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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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den letzten Tagen schon erreicht, das du nicht allein hättest zuwege bringen können?«
    Felix ignorierte meinen larmoyanten Einwand. Umständlich umrundete er die Bankreihe, ging neben mir in die Hocke. Vorsichtig ergriff er meine rechte Hand und besah sich die Brandblasen und Wunden, die ich bisher kaum zur Kenntnis genommen hatte. »In deiner Eitelkeit wirst du von nun an zwei Handschuhe tragen müssen«, spottete er, wurde jedoch sogleich wieder ernst. »Wer vermag schon zu sagen, wo ich ohne deine Hilfe wäre. Vielleicht hätte ich nicht einmal versucht,
mein Leben zu retten – und mich meinem Schicksal gefügt, wie so viele meiner Familie vor mir.«
    Ich machte mich los. »Du würdest niemals aufgeben«, murmelte ich mit einiger Bestimmtheit.
    »Wer weiß … Was ich eigentlich sagen wollte, war Danke.«
    Peinlich berührt blickte ich auf ihn herab: Felix, Graf Trubic, hatte nicht sentimental zu werden. Dass er selbst ähnlich empfand, schloss ich aus seinem abrupten Themenwechsel: »Möchtest du nicht deinen Brief lesen, Dejan?«
    »Da es sich um deine Familie handelt, ist es wohl eher dein Brief.«
    Umständlich richtete sich Felix auf, klopfte seinen Anzug ab. »Das ist das Gegenstück zu jener seltsamen Korrespondenz, die gestern früh für Lili abgegeben wurde? Meine Diener wissen, dass ich gern gut informiert bin«, fügte er erklärend hinzu. »Und nun lies vor!«
    Ich öffnete den Umschlag, getrieben von Neugier auf die Geheimnisse, die sich uns offenbaren würden.

     
    Lili,
    wenn Du diese Zeilen liest, weißt Du bereits, dass ich unsere Abmachung brechen werde. Nicht Thomas Carlton, nicht Alvin Buckingham waren je geschaffen, zu verzichten. Und doch will ich es um Deinetwillen versuchen.
    Vielleicht verlässt mich auch nur der Mut in der Stunde der Wahrheit. So lange habe ich mein einsames Dasein gefristet, so lange habe ich mir einen Gefährten – Dich, meine Gefährtin! – herbeigesehnt, dass ich nicht wage, den Traum zugunsten der Wirklichkeit einzutauschen. Denn in meinen Träumen, da sind wir einander in Demut und … ja, Liebe verbunden, nicht in Notwendigkeit und Furcht.
    Ein Kuss, ein Abschied, eine Warnung: Geh fort, Lili, weit fort von mir, und komme nicht wieder! Ich kann Dir nicht versprechen, dass meine Großmut den Sommer überdauern wird, wenn Du bleibst; wenn mich jede Nacht aufs Neue der Geschmack Deines Bluts an Dein Versprechen erinnert.
    Ich selbst – wie Du alsbald erfahren sollst – muss immer wieder nach Prag zurückkehren. Derselbe Fluch, der Deine Familie seit Jahrhunderten quält, hat auch mich an diese Stadt gebunden. Ich bin ihr auf Gedeih und Verderb ausgeliefert – seit damals, seit jener einen Nacht.
     
    Ich vermag nicht mehr zu sagen, was mich nach Tagen schließlich bewogen hatte, hinab in das Verlies zu steigen; der eine oder andere Gulden hatte mir Desinteresse und Schweigen der Wachen erkauft.
    Noch heute schäme ich mich der Tränen, die heiß in meinen Augen brannten, als ich vor Lišeks Kerkerzelle stand: Eine zerschlagene, groteske Gestalt in Fesseln lag da auf dem harten Stein – eine Gestalt, die nichts mehr gemein hatte mit meinem alten Freund.
    Dann hob er den blutbesudelten Kopf. Ich schwöre, aus geblendeten
Augen blickte er mir bis in den Grund meiner Seele. Ich flehte um Vergebung.
    »Ich will nicht sterben«, keuchte Lišek, und ich floh in mein Gemach, wo ich heulend und schreiend mit Gott um mein Seelenheil und Lišeks Leben focht. Als ich mein Leben für das seine anbot, da löste sich plötzlich eine Kreatur aus den Schatten: »Ich bin hier, deine Gebete zu erhören.«
    Die Kreatur sprach flüsternd zu mir und ich lauschte, starr vor Entsetzen. Sie bringe den Tod und das ewige Leben, sagte sie, und manche andere Blasphemie, bis ich sie Satan hieß und das Kreuz schlug.
    Daraufhin verhöhnte sie mich: In Angst und Selbstsucht würde ich meine unreine Seele noch immer dem Allmächtigen Herrn anvertrauen, obwohl mein einziger Gott doch schon die Finsternis in meinem Herzen sei. Aus dem Zwielicht trat sie in den flackernden Schein der Kerzen und ich erkannte ihre Schönheit, an der jedoch nichts Menschliches war: Eine bleiche, heidnische Göttin stand vor mir, und ich wich vor ihrer Herrlichkeit zurück. »Du hast mich gerufen«, sagte sie. »Hast mich geweckt aus dem Schlaf der Jahrhunderte. Ich will dir helfen.«
    So weihte ich meine Seele der Dunkelheit. Sie trank mein Blut, mein Leben. Und als ich in ihren Armen lag, da führte sie

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