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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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nicht zuverlässig gelotst, Mr. Harry? Aus Rom hinaus. Auf der Autostrada. Damit Sie wirklich nach Norden statt nach Süden fahren. Ohne Herkules wären Sie jetzt kurz vor Sizilien, nicht vor Como.«
    »Sie sind wundervoll gewesen. Ich verdanke Ihnen alles, was ich heute bin. Aber ich weiß trotzdem nicht, wovon zum Teufel Sie reden.«
    Harry wechselte plötzlich nach links und hängte sich an einen schnellen Mercedes an. Diese Fahrt dauerte schon viel zu lange.
    »Chiasso liegt an der Schweizer Grenze. Ich möchte, daß Sie mich dort absetzen. Deswegen bin ich mitgekommen.«
    »Damit ich Sie in die Schweiz fahre?« fragte Harry ungläubig.
    »Ich werde wegen Mordes gesucht, Mr. Harry.«
    »Ich auch.«
    »Aber ich kann nicht Priesterkleidung tragen und mich für jemand anders ausgeben. Kein Zwerg kann mit Bus oder Bahn reisen, ohne aufzufallen.«
    »Aber mit einem Privatwagen!«
    Herkules lächelte mit Verschwörermiene. »Bisher hat leider keiner zur Verfügung gestanden…«
    Harry funkelte ihn an. »Herkules, dies ist kein Vergnügungsaus-flug. Ich bin nicht auf Urlaub hier.«

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    »Nein, Sie versuchen, zu Ihrem Bruder zu kommen. Und das tut die Polizei auch. Andererseits ist Chiasso kaum weiter als Como. Ich steige dort aus, Sie wenden und fahren zurück. Nichts dabei.«
    »Was ist, wenn ich nein sage?«
    Herkules setzte sich indigniert auf. »Dann wären Sie ein Mann, auf dessen Wort kein Verlaß ist. Als ich Ihnen diese Sachen zum Anzie-hen gebracht habe, habe ich Sie gebeten, mir zu helfen. Sie haben gesagt: ›Ich tue mein Bestes. Das verspreche ich Ihnen.‹«
    »Ja, aber in Rom und vor Gericht.«
    »Unter den gegenwärtigen Umständen halte ich es für besser, Ihre Hilfe jetzt in Anspruch zu nehmen, Mr. Harry. Das kostet Sie nur zwanzig Minuten Ihres Lebens.«
    »Zwanzig Minuten…«
    »Dann sind wir quitt.«
    »Gut, dann sind wir quitt.«
    Wenig später fuhren sie an der Ausfahrt Como vorbei, aber ihre Vereinbarung erfüllten sie trotzdem nicht. Fünf Kilometer südlich von Chiasso wurde der Verkehr auf der nur noch zweispurigen Stra-
    ße langsamer und kam dann ganz zum Stehen. Vor Harry und Herkules leuchtete eine endlose Schlange aus Bremslichtern. Dann sahen sie in der Ferne Männer herankommen: mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten in schußsicheren Westen, die langsam die Autoschlange entlanggingen und in jeden Wagen sahen.
    »Wenden, Mr. Harry! Schnell!«
    Harry stieß sofort einen Meter zurück, schlug die Räder des Fiat scharf ein, gab im ersten Gang Gas, wendete mit quietschenden Reifen und raste in die Richtung davon, aus der sie gekommen waren.
    »Verdammt, was war das?« Harry sah in den Rückspiegel.
    Herkules gab keine Antwort, sondern beschäftigte sich mit dem Autoradio und fand einen Sender mit italienischen Nachrichten. Die Grenze bei Chiasso war von einem massiven Polizeiaufgebot abgeriegelt, übersetzte Herkules. Im Zuge der Großfahndung nach dem flüchtigen Priester, Pater Daniel Addison, der der Polizei in Bellagio irgendwie entkommen war und möglicherweise versuchen würde, über die Grenze in die Schweiz zu flüchten, wurden sämtliche Fahrzeuge genauestens kontrolliert.

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    »Entkommen?« wiederholte Harry fragend. »Heißt das, daß jemand ihn wirklich gesehen hat?«
    »Das haben sie nicht gesagt, Mr. Harry.«

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    Como.
    19.40 Uhr
    Der graue Fiat parkte kurz nach der Autostrada am Rand der nach Como hineinführenden Straße. Herkules hatte Harry gebeten, an dieser Straße zu halten, und Harry hatte eine geeignete Stelle gefunden. Jetzt saßen sie hier zum letztenmal beieinander, während das sanfte Gelb des Abendhimmels, das den Wagen pastellfarben aus-leuchtete, einen seltsamen Gegensatz zu den Autoscheinwerfern bildete, die draußen in zwei endlosen Schlangen an ihnen vorbeizo-gen.
    »Ob die Polizei hier kontrolliert oder nicht, Chiasso ist zu nahe, als daß ich es nicht versuchen müßte. Das verstehen Sie doch, Mr. Harry?«
    »Ich verstehe es, Herkules. Tut mir leid, daß ich nicht mehr für Sie tun konnte.«
    »Na, dann alles Gute, Mr. Harry.« Herkules grinste und streckte ihm plötzlich die Hand hin, die Harry ergriff.
    »Ihnen auch!«
    Im nächsten Augenblick war Herkules ausgestiegen und stand vor dem Wagen. Harry beobachtete, wie er geschickt eine Lücke im Verkehr ausnutzte, um die Straße zu überqueren. Auf der anderen Straßenseite sah er sich noch einmal um, grinste und schwang sich dann auf seinen Krücken in die Abenddämmerung hinein davon.

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