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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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flankiert, scheinbar absichtslos einherschlenderte.
    »Meister Carlton«, grüßte er mich freundlich, ja, er neigte sogar den Kopf ein wenig vor mir.
    »Baron Trubic«, antwortete ich bestürzt und verbeugte mich tief aus der Hüfte.
    »Ich sehe, Euer wagemutiger kleiner Gefährte hat Euch heute im Stich gelassen. Warum begleitet Ihr mich nicht ein Stück?«
    Selbst ich, wenig bekannt mit den gesellschaftlichen Umgangsformen, erkannte den Befehl, obwohl dieser im höflichsten Plauderton
vorgetragen wurde. Mit rasendem Herzschlag schritt ich neben Milan Trubic her, die Fackelträger fielen ein wenig zurück. Lange wartete ich, dass er seine verhängnisvollen Fragen stellen würde. Als der Baron jedoch nur schwieg, platzte es aus mir heraus: »Habt Ihr auf mich gewartet, Herr?«
    Milan Trubic musterte mich staunend. »Selbstredend! Immerhin folge ich Euch seit Wochen auf Euren nächtlichen Unternehmungen.«
    Ich blieb stehen. Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht mit diesem freimütigen Bekenntnis.
    »Was haben sie nur vor, Eure hochwohlgeborenen Freunde? Verrat an Kaiser und Krone? Ein Mordkomplott? Bei Hofe machen Gerüchte über einen anstehenden Anschlag auf des Kaisers Leben die Runde«, Trubic sprach ungerührt weiter. »Wäre es nicht außerordentlich unerfreulich, wenn ein nutzloser Alchemist als Drahtzieher der Verschwörung enttarnt und gehängt werden müsste?« Ich schwieg.
    »Ihr widersprecht mir nicht? Gut, gut. Ich hatte befürchtet, ich würde Euch überreden müssen. Nun denn … alles, was ich wissen muss, ist ein Name.«
    Und so kam es, dass ich in der Nacht des 3. Dezember anno 1602 meinen ersten Pakt mit dem Teufel schloss.
    Was dann geschehen ist, war ebenso blutrünstig wie banal. Am folgenden Tag wurde Lišek ergriffen und in den Kerker der Burg geworfen. »Tod dem Kaiser« und »Freiheit für Böhmen!«, so hallten seine Schreie durch das Verlies, als man ihn den kundigen Händen der Folterknechte überließ.
    Die Furcht vor des Volkes Meinung und Gewalt bewog die Hohen Ratsherren dazu, Lišek keinen öffentlichen Prozess zu machen; ja, selbst sein Komplott, das er so willig gestanden hatte, zu verschweigen. Damit war auch dem ehrenwerten Baron Trubic der Plan durchkreuzt – denn wo kein Verräter, da war auch kein Platz für Helden.

    Der Rest der Geschichte, Lili? Komm morgen Nacht zu mir, in der letzten Stunde vor Sonnenaufgang. Ich will Dich bei der Rotunde treffen und Deine Neugier befriedigen. Bringe den Baron und Sir Lysander nur mit, wenn Dir der Sinn danach steht. Sie werden uns nicht stören.
     
    A. B.

14
PRAG 3. BIS 4. JULI 1909

AUS DEN AUFZEICHNUNGEN BARON SIRCOS, 3. JULI 1909 (ABENDS)
    Die Stunden krochen dahin. Stille lastete auf der Nacht; eine jener Nächte, in denen der Südwind Erinnerungen und Dämonen vor sich hertrieb und selbst die Rosen süßlich nach Verwesung dufteten.
    Ich stand am Fenster und in meiner Phantasie ließ ich ein Prag ferner Jahrhunderte erstehen, das Buckingham uns so eindringlich heraufbeschworen hatte. Stolze, goldene Kaiserstadt, wo ein junger Mann bitter für seine Träume hatte bezahlen müssen.
    Die Straße unter mir war ruhig und verlassen: Meine liebste Tageszeit, jene wunderliche Stunde, da die Anhänger bourgeoiser Abendvergnüglichkeiten bereits den Heimweg angetreten hatten, während die Unersättlichen, die Freien und die Einsamen noch lange nicht an Rückkehr in die Schranken ihrer Wohnstätten denken wollten.
    Damals, als ich auf Anraten Felix Trubic’ nach Prag gekommen war, hatte ich diese Spanne zwischen den letzten Versprechungen der Nacht und dem ersten Blinzeln des Morgengrauens gern dazu verwendet, mich durch die Stadt treiben zu lassen. In dem nächtlichen Reich zwischen Prachtbauten und verwinkelten Gassen suchte ich unermüdlich nach dem einen Augenblick, in dem die Stadt mich willkommen hieß. Solange wurde ich nicht fündig, bis es mich nicht länger kümmerte. In dieser Stadt der unterschiedlichen Nationalitäten, Vergangenheiten,
Konfessionen und Gesinnungen tat es nicht weh, Fremder zu sein.
    »Es wird spät. Wir sollten an Aufbruch denken«, drang Lysanders müde Stimme in meine Gedanken.
    Ich wandte mich der kleinen Gesellschaft in meinem Salon zu: meine beiden Gefährten, die unablässig allerlei Wege, einen Vampir außer Gefecht zu setzen, ersonnen und wieder verworfen hatten.
    Und Lili Trubic, die allein vor einem Schachspiel saß, die gläsernen Figuren betrachtete und zwischen ihren Fingern drehte. Hatte

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