Des Teufels Novize
Hundszunge bestrichen und noch einige andere kleine Schnitte und Risse eingesalbt. Ich glaube, er ist bald wieder auf den Beinen. Laßt ihn einen oder zwei Tage nur wenig, aber häufig essen, denn sonst wird er ernstlich krank. Er kommt weit aus dem Süden, aus Gretton. Er sagt, der Verwalter seines Herrn hätte seine Schwester gegen ihren Willen genommen, und er hätte versucht, sie zu rächen. Doch er ist kein guter Mörder«, sagte Cadfael trocken, »denn der Schänder kam mit einem Kratzer davon. Als Hufschmied mag er besser sein. Sein Herr war auf seinen Kopf aus, und er lief fort – wer könnte ihm einen Vorwurf machen?«
»Ein Lehnsmann?« fragte Hugh resigniert.
»Gewiß.«
»Und gesucht, wahrscheinlich rachsüchtig. Nun, sie werden vergeblich jagen, wenn sie ihn in der Burg von Shrewsbury jagen. Wir können ihn hier gut bewachen. Und Ihr glaubt, daß er die Wahrheit sagt?«
»Er ist zu weit gegangen, um zu lügen«, sagte Cadfael. »Ich glaube, er ist eine einfache Seele, die nichts als die Wahrheit kennt. Außerdem glaubt er an meine Tracht. Wir haben immer noch einen guten Ruf, Hugh, und Gott möge uns die Kraft geben, ihm gerecht zu werden.«
»Er sitzt im Gefängnis einer freien Stadt«, sagte Hugh befriedigt, »und es müßte schon ein kühner Herr sein, der versuchte, ihn der Obhut des Königs zu entreißen. Soll sich sein Herr am Glauben freuen, daß der Arme unter Mordanklage gefangen ist, wenn es ihm Spaß macht. Wir verbreiten derweilen, daß unser Mörder gefaßt ist, und warten ab, was kommt.«
Die Neuigkeit machte die Runde, wie es Neuigkeiten eben tun und wie Klatsch verbreitet wird: Die Städter prahlten vor dem Landvolk mit ihrem überlegenen Wissen; die zum Markt oder in die Klostersiedlung kamen, nahmen die Neuigkeit in die umliegenden Dörfer und Anwesen mit. Wie die Nachricht von Peter Clemence’ Verschwinden vom Wind verbreitet worden war und danach die Neuigkeit von der Entdeckung seiner Leiche im Wald, so verbreitete jede Brise die Neuigkeit, daß der Mörder bereits gefaßt sei und im Burgverlies saß; der Dolch des toten Mannes sei bei ihm gefunden worden, und er müßte mit einer Mordanklage rechnen. Es gab kein Geheimnis mehr, über das man in Schenken und an Straßenecken rätseln konnte, keine weiteren Sensationen zu erhoffen. Die Stadt gab sich mit dem zufrieden, was sie hatte, und machte das Beste daraus.
Entferntere, abgelegenere Güter mußten eine Woche oder länger warten, bis die Nachricht auch sie erreichte.
Das Wunder war, daß es drei volle Tage dauerte, bis sie St. Giles erreichte. Das Spital lag zwar isoliert und die Insassen durften aus Furcht vor Ansteckung nicht in die Nähe der Stadt kommen, doch gewöhnlich gelang es ihnen, in Windeseile alles zu erfahren, was an Klatsch auf den Straßen gehandelt wurde.
Diesmal aber funktionierte das System nur langsam. Bruder Cadfael hatte sich besorgt Gedanken gemacht, welche Wirkung die Neuigkeit wohl auf Meriet haben mochte; doch er konnte nichts tun außer warten. Es war nicht nötig, dem jungen Mann die Geschichte vorsätzlich zu Ohren zu bringen; sie sollte besser auf dem üblichen Weg zu ihm wie zu jedem anderen finden.
So erfuhr Meriet erst am dritten Tag, als zwei Laienbrüder aus der Bäckerei der Abtei wie gewöhnlich Brot ins Spital lieferten, von der Verhaftung des entlaufenen Schurken Harald.
Zufällig nahm Meriet selbst den großen Korb an und brachte das Brot ins Lager, wobei ihm die beiden Bäckergesellen halfen. Sie machten sein Schweigen durch eifrige Beredsamkeit wett.
»Ihr werdet es mit immer mehr schutzbedürftigen Bettlern zu tun bekommen, wenn dieses kalte Wetter anhält, Bruder.
Strenger Frost und wieder Ostwind, kein Wetter, um auf der Straße zu sein.«
Höflich, doch wortkarg, stimmte Meriet zu, daß der Winter den Armen schwer zu schaffen machte.
»Nicht, daß sie alle ehrlich sind und es verdienen«, sagte der andere achselzuckend. »Wer weiß schon, wen Ihr da manchmal aufnehmt? Schurken und Bösewichter könnten dabei sein, und wer will es ihnen ansehen?«
»In der vergangenen Woche könnte einer dagewesen sein, auf den Ihr gut hättet verzichten können«, sagte sein Kollege, »denn womöglich hätte er Euch die Kehle aufgeschnitten und alles mitgenommen, was zu stehlen war. Doch Ihr seid jedenfalls sicher vor ihm, denn er wartet im Burgverlies auf seinen Mordprozeß.«
»Und es war sogar ein Priester, den er umbrachte! Er wird gewiß mit dem eigenen Kopf dafür büßen, wenn
Weitere Kostenlose Bücher