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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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Da ist um Mitternacht am Friedhof ein Dämon erschienen. Gelbe Augen soll er gehabt haben, gelbleuchtende
Augen, wie Satan persönlich und gelacht soll er haben, gelacht!«
    Wir passierten das Nationaltheater, bogen nach links auf den Moldaukai ab. Von der Sophieninsel wehten die Klänge eines sentimentalen Operettenliedchens zu uns; Gaslampen flackerten, und bunte Girlanden flatterten im Wind, wo getanzt und getändelt wurde in dieser Sommernacht.
    »Die Leute, die oben am Vyšehrad wohnen«, setzte der Chauffeur unverdrossen seine Erzählung fort, »die tun natürlich alle so, als würden sie im Leben nicht dran glauben, dass es da nicht mit rechten Dingen zugeht. Aber fragen sie einen, ob er um Mitternacht zum Friedhof geht? Kein Gedanke! Das machen nur die feinen jungen Herren, die ihren Mäderln imponieren wollen!«
    Ich hörte nicht mehr zu, denn ich war mir nun sicher, dass uns mit einigem Abstand ein anderer Wagen folgte. »Bleiben Sie stehen«, befahl ich barsch, als wir den Hügel fast erreicht hatten.
    Obwohl der Fahrer mich überrascht ansah, tat er wie geheißen. Zu meiner großen Beruhigung passierte uns daraufhin das Automobil und rumpelte mit ungeminderter Geschwindigkeit den Moldaukai entlang.
     
     
    Ich wies den Chauffeur an, unter allen Umständen auf uns zu warten, ganz gleich, wie lange wir auch bräuchten und was in der Zwischenzeit geschehen mochte – eine Anweisung, die ich mit einem großzügigen Trinkgeld untermauerte. Dann bot ich Lili, die bleich und gefasst auf der Sitzbank kauerte, meinen Arm.
    »Sie haben immer noch die Wahl, zu gehen«, rief ich ihr in Erinnerung, während wir die gewundene Straße vom Leopoldstor hügelaufwärts schritten. »Vielleicht wird er Sie eine Weile
nicht aufspüren können, wenn Sie das Land verlassen und sich dabei gewitzt anstellen.« Im dem Moment, in dem ich die Worte ausgesprochen hatte, wurde mir ihre Unsinnigkeit bewusst  – und dennoch schien mir alles erträglicher als die drückende Stille der Nacht, in der ein Dämon auf uns lauerte.
    Lili Trubic schüttelte langsam den Kopf. Eine Haarsträhne löste sich aus ihrer Frisur und fiel ihr ins Gesicht. »Egal, wohin ich fliehen würde, er würde mich nach einer Weile aufspüren. Ich würde immer in Angst leben. Nein, ebenso gut kann ich versuchen, Alvin umzustimmen.«
    Woraufhin Lysander, der neben uns im Gras hoppelte, sich bissig nach ihren genaueren Plänen, wie sie dieses Wunder zu wirken gedachte, erkundigte. Stille war die Antwort.
     
     
    Wie verabredet erwartete der Vampir uns an der Rotunde. Im flackernden Licht der Gaslaterne, die Mirko klugerweise mitgenommen hatte, sah ich, dass Buckingham auf seine übliche Kostümierung verzichtet hatte und stattdessen einen eleganten Abendanzug trug, der sogar weitgehend den modischen Konventionen der Gegenwart entsprach. Er grüßte uns mit einem Zähnefletschen und einem ironischen Salut. »Es rückt die gesamte Kompanie an!«, spottete er. »Wie hübsch. Da lerne ich nun endlich den tapferen, kleinen Adlatus der Herren kennen.«
    Mirko tat einen raschen Schritt zurück, als der Vampir sich ihm näherte. Ich konnte es ihm nicht verdenken; man musste schon mit bemerkenswerter Dummheit geschlagen sein, um bei der Begegnung mit einem Vampir nicht Vorsicht walten zu lassen.
    Buckingham lachte kehlig. »Hat Ihnen meine Geschichte gefallen?«, erkundigte er sich sodann bei Lili.
    »So gut, dass ich unverzüglich den Rest zu hören verlange«, erwiderte sie tapfer.

    Das Knattern eines Automobilmotors erklang, worauf Mirko einen wüsten Fluch ausstieß. Buckingham grinste teuflisch.
    »Hat Sie etwa Ihr Chauffeur im Stich gelassen? Ich darf Sie beruhigen. Wenn ich Sie nicht gehen lassen möchte, dann werden Sie es auch nicht tun.« Seine Fangzähne blitzten im Mondlicht.
    »Das gilt auch für Sie, Sir Lysander«, rief er meinem alten Freund nach, der sich flink in Richtung Leopoldstor entfernte  – vielleicht gedachte er tatsächlich, den Wagen aufzuhalten. Doch was immer er auch vorhatte, kümmerte mich nicht mehr, da der Vampir in jenem Moment ein Briefkuvert aus seinem Jackett zog und es Lili Trubic entgegenhielt. »Du weißt, was das Ende der Geschichte dich kostet?«, flüsterte er.
    Lili nickte. Mechanisch schob sie den Brief in ihr Jäckchen. Wie betäubt sah ich zu, wie sich ihre kleine Hand in die ausgestreckte Rechte des Vampirs legte, wie er sie behutsam an sich zog. Ein wunderlicher Ausdruck lag in seinem Antlitz, als er ihre vor Furcht

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