversorgung zu garantieren, und China dadurch in Gefahr bringen, wie die ehemalige Sowjetunion auseinanderzubrechen. Und die Führung würde prompt auf den streng vertraulichen, dringenden Vorschlag eines altbewährten Ge-197
    schäftspartners eingehen, unverzüglich ein Konsortium aus internationalen und zum Teil schon im Lande tätigen Baufirmen zu bilden, um sofort die verfallenden, völlig veralteten Wasseranlagen Chinas erneuern zu lassen: Kanäle, Stauseen, Wasserwerke, Kläranlagen, Staudämme und Wasserkraftwerke.
    Dieser altbewährte Geschäftspartner würde Pierre Weggen sein.
    Und die Firmen und Konzerne, die diese Aufträge übernahmen, würden dem Vatikan gehören. Das war das Herzstück von Palestrinas Plan: Herrsche über Chinas Wasservorräte, dann beherrschst du China.
    Um damit beginnen zu können, brauchte er heißes Wetter, und so heiß, wie es heute in Italien war, so heiß war es auch im Osten Chinas. Marsciano wußte, daß es, falls das Wetter nicht umschlug, was unwahrscheinlich war, nur noch wenige Tage dauern konnte, bis Palestrina den Befehl gab, der den Alptraum auslösen würde.
    Zurück in seiner Bibliothek, ließ Marsciano sich müde am Schreibtisch nieder, um die endgültige Fassung des Protokolls der Besprechung vom Vortag durchzugehen, bei der die zuständigen Kardinäle den neuen Investitionsplan gebilligt hatten. Am Montag morgen sollte er Palestrina zur Unterschrift vorgelegt und damit in Kraft gesetzt werden.
    Während Marsciano arbeitete, stiegen in ihm wieder die mühsam verdrängten Fragen auf, die ihn in jedem ruhigen Augenblick quälten: Wieso hatten sie zugelassen, daß Palestrina sich zu diesem Ungeheuer in

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