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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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bebenden Schultern umklammerte, den Kopf senkte, bereit, seine Zähne in ihren Hals zu schlagen.
    »Lassen Sie sie gehen«, brach es aus mir heraus. »Sie wollen es doch gar nicht tun. Ich sehe es an Ihren Augen.«
    »Sie irren, Baron«, widersprach mir der Vampir, ohne den Blick von Lili zu wenden. Dann hob er den Kopf, lauschte angespannt. Nun vernahm auch ich das Geräusch: Sand und Kies knirschten unter Stiefelabsätzen und scharrenden Pfoten.
    Bis heute kann ich die Frage, warum ich es tat, nicht restlos beantworten. Hatte vorübergehender Wahnsinn von mir Besitz ergriffen? Hatte ich vergessen, wie lachhaft und zum Scheitern verurteilt ein derartiger physischer Angriff auf den Vampir unweigerlich war?
    Buckingham besaß den Anstand, überrascht zu sein, als ich mich auf ihn stürzte. Er stieß Lili zur Seite, taumelte. Einen Moment ließ er mir die Illusion, es handle sich tatsächlich um
einen Kampf und nicht um den Auftakt eines ungewöhnlichen Selbstmordversuchs – dann fand ich mich rücklings auf dem Boden wieder. Vergeblich versuchte ich mich aus seinem eisernen Griff zu winden; dann schlugen sich seine Fangzähne in meinen Hals und ich lernte, was der Biss des Vampirs wirklich bedeuten konnte.
    Bisher war er mit sanfter Nachsicht mit mir verfahren, wann immer er von meinem Blut getrunken hatte, war mehr Verführer denn Peiniger gewesen. Jetzt wollte er mir Schmerzen bereiten. Und, bei Gott, das gelang ihm! Ein Raubtiergebiss zerrte rücksichtslos an Haut und Fleisch und Muskel; dazu gesellten sich unbeschreibliche Qualen – es war, als risse er meine Seele in Fetzen!
    Schreie und Worte, deren Bedeutung ich doch nicht erkennen konnte, drangen durch einen blutroten Nebel der Schmerzen zu mir; ließen mich beten, dass Lili und Mirko nicht auf die Torheit verfallen waren, mir zu Hilfe zu eilen, und stattdessen den kostbar erkauften Augenblick zur Flucht nutzten.
    Ein Lichtschein, eine Flamme flackerte in der Dunkelheit auf. Buckingham ließ von mir ab.
    »Ich halte einen Kanister, gefüllt mit einer sehr wirkungsvollen Mischung aus Öl und Benzin in meiner rechten Hand«, sagte eine gelassene, vertraute Stimme. »Und eine brennende Pechfackel in meiner Linken. Vielleicht möchten Sie Ihren nächsten Schritt noch einmal überdenken, Master Buckingham?«
    Mag sein, dass Alvin Buckingham über etliche Qualitäten verfügte – Vernunft gehörte gewiss nicht dazu. Fassungslos musste ich mit ansehen, wie er nach vorn schnellte, wie Felix den Kanister schwang, ihm die Fackel entgegenschleuderte.
    Eine Stichflamme; niemals in meinem Leben werde ich das panische Kreischen des Vampirs vergessen. Lili Trubic löste sich aus ihrer Erstarrung, unternahm einen Versuch, ihrem
Vater die Fackel zu entwinden. Immer schriller, unmenschlicher wurden die Schreie, während Buckingham vergeblich an seiner brennenden Kleidung riss, sein Haar Feuer fing. Lysander tauchte unerwartet an meiner Seite auf, seine feuchte Schnauze berührte meine Schläfe, als wolle er sich vergewissern, dass ich noch am Leben war.
    Schritte und eine neue Stimme, die ungehalten fluchte; aus den Augenwinkeln sah ich, dass unser braver Chauffeur gekommen war, um herauszufinden, was hier vor sich ging. Ich sah Mirko eine Pistole ziehen, eine lächerliche Sekunde beschäftigte mich tatsächlich die Frage, wie er zu der Waffe gekommen war. Mit professioneller Kaltblütigkeit, die ich ihm niemals zugetraut hätte, richtete er sie auf den ungebetenen Zeugen, der wie versteinert in der Bewegung innehielt.
    Felix hatte die Fackel fallen gelassen und hielt Lili, die sich heftig wehrte, an den Handgelenken umklammert.
    Die Flammen loderten.
    Kreischend wälzte sich Buckingham im Gras, doch in meinem Kopf hallte seine Stimme mit erschreckender Klarheit.
    Helfen Sie mir! Helfen Sie mir!
    Die Urangst vor dem Feuer; seit dem Unfall in Dieppe war sie noch tiefer in mir verankert. Und doch zwang ich mich auf die Beine. Ich riss mir das Jackett vom Leib, ging damit auf die Flammen los. So wie damals schlug mir schier unerträgliche Hitze ins Gesicht. Feuerzünglein leckten an meiner Haut, jemand schrie – vielleicht der Vampir, vielleicht ich selbst? Die Hitze, die Furcht, die Unentrinnbarkeit des grässlichen Schicksals. Der Tod im Feuer. Eingeschlossen, in glühendem Blech, in der Monstrosität des eigenen, unsterblichen Leibes. Ich schlug immer weiter auf die Flammen ein.
    Und irgendwann war es vorbei.

     
     
    Niemand rührte sich; vor uns lag reglos die

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