Des Teufels Novize
wirklich, ob wir jemals auch nur einen Knochen von Peter Clemence wiedersehen.«
Sie hatten das vordere Ende der Brücke erreicht. Drunten, nahe und schweigend, glitt der Severn mit hoher Geschwindigkeit dahin wie eine Schlange, deren Schuppen gelegentlich einen Funken Sternenlicht einfingen und silbern blitzten, bevor die Windung vorbei war und schneller als ein Fußgänger stromab eilte. Sie blieben stehen, um Abschied zu nehmen.
»Und Ihr geht nun nach Aspley«, sagte Hugh. »Wo der Mann noch einen Tag vor seinem Tod sicher bei seinen Verwandten rastete. Falls er wirklich tot ist! Ich vergesse immer, daß wir nur raten können. Wie, wenn er gute Gründe hatte, dort zu verschwinden und sich als tot abschreiben zu lassen? Männer wechseln heutzutage ihre Verbündeten wie Hemden, und für jeden Mann, der sich zum Verkauf anbietet, gibt es reichlich Käufer. Nun, gebraucht in Aspley Eure Augen und Euren Kopf für den Jungen – ich erkenne es inzwischen ganz genau, wann Ihr einen Flügel über ein Küken gebreitet habt –, doch laßt mich auch wissen, was immer Ihr über Peter Clemence in Erfahrung bringen könnt und was er beabsichtigte, als er sie verließ und nach Norden ritt. Ein Unschuldiger mag dort, ohne es selbst zu wissen, die Antwort kennen, nach der wir suchen.«
»Das will ich tun«, antwortete Cadfael und wandte sich im Dunkel zum Kloster um, hinter dessen Mauern sein Bett wartete.
5. Kapitel
Ausgestattet mit der Autorität des Abtes und mit etwas mehr als vier Meilen Weg vor sich, besorgte Bruder Cadfael sich lieber ein Maultier aus den Ställen, statt die Reise nach Aspley zu Fuß zu machen. Es hatte Zeiten gegeben, da hätte er es verschmäht zu reiten, doch er war über 60 Jahre alt und mehr als bereit, es sich bequem zu machen. Außerdem hatte er nur noch wenig Gelegenheit zum Reiten, einst eines seiner größten Vergnügen, und er konnte es sich nicht erlauben, eine solche Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen.
Er brach nach der Prim auf, nachdem, er einen hastigen Bissen und Trunk zu sich genommen hatte. Es war ein nebliger, milder Morgen, erfüllt von der schweren, süßen, feuchten Melancholie der Jahreszeit, mit einer dicht verschleierten Sonne, die groß und sanft durch den Dunst lugte. Und es war eine angenehme Reise, weil er zumindest am Anfang die Straße benutzen konnte.
Der Große Wald, südlich und südwestlich von Shrewsbury gelegen, hatte im Gegensatz zu den meisten seiner Art lange Zeit ungeplündert überlebt, denn es gab nur wenige und weit auseinanderliegende gerodete Stellen. Dichtes Unterholz gab dem Wild Schutz, und offene Heideflächen boten allen Arten von Geschöpfen der Erde und der Luft einen Unterschlupf.
Sheriff Prestcote hielt ein wachsames Auge auf Veränderungen, doch er griff nicht ein, solange Recht und Ordnung nicht gefährdet waren; den Anwesen am Waldrand hatte er, unter der Voraussetzung, daß sie mit fester Hand den Frieden schützten, sogar erlaubt, ihre Felder zu vergrößern und zu verbessern. Am Waldrand lagen sehr alte Güter, die aus Lichtungen mitten im Wald entstanden waren; mit der Zeit hatten sie große Flächen bestellbaren Landes freigeschlagen und den Zuwachs eingezäunt. Der Ostrand wurde von den drei alten Nachbargütern Linde, Aspley und Foriet behütet; die Gegend war halb bewaldet und halb offen. Ein Mann, der von hier aus nach Chester reiten wollte, brauchte nicht den Weg durch Shrewsbury zu nehmen, sondern konnte es umgehen und im Westen liegen lassen. Peter Clemence hatte dies getan und beschlossen, da sich ihm schon die Gelegenheit bot, lieber seine Verwandten zu besuchen, statt den sicheren Hafen der Abtei von Shrewsbury anzulaufen. Wäre sein Schicksal ein anderes gewesen, wenn er sich entschieden hätte, im Schutz von St. Peter und St. Paul zu nächtigen? Dann wäre er auf dem Weg nac h Chester auch nicht durch Whitchurch gekommen, sondern hätte sich weiter nach Westen gehalten und die Sümpfe umgangen. Zu spät, um sich Gedanken zu machen!
Cadfael wußte, daß er in die Ländereien von Linde eindrang, als er sauber abgeerntete Felder und die Reste von lange geschnittenem Getreide und Stoppeln sah, die von Schafen abgefressen wurden. Der Himmel hatte sich inzwischen teilweise aufgeklärt, eine milde, milchige Sonne wärmte die Luft, ohne den Dunst ganz aufzulösen, und der junge Mann, der mit einem Jagdhund auf den Fersen und einem noch nicht ganz ausgebildeten Steinfalken an der Leine einen Hügel heruntergeschlendert
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