Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
Vom Netzwerk:
ein Held werden konnte, hatte es damals für Böhmen nicht so viele gegeben. Na, gestorben jedenfalls müsst’ er …«
    »Danke«, unterbrach ich ihn. »Das weiß ich bereits. Und sonst?«

    Des Buchhändlers faltige Gesichtszüge zerknitterten sich weiter. »Gar nichts sonst«, stellte er kummervoll fest, augenscheinlich betrübt, dem Herrn Baron nicht weiter behilflich sein zu können. »Gestorben ist er eben, und nicht einmal dazu gibt es eine Geschichte. Ja, sogar in der Vergangenheit haben manche Leut’ ein ganz ein banales Leben geführt – selbst wenn sie Grafen geworden sind dafür. Da denk’ ich mir schon …«
    Wir sollten niemals erfahren, was Antiquar Nemec sich dachte, denn in diesem Moment hatte Fortuna in ihrer unergründlichen Launenhaftigkeit entschieden, sich uns in Milde zuzuwenden. Ein neuer Kunde betrat die Buchhandlung, ein schmächtiger, blonder Jüngling. Er murmelte einen artigen Gruß, woraufhin Nemec wie versteinert hinter seinem Pult stehen blieb und sich so umständlich räusperte, dass ich erriet, dass es sich um bewussten Neugierigen handeln musste, der vorgestern mit Fragen zu dem Fuchs vorgesprochen hatte.
    »Geh’ schaun’S, junger Herr, ich hab’ Ihnen doch schon gesagt, dass Sie mit der Fuchssymbolik in der Stadtgeschichte keine rechte Freude haben werden«, teilte Nemec dem Neuankömmling mit. Dabei warf er mir einen bedeutungsschweren Seitenblick zu: Fluch des Adelsnamens! Kaum ein bürgerlicher Intellektueller war von der Meinung abzubringen, dass ein Mitglied der Aristokratie nicht zwingend mit Schwachsinn geschlagen sein musste.
    »Sie haben mir aber nicht die Wahrheit gesagt, Pan Nemec«, antwortete der Junge nun. Seine rechte Faust hielt er um einen eng gefalteten Papierstreifen geballt.
    »Wieso kommen’S denn dann gleich wieder her, wenn ich Sie doch nur anlüg’?«, knurrte Nemec. »Außerdem könnten’S eigentlich sehen, dass ich grad den Herrn Baron bedien’!«
    Wenn der Junge mich erkannt hatte, so durfte er sich rühmen, der vollendetste Schauspieler zu sein, den ich jemals zu
Gesicht bekommen hatte. Rasch zog er den Hut und ließ eine kleine Verbeugung folgen.
    »Ich bitte um Verzeihung, Baron«, sagte er in hartem, überkorrektem Deutsch.
    Ich winkte ab, blätterte in dem kunstgeschichtlichen Werk, das ich bei Eintreten des Jungen hastig zur Hand genommen hatte. »Aber fahren Sie ruhig fort, ich habe keine Eile.«
    Auf dem Verkaufstisch bleckte Lysander die Zähne zu einem hämischen Grinsen, was den Jungen einen raschen Schritt rückwärts tätigen ließ, ehe er sich daranmachte, das zerknüllte Blatt zu entfalten und sorgfältig zu glätten.
    Über den Rand meines Buchs hinweg erspähte ich eine von Mirkos dilettantischen Fuchszeichnungen auf dem Papier, welches nunmehr an Antiquar Nemec weitergereicht wurde.
    »Füchse«, erklärte der Knabe; streitlustig stemmte er die Hände in die Hüften und reckte das Kinn nach vorn, und wirkte dabei doch nur armselig. »Gehen Sie nur durch die Kaffeehäuser, Pan Nemec. Schauen Sie sich nur um. Füchse werden Sie finden. Überall.«
    Kopfschüttelnd legte Nemec den Zettel beiseite und gab murmelnd seine Meinung zu »feinen Hausarbeiten, bei denen der junge Herr sich in Kaffeehäusern herumtreibt« zum Besten. Der so Getadelte errötete; offensichtlich hatte er sich gerade wieder seiner ursprünglichen Lüge erinnert. Soweit die beengte Verkaufsstube es erlaubte, begann er umherzuwandern, über ächzende Holzdielen, von der Tür bis zu den Regalen an der gegenüberliegenden Wand, bis er schließlich zu einer gewagten Schlussfolgerung kam. »Jetzt verstehe ich.« Er war augenscheinlich stolz über seine Weltläufigkeit. »Wie dürfte ich mich denn für Ihre Hilfe revanchieren?« Und mit diesen Worten zerrte er sein Portemonnaie aus der Tasche seines Jacketts!
    Lysander stieß einen Laut aus, der verdächtig an menschliches Lachen gemahnte; auch ich konnte mir bei dem Anblick
von Nemecs entsetzter Miene ein Schmunzeln nicht verkneifen. Der geeignete Augenblick war gekommen, um einzuschreiten und den Bub vor seinem peinlichen Fehler zu bewahren  – woraufhin er, daran zweifelte ich nicht, mit Sicherheit sein Heil in einer raschen Flucht gesucht hätte. Mit ostentativem Desinteresse legte ich das Buch auf der Verkaufstheke ab, maß den Jungen vom ordentlich gezogenen Scheitel bis zu den staubigen Schuhspitzen.
    »Ist denn das Problem so dringlich, dass es derart abstoßende Manieren rechtfertigt?«, wollte ich

Weitere Kostenlose Bücher